Nach Attentat in Haiti: Senat wählt Übergangspräsidenten

Haitis Senat hat seinen bisherigen Präsidenten Joseph Lambert zum Übergangsnachfolger des ermordeten Staatspräsidenten Jovenel Moise gewählt. „Ich spreche den politischen Institutionen, die mich unterstützen, meine bescheidene Dankbarkeit aus“, schrieb Lambert gestern Abend (Ortszeit) auf Twitter. Er wolle den Weg für einen demokratischen Machtwechsel ebnen. Im September sind in Haiti Präsidenten- und Parlamentswahlen geplant.

Allerdings ist der Senat – das Oberhaus des haitianischen Parlaments – seit Jänner 2010 nicht mehr beschlussfähig. Es ist daher unklar, ob Lambert tatsächlich das Amt antreten kann. Weil eine für 2019 vorgesehene Parlamentswahl unter anderem wegen heftiger Proteste gegen Moise ausgefallen war, gibt es nur noch zehn von 30 Senatoren, deren Amtszeiten nicht abgelaufen sind. Im Unterhaus, der Abgeordnetenkammer, sitzt niemand mehr. Acht der zehn Senatoren stimmten Medienberichten zufolge für Bertrand, zwei enthielten sich.

Zuvor hatten sich mehrere politische Akteure in dem Karibikstaat, der sich die Insel Hispaniola mit der spanischsprachigen Dominikanischen Republik teilt, auf Lambert als Interimsstaatschef geeinigt. Das geht aus einem Schreiben hervor, das von Vertretern mehrerer Parteien und Bewegungen unterschrieben wurde – darunter auch der konservativen PHTK, der Moise angehörte. Es fehlten aber auch Unterschriften einiger wichtiger Kräfte.

Joseph sieht sich als Interimsstaatschef

Interimspremierminister und damit Regierungschef soll demnach der Neurochirurg Ariel Henry werden. Diesen hatte Moise noch am Montag für das Amt ernannt. Henrys für Mittwoch geplante Vereidigung war nach dem Attentat aber ausgefallen. Der Außenminister und bisherige Interimspremierminister Claude Joseph erklärte sich zum amtierenden Interimsregierungschef.

Als solcher hielt er in den vergangenen Tagen Ansprachen an die Nation, unterzeichnete Erlasse und führte Gespräche mit Vertretern ausländischer Regierungen. In einem Interview der haitianischen Zeitung „Le Nouvelliste“ sagte Henry, seiner Ansicht nach sei er Premierminister – nicht Joseph.

Moise war in der Nacht zum Mittwoch in seiner Residenz überfallen und erschossen worden. Seine Ehefrau Martine wurde dabei schwer verletzt. Sie wird in den USA behandelt. Nach Angaben der haitianischen Polizei führten 28 ausländische Söldner den Mord aus: 26 Kolumbianer und zwei US-Amerikaner haitianischer Herkunft. Bisher wurden demnach 20 Tatverdächtige festgenommen und drei getötet. Die Hintergründe der Tat waren unklar.

Haiti bat USA und UNO um Hilfe

Die USA haben die Anfrage der haitianischen Regierung auf militärische Unterstützung zum Schutz wichtiger Infrastrukturen wie Flughafen und Häfen, abgelehnt. Auch der UNO-Sicherheitsrat sei um Hilfe gebeten worden, sagte der Minister für Wahlen, Mathias Pierre.