Der Bleder See in Slowenien
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Abfuhr für Jansa

Slowenen stimmen gegen Wassergesetz

Die slowenische Bevölkerung hat sich am Sonntag gegen eine Novelle des Wassergesetzes ausgesprochen. Knapp 86 Prozent stimmten bei einem Referendum, das mit mehreren Hürden konfrontiert war, gegen das Vorhaben der Regierung unter Ministerpräsident Janez Jansa. Das Ergebnis wird auch als Reaktion auf die Politik Jansas gewertet.

Seit dem Amtsantritt von Ministerpräsident Jansa im März 2020, als er sich nach dem Sturz der Vorgängerregierung an die Macht hievte, protestierten Tausende Slowenen und Sloweninnen wöchentlich gegen seinen Regierungskurs. Mit der Volksabstimmung bot sich den Kritikerinnen und Kritikern die Gelegenheit, der Regierung eine Botschaft zu schicken – und diese Botschaft fiel überaus deutlich aus.

86 Prozent (650.000) stimmten gegen die Gesetzesnovelle, die laut Kritikern und Kritikerinnen die Verbauung und Privatisierung der Küste sowie der See- und Flussufer liberalisiert. Da das Ablehnungsquorum von 20 Prozent aller Wählberechtigten (340.000 Stimmen) erreicht wurde, tritt das Gesetz nun nicht in Kraft. Umweltminister Andrej Vizjak sagte zu RTV Slovenjia, dass das Referendum über das Gesetz „politisch missbraucht“ wurde.

Im vorläufigen Ergebnis sind jene Stimmen, die vorzeitig abgegeben wurden (etwa Briefwahl) nicht enthalten. Das waren knapp fünf Prozent der Wahlberechtigten, also 84.000 Personen. Insgesamt lag die Beteiligung bei rund 45 Prozent, was im Vergleich zu vorangegangenen Wahlen hoch ist. Das letzte Referendum, das so viel Aufmerksamkeit hervorgerufen hat, war das Votum über die gleichgeschlechtliche Ehe im Jahr 2015. Damals lag die Beteiligung bei 36,4 Prozent.

Regierung begründete Gesetz mit Schutz vor Verbauung

Das Wassergesetz war im März vom Parlament verabschiedet worden. Stein des Anstoßes sind die neuen Regeln für den Bau an der Küste sowie an See- und Flussufern. Laut Kritikerinnen und Kritikern hätte das neue Gesetz die Errichtung von öffentlichen Anlagen und Freizeitanlagen in Wassernähe liberalisiert. Das hätte, so die Kritik, negative Auswirkungen auf das Grundwasser haben können. Außerdem gab es Bedenken, dass der freie Zugang zu den Ufern behindert werden könnte.

Wahllokal in Brezice, Slowenien
AP
Die Beteiligung am Referendum war groß

Die Regierungsseite wies die Vorwürfe stets zurück und behauptete, dass das neue Gesetz den Schutz der Gewässer und ihrer Ufer sogar stärke. Mit dem Vorhaben wollte man die Regeln für die Verbauung verschärfen, hieß es. Als Argument für die Veränderungen gab die Regierung zusätzliche Budgetmittel für die Instandhaltung von Wasserläufen an, was den Hochwasserschutz verbessern werde.

Beobachter werteten den Ausgang des Referendums nun als Ohrfeige für die Regierung des zunehmend autoritär auftretenden Jansa. Der rechtsnationale Regierungschef greift kritische Medien und die unabhängige Justiz an. Slowenien hat seit dem 1. Juli den Vorsitz in der EU. Bei der feierlichen Übernahme der Ratspräsidentschaft hatte sich Jansa teilweise feindselig gegenüber den nach Ljubljana gereisten Mitgliedern der EU-Kommission verhalten.

Abstimmung nach hinten verschoben

Das Referendum wurde von Nichtregierungsorganisationen, die sich zu einer „Bewegung für das Trinkwasser“ zusammengeschlossen haben, erzwungen. Ihren Bestrebungen, die Novelle zu kippen, schlossen sich auch die Opposition und zahlreiche Fachleute an. In den Tagen vor dem Referendum ist das Interesse deutlich gestiegen. Fast 84.200 Personen gaben zwischen Dienstag und Donnerstag ihre Stimme vorzeitig ab. Ein Grund für die rege Beteiligung dürfte laut Beobachtern und Beobachterinnen die Politik der Regierung sein.

Ursprünglich hätte das Referendum am 4. Juli stattfinden sollen. Doch die Regierungskoalition hatte den Termin nach hinten verschoben – zum Missfallen der Opposition. Die Regierungsparteien begründeten die Verschiebung damit, dass die jüngsten Änderungen des Wahlgesetzes versehentlich einige Ortschaften ausgelassen hatten. Man wolle den Fehler noch korrigieren, hieß es. Die Opposition sah darin lediglich ein Manöver, um den Termin tiefer in die Urlaubszeit zu verschieben.

Der slowenische Ministerpräsident Janez Jansa
APA/AFP/Jure Macovek
Regierungschef Jansa wird mit Kritik konfrontiert, teilt aber auch gerne aus

Dazu gab es im Vorfeld der Abstimmung Berichte über Probleme bei der Briefwahl. Im Ausland lebende Slowenen und Sloweninnen beschwerten sich, die Unterlagen zu spät oder noch gar nicht erhalten zu haben. Auch Bewohner und Bewohnerinnen von Altersheimen konnten diesmal nicht per Briefwahl abstimmen.

Weil das zuständige Ministerium die Einrichtungen nur Stunden vor der Anmeldungsfrist darüber informierte, war die Umsetzung unmöglich. Das Ministerium entschuldigte sich für den „unabsichtlichen Fehler“. Taxifahrer und -fahrerinnen erklärten sich bereit, die Wahlberechtigten kostenlos ins Wahllokal zu fahren.

Wähler suchten Wahllokal

Probleme gab es auch bei der frühzeitigen Stimmabgabe. Mancherorts, darunter in den beiden größten Städten Ljubljana und Maribor, wurden die Wahllokale offenbar abseits ihrer üblichen Standorte errichtet, was zusammen mit mangelnder Information die Wähler und Wählerinnen verwirrt haben soll. „In Maribor verbrachten die Wähler viel Zeit und Energie damit, ihr Wahllokal für die vorzeitige Stimmabgabe zu finden“, schrieb etwa die linksgerichtete Wochenzeitung „Mladina“.

Ein Wasserskier auf einem Fluss in Slowenien
Reuters/Daniel Deak Bardos/Starelation
Die slowenische Bevölkerung ist so stolz auf ihr Wasser wie Österreich auf seines

In der Hauptstadt Ljubljana gab es erstmals nur einen zentralen Standort für frühzeitige Stimmabgaben. Die Behörden begründeten das mit einer Reorganisierung der Verwaltung. Doch das führte dazu, dass sich eine lange Menschenschlange vor einem einzigen Wahllokal bildete – während der Hitzewelle der vergangenen Woche.

Ein technischer Fehler auf der Website der öffentlichen Verwaltung behinderte auch die Anmeldung für die Stimmabgabe außerhalb des Wohnsitzes. Die Wochenzeitung „Mladina“ kommentierte die Vorfälle folgendermaßen: „Es gibt zu viele Zufälle, um zu glauben, dass das keine absichtliche Behinderung der Wählerschaft ist.“