Party in ein Club in Amsterdam
APA/AFP/ANP/Paul Bergen
Clubs in Niederlanden zu

Mehrere EU-Länder verschärfen CoV-Regeln

In Europa ist die als deutlich ansteckender eingestufte Delta-Varianten weiter auf dem Vormarsch. In einer Reihe von Ländern steigen die Infektionszahlen auch wieder merklich an. Die ersten Regierungen erließen bereits strengere Maßnahmen – auch aus Sorge um den Tourismus. Die EU-Kommission warnte zuletzt vor zu viel Alarmismus und sah die Urlaubssaison nicht in Gefahr. Zugleich wurde aber darauf gepocht, beim Impftempo nicht nachzulassen.

Tanzen und Feiern in Disco und Nachtclub ist in den Niederlanden erst einmal wieder Geschichte. Das Land schloss am Samstag die Nachtgastronomie, Restaurants dürfen nur noch bis Mitternacht offen halten. Gelten sollen die neuen Regeln zumindest ein Monat – nämlich vorerst bis zum 13. August. Regierungschef Mark Rutte begründete die erneuten Einschränkungen mit dem starken Anstieg der Infektionsfälle.

Die Zahl der Neuinfektionen in den Niederlanden war binnen sieben Tagen um das Siebenfache gestiegen. Vor dem Wochenende meldeten die Behörden 7.000 neue Fälle innerhalb von 24 Stunden. Vor zwei Wochen – am 26. Juni – hatten die die Niederlande fast alle CoV-Maßnahmen aufgehoben.

Strengere Maßnahmen in Urlaubsländern

Manche Urlaubsländer wie Griechenland oder Spanien kämpfen derzeit mit steigenden CoV-Zahlen. Vielerorts werden die Maßnahmen daher verschärft. Deutschland hat Spanien wieder als Risikogebiet eingestuft.

Wegen der steigenden Infektionszahlen unterbricht auch das niederländische Parlament seine gerade erst begonnene Sommerpause und kommt am Mittwoch zu einer Sondersitzung zusammen. Bisher führte die Zunahme der Infektionen zwar nicht zu mehr Patienten in Krankenhäusern. Die Regierung ist jedoch äußerst besorgt, dass das Land erneut den Status eines Risikogebiets bekommt und Urlaubsreisen nicht mehr bzw. nur mit hohen Auflagen möglich sind.

Spanien für Deutschland Risikogebiet

Zumindest von Deutschland wieder als Risikogebiet eingestuft wurde am Freitag ganz Spanien. Für Urlauberinnen und Urlauber, die aus Spanien nach Deutschland zurückkommen, heißt das primär, dass sie – so sie nicht vollständig geimpft oder genesen sind – einen negativen CoV-Test nachweisen müssen.

Für Spanien wandle sich die Pandemie gerade von einem Gesundheitsproblem zu einem Imageschaden, schrieb die Zeitung „La Vanguardia“ am Freitag. Nur wenige Menschen erkrankten ernsthaft, und noch weniger kämen durch CoV ums Leben, aber die hohen Infektionszahlen könnten Touristinnen und Touristen verschrecken. Während die Zahl der Infektionen unter jungen Leuten explosionsartig ansteigt, bleiben die Lage in den Krankenhäusern aber relativ entspannt und die Todeszahlen niedrig.

ORF-Korrespondent Josef Manola zur CoV-Lage in Spanien

ORF-Korrespondent Josef Manola spricht unter anderem darüber, welche Auswirkungen die Risikoeinstufung Spaniens durch Deutschland für die spanische Tourismusbranche hat.

Katalonien sperrt Nachtgastronomie

Katalonien – die momentan am stärksten vom Coronavirus betroffene Region Spaniens – erließ dennoch bereits wieder strengere Maßnahmen. Erst am 21. Juni waren die Beschränkungen für das Nachtleben gelockert worden. Seit Samstag sind die Nachtclubs nun wieder geschlossen. Veranstaltungen im Freien mit mehr als 500 Teilnehmenden darf nur besuchen, wer bereits vollständig geimpft ist oder einen negativen CoV-Test vorweisen kann.

Cruilla-Festival in Barcelona
AP/Joan Mateu
Beim Cruilla-Festoval in Barcelona galten Masken- und Testpflicht, aber kein Mindestabstand

„Wir können nicht so tun, als hätten wir das Virus besiegt“, sagte eine Sprecherin der Regionalregierung. Dennoch ging in den vergangenen Tagen in der katalanischen Hauptstadt Barceleno mit Cruilla ein Musikfestival mit rund 18.000 Zuschauerinnen und Zuschauern über die Bühne – wenn auch mit Test- und Maskenpflicht.

Sorge vor EM-Finale in London

Testpflicht wird auch beim Finale der Fußball-EM im Londoner Wembley-Stadion herrschen. Für die rund 65.000 Fußballfans, die zum Finalspiel zwischen England und Italien im Stadion erwartet werden, reichen allerdings Selbsttests aus. Die Stadionbesucher müssen das negative Ergebnis auch nur online eintragen. Überprüft wird es nicht. Kopfschmerzen bereiteten Kritikern auch die unzähligen Veranstaltungen außerhalb des Stadions – in einem Land, in dem trotz der starken Verbreitung der Delta-Variante fast alle Beschränkungen aufgehoben wurden.

Nach den vorläufigen Ergebnissen einer Studie des Imperial College London und des Marktforschungsunternehmens Ipsos Mori wurden in Großbritannien zuletzt erstmals mehr Männer positiv auf das Coronavirus getestet als Frauen. Laut den Autoren könnte das auch daran liegen, dass sich die vorwiegend männlichen Fußballfans zuhauf in Stadien, Fanzonen und Pubs versammelten, um die EM-Spiele mitzuverfolgen.

Ein besonders großes Public Viewing war auch für Italiens Huaptstadt Rom im Gespräch gewesen. Rund 16.000 Fans könnten im Olympiastadion gemeinsam das Finalspiel verfolgen, hatte Roms Bürgermeisterin Virginia Raggi vorgeschlagen. Laut Nachrichtenagentur ANSA verwarf das Ordnungs- und Sicherheitskomitee der italienischen Metropole den Vorschlag allerdings – mehr dazu in sport.ORF.at.

Malta macht Impfung zur Einreisevoraussetzung

Sorge vor steigenden Infektionszahlen steht auch hinter den schärferen Einreiseregeln, die ab Mittwoch für Malta gelten. Reisende müssen dann einen Impfnachweis vorzeigen, sagte Gesundheitsminister Chris Fearne am Freitagnachmittag auf einer Pressekonferenz. Kinder, die in Begleitung ihrer Eltern unterwegs seien, bräuchten einen negativen PCR-Test.

Die maltesische Regierung macht damit als eine der ersten in Europa eine Impfung gegen Covid-19 zur Voraussetzung, um in das Land zu kommen. Bislang mussten nur Urlauber aus Großbritannien nachweisen, dass sie durchgeimpft sind. Für EU-Bürger reichte ein negativer PCR-Test.

Bereits am Wochenende mussten sich auf Malta 130 Gäste in Quarantäne begeben. 50 von ihnen wurden positiv auf das Coronavirus getestet, die anderen Personen kamen mit den Infizierten in Verbindung und müssen sich daher der Quarantäne unterziehen, berichtete die italienische Botschaft auf Malta. Zu den Infizierten, die in einem Covid-19-Hotel der Insel untergebracht wurden, zählen mehrere minderjährige Schüler, die auf der Insel Sprachkurse besuchten. Unter ihnen befinden sich auch einige spanische und französische Jugendliche.

EU-Kommissar sieht keine Gefahr für Urlaub

Der für Wirtschaftsangelegenheiten zuständige italienische EU-Kommissar Paolo Gentiloni warnte unterdessen vor zu viel Alarmismus wegen der steigenden Infektionszahlen. „Wir müssen uns jetzt vor zu großer Aufregung hüten und Überreaktionen vermeiden“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag-Ausgaben). Dank der Impfungen führten höhere Zahlen nicht automatisch zu einer gefährlicheren Lage.

Trotz der besonders ansteckenden Delta-Variante sei eine „starke Urlaubssaison“ möglich. Der EU-Kommissar warnte vor einseitigen ungerechtfertigten Reisebeschränkungen durch einzelne Mitgliedsstaaten. „Ich hoffe sehr, dass alle EU-Länder ihre Maßnahmen so weit wie irgend möglich koordinieren“, sagte Gentiloni. „Einseitige Aktionen werden nur die Unsicherheit in Europa erhöhen.“

Brüssel: Impfstoff für 70 Prozent der Erwachsenen geliefert

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen teilte am Samstag mit, die EU habe dieses Wochenendes ausreichend Impfstoff an die EU-Staaten ausgeliefert, um noch im Juli „mindestens 70 Prozent der erwachsenen Bevölkerung“ einen vollständigen Impfschutz zu sichern. Bis Sonntag würden „rund 500 Millionen Dosen in alle Regionen Europas verteilt“ sein, sagte von der Leyen heute. In der EU leben rund 366 Millionen Menschen über 18 Jahre.

Die Lieferungen umfassen einem EU-Sprecher zufolge rund 330 Millionen Impfdosen der Anbieter Biontech und Pfizer, rund 100 Millionen von AstraZeneca, 50 Millionen von Moderna und 20 Millionen von Johnson & Johnson. Die Pandemie sei nicht besiegt. „Aber wir sind vorbereitet, weiter Impfstoffe zu liefern – auch gegen neue Varianten“, sagte von der Leyen. Sie appellierte an die Mitgliedsstaaten, alles dafür zu tun, dass die Impfungen vorankommen.

Lange Zeit war eine Impfquote von 70 Prozent als Schlüssel für die Herdenimmunität propagiert worden. Laut den jüngsten Einschätzungen dürfte diese Quote angesichts der höheren Infektiosität der Delta-Variante aber nicht mehr ausreichen. So erklärte der wissenschaftliche Beirat der französischen Regierung am Freitagabend, er halte sogar eine Impfquote von bis zu 95 Prozent für notwendig. Das Robert-Koch-Institut (RKI) in Deutschland hatte seinerseits erklärt, dass 85 Prozent der Zwölf- bis 59-Jährigen und sogar 90 Prozent der Menschen ab 60 Jahren geimpft sein sollten.