Der britische Unternehmer Richard Branson
Reuters/Virgin Galactic
Duell mit Bezos

Milliardär Branson ins Weltall geflogen

Der britische Unternehmer Richard Branson ist am Sonntagnachmittag (MESZ) mit seinem eigenen Raumschiff „VSS Unity“ in den Weltraum geflogen und wohlbehalten wieder auf der Erde gelandet. Er kam damit Amazon-Gründer Jeff Bezos neun Tage zuvor. Ziel der Milliardäre ist der Einstieg in das Geschäft mit dem Weltraumtourismus.

Gemeinsam mit zwei Piloten, zwei Astronautinnen und einem Astronauten hob Branson in der „VSS Unity“ im Schlepptau eines Trägerflugzeugs von dem kommerziellen Weltraumbahnhof Spaceport America im US-Staat New Mexico ab. Das Mutterflugzeug setzte das Raumschiff – wie geplant – in etwa 15 Kilometer Höhe ab. Danach beschleunigte das Raumschiff mit eigenem Antrieb auf mehr als die dreifache Schallgeschwindigkeit. Es erreichte eine Höhe von über 80 Kilometern.

Nach wenigen Minuten landeten Branson und seine Begleiterinnen und Begleiter mit dem Raumflugzeug wieder auf der Erde. Auch via Livestream war der Flug mitzuverfolgen. In der Zeit dazwischen erfuhren die Astronauten die Schwerelosigkeit – Branson gratulierte noch im Landeanflug seiner Firma und nannte die Erfahrung „wunderschön“. „Willkommen zum Anbruch eines neuen Weltraumzeitalters“, sagte der britische Milliardär im Anschluss bei einer Ansprache am Spaceport America.

„Traum von Weltraumreisen zur Realität machen“

Auf seinem Twitter-Account hatte der 70-Jährige dem Weltraumflug seit Tagen entgegengefiebert. „Ein großer Tag steht bevor. Toll, den Morgen mit einem Freund zu verbringen. Fühle mich gut, fühle mich aufgeregt, fühle mich bereit“, schrieb der Milliardär am Sonntag unter ein Foto mit Tesla-Chef Elon Musk, dessen Firma SpaceX im Rennen um touristische Reisen ins All ebenso mitmitscht. Musk kam am Sonntag auch als Gast zu der Abflugzeremonie.

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Der britische Milliardär Branson trat mit seinem Raumschiff den Weg ins Weltall an
Richard Branson und Crew an Board der „VSS Unity“
Reuters
Branson wurde von zwei Astronautinnen und einem Astronauten begleitet
Raumschiff „VSS Unity“
APA/AFP/Patrick T. Fallon
Das Trägerflugzeug war gegen 17.00 Uhr (MESZ) mit der „VSS Unity“ vom Raumfahrtbahnhof Spaceport im US-Bundesstaat New Mexico abgehoben
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„VSS Unity“ beschleunigte auf mehr als die dreifache Schallgeschwindigkeit – über 3.500 km/h
Raumschiff „VSS Unity“
Reuters/Joe Skipper
Nach mehr als einer Stunde war der Flug wieder vorbei und Branson setzte zur Landung an
Zuschauer beim Start des Raumschiffs „VSS Unity“
APA/AFP/Patrick T. Fallon
Menschenmassen auf dem kommerziellen Weltraumbahnhof Spaceport America im US-Staat New Mexico

Er wolle den „Traum von Weltraumreisen zur Realität machen. Für meine Enkel, für deine Enkel, für alle“, schrieb er zudem nur wenige Stunden vor dem Abflug unter eines von vielen Countdown-Videos, das Branson zeigt. Der steinreiche Abenteurer will mit seiner Firma kommerzielle Weltraumflüge anbieten. Das 18 Meter lange „VSS Unity“-Raumflugzeug bietet zwei Piloten und sechs Passagieren bzw. Passagierinnen Platz. Branson kündigte den Flug erst Anfang Juli offiziell an.

Milliardär Branson ins Weltall geflogen

Der britische Unternehmer Richard Branson ist mit seinem eigenen Raumschiff „VSS Unity“ in den Weltraum geflogen und wohlbehalten wieder auf der Erde gelandet.

Duell mit Bezos

Mit dem Flug kam er auch Amazon-Gründer Bezos zuvor: Immerhin hatte Blue Origin, die Raumfahrtfirma von Bezos, bereits im Mai einen bemannten Flug mit der Rakete „New Shepard“ für den 20. Juli angekündigt. Laut Branson hätten sich Bezos und er allerdings bereits gegenseitig Glückwünsche ausgerichtet. Bezos will unter anderen seinen Bruder und die 82-jährige ehemalige US-Pilotin Wally Funk auf den Jungfernflug in den Weltraum mitnehmen.

Funk wird damit als ältester Mensch der Geschichte in den Weltraum reisen. Sie hatte schon als junge Frau ins All fliegen wollen: In den 1960er Jahren nahm sie an dem privat finanzierten Programm „Women in Space“ (Frauen im Weltraum) teil, bei dem Pilotinnen auf ihre Tauglichkeit als Astronautinnen getestet wurden. Die später als „Mercury 13“ bekannt gewordenen Frauen durchliefen die gleichen Tests wie die Astronauten der NASA-Mission „Mercury“, flogen aber nie ins All.

Chefpilot Dave Mackay, Colin Bennett,  Beth Moses, Virgin-Galactic-Gründer Richard Branson,   Sirisha Bandla und Pilot Michael Masucci.
Virgin Galactic
Branson (4. v. l.) und seine Weltraumbegleitung

Branson-Raumschiff absolvierte Testflug

Funk war die jüngste Absolventin des Programms. Später wurde sie als erste Frau Inspekteurin der US-Luftaufsichtsbehörde (FAA) und erste weibliche Ermittlerin der Unfallermittlungsbehörde NTSB. Nun wird Funk gemeinsam mit Bezos, dessen Bruder Mark und einem vierten Passagier, der bei einer Onlineauktion 28 Millionen Dollar (23 Mio. Euro) gezahlt hatte, am 20. Juli ins All fliegen.

Doch auch Bransons Vorbereitungen gingen seit Längerem. Im Mai hatte das Raumflugzeug „VSS Unity“ von Virgin Galactic einen bemannten Weltraumtestflug mit zwei Piloten absolviert. Den Traum vom eigenen Raumschiff äußerte er allerdings bereits erstmals im Jahr 2004. Einen herben Rückschlag erlebte das Vorhaben 2014: Damals kam bei einem Absturz ein Pilot ums Leben.

VSS Unity von Virgin Galactic beim Testflug zwischen zwei Trägerflugzeugen
AP/Matt Hartman
Die „VSS Unity“ von Virgin Galactic beim Testflug, noch am Trägerflugzeug verankert

Wo beginnt der Weltraum?

Im Duell der Milliardäre spielt die Frage, wo denn der Weltraum beginnt, keine unwesentliche Rolle. Der Internationale Luftfahrtverband (FAI) und viele andere Experten sehen zwar 100 Kilometer über der Erde als Grenze zum Weltraum an – die Marke wird auch als Karman-Linie bezeichnet. Es gibt jedoch keine verbindliche internationale Regel. So haben auch Soldaten der US Air Force die Bezeichnung Astronaut erhalten, obwohl sie nur in eine Höhe von 50 Meilen (80,5 Kilometer) geflogen waren. Zum Vergleich: Die Internationale Raumstation (ISS) fliegt 400 Kilometer über der Erdoberfläche.

Bezos’ Blue Origin nützte in einem Tweet vom Freitag auch die Gelegenheit, das Vorhaben des Briten Branson durch den Kakao zu ziehen: „Von Anfang an wurde ‚New Shepard‘ so designt, dass sie über der Karman-Linie fliegt, sodass keiner unserer Astronauten ein Sternchen neben seinem Namen stehen hat.“ Oder vereinfacht gesagt: Wer sich nicht 100 Kilometer über dem Meeresspiegel befindet, der war – so Blue Origion – nicht wirklich im All.

Wettrennen um das große Geschäft

Bransons „VSS Unity“-Raumflugzeug soll Touristen und Touristinnen jedenfalls ab 2022 in den Weltraum bringen. 600 Personen hätten sich bereits für einen Flug angemeldet – Kostenpunkt 250.000 US-Dollar (rund 210.500 Euro). Nach dem Flug am 11. Juli wolle er eine „sehr aufregende“ Ankündigung machen, sagte Branson Anfang Juli. Mehr Menschen sollten die Chance haben, Astronauten zu werden.

Jeff Bezos neben der Blue-Origin-Rakete 2017
Reuters/Isaiah Downing
Amazon-Gründer Bezos vor seiner Rakete „New Shepard“

Bezos, der ebenfalls den Weltraumtourismus ausbauen will, hatte Blue Origin vor rund 20 Jahren gegründet. Mitte April testete die Firma „New Shepard“ mit Astronautenkapsel zuletzt. Dabei erreichte sie eine Höhe von rund 105 Kilometern, bevor sie zur Erde zurückkehrte. Der eigentliche Testflug blieb aber unbemannt – mit Menschen an Bord ist die „New Shepard“ noch nie geflogen. Musks Firma SpaceX will bis Ende des Jahres einen ersten Flug mit Weltraumtouristen starten. Bisher flogen mit SpaceX bereits Astronauten zur ISS.

Branchenexperten der Schweizer Großbank UBS rechnen damit, dass sich bis Ende des Jahrzehnts ein Markt von jährlich drei Milliarden Dollar entwickelt.