Ein junger Mann wird in einer Praxis von einer Ärztin geimpft
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Impfaufruf und Eigenverantwortung

CoV-Strategie für Sommer im Fokus

Die CoV-Delta-Variante breitet sich in Österreich zunehmend aus. Gleichzeitig wächst die Zahl der Geimpften. Politik und Wissenschaft suchen zwischen diesen beiden Polen nach der bestmöglichen Strategie für den Sommer. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) rief erneut zur Impfung auf und betonte die Eigenverantwortung der Menschen. Gewisse „Rahmenbedingungen“ des Staates werde es aber weiterhin brauchen, sagen Fachleute.

„Das Virus wird nicht verschwinden, es wird bleiben. Es wird uns noch Jahre beschäftigen“, sagte Kurz, der sich derzeit auf einer USA-Reise befindet, Sonntagabend vor österreichischen Journalistinnen und Journalisten in New York. „Für jeden, der geimpft ist, ist die Pandemie vorbei. Für jeden, der nicht geimpft ist, ist das Virus ein massives Problem“, warnte der Kanzler.

Ein Anstieg der Ansteckungszahlen wie jüngst in Südeuropa und den Niederlanden „wird auch bei uns stattfinden“, sagte er. Im Vergleich zu den früheren Wellen gebe es nun aber die Impfung als „Gamechanger“, sagte Kurz, der nach eigenen Angaben vor wenigen Tagen seine zweite AstraZeneca-Dosis erhielt.

Niederschwelliges Impfangebot

Gemeinsam mit den Bundesländern versuche man, ein möglichst niederschwelliges Angebot zu schaffen, um etwa auch Personen zu erreichen, die sich ohne Anmeldung impfen lassen wollen. Auch Kooperationen mit Vereinen wie der Freiwilligen Feuerwehr seien geplant.

An finanzielle Anreize für Impfungen denkt Kurz offenbar nicht. „Wir haben bisher darauf gesetzt, die zu impfen, die das wollen“, beantwortete der Kanzler eine entsprechende Frage der APA. Wenn die Ansteckungszahlen wieder steigen, gehe er davon aus, dass das Impfangebot auch von jenen Menschen angenommen werde, die bisher die Hoffnung hatten, dass das Virus „verschwindet“.

„Krise redimensioniert sich“

Am Wochenende hatte Kurz die Eigenverantwortung der Menschen im Umgang mit der Pandemie betont. „Die Krise redimensioniert sich. Sie wandelt sich von einer akuten gesamtgesellschaftlichen Herausforderung zu einem individuellen medizinischen Problem“, sagte der Kanzler in einem Interview mit den Bundesländerzeitungen.

Kurz setzt bei CoV nun auf Eigenverantwortung

Bundeskanzler Kurz (ÖVP) erklärt in Zeitungsinterviews das Coronavirus zu einem medizinischen Problem des Einzelnen und nicht mehr der Gesellschaft. Eigenverantwortung sei nun gefragt.

„Der Staat hat die letzten eineinhalb Jahre massiv in das Leben jedes Einzelnen eingegriffen, der muss sich jetzt wieder auf seine Kernaufgaben zurückziehen“, sagte Kurz weiter. In speziellen Bereichen wie Schulen und Gesundheitseinrichtungen werde man das Prinzip der Eigenverantwortung weiterhin an spezielle Sicherheitsstandards koppeln, erklärte der Kanzler unter anderem gegenüber der „Kleinen Zeitung“.

Hutter für „gewisse Rahmenbedingungen“

Der Umweltmediziner Hans-Peter Hutter von der MedUni Wien befürwortete im Ö1-Mittagsjournal die durchgeführten Lockerungen, sprach sich aber für „gewisse Rahmenbedingungen“ seitens der Regierung aus. „Wir wissen aus Untersuchungen, dass nicht alleine die Sinnhaftigkeit der Maßnahmen eine Rolle spielt, sondern tatsächlich, ob es auch eine entsprechende Verordnung gibt“, so Hutter. Daher brauche es „einfache, flankierende Maßnahmen, die auch verordnet werden“.

Als Beispiele nannte Hutter die „3-G"-Regel, die Beibehaltung der Maskenpflicht und Kapazitätsgrenzen in Innenräumen. Was die Schulen betrifft, werde wohl das Testen den Grundpfeiler für die CoV-Strategie bilden, zeigte sich Hutter überzeugt. Verbesserungsbedarf sieht der Mediziner beim „Lüftungsregime“. Zudem werde man sich einen Umgang mit Kapazitätsgrenzen überlegen müssen.

Kurz betonte bei seinem New-York-Besuch, dass es von der türkis-grünen Regierung „ein klares Commitment zum Präsenzunterricht“ im Herbst gebe. ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann habe diesbezüglich schon „ein gutes Konzept ausgearbeitet, das im Detail im August präsentiert wird“. Der Kanzler ließ durchblicken, dass dieses Konzept auf Testungen beruhen könnte, berichtete die APA.

Kurz: „Virus macht vor Grenzen keinen Halt“

Kurz trat auch Kritik entgegen, wonach die Öffnungsschritte zu weit gehen. „Wir haben ein stärkeres Sicherheitsnetz als andere Länder“, sagte er mit Blick auf die hohe Testintensität und die „3-G“-Regel. Außerdem habe jeder Mensch die Möglichkeit, über die geltenden Vorschriften hinaus zu gehen und sich zu schützen. „Ich bin doppelt geimpft und lasse mich trotzdem testen“, sagte der Kanzler.

Skeptisch äußerte sich Kurz auch zur Frage nach möglichen neuen Grenzschließungen. „Das Virus macht vor Grenzen keinen Halt“, sagte er. Zwar seien „gewisse Grenzmaßnahmen“ sinnvoll gewesen, „aber aufhalten konnte das Virus niemand“, sagte er unter Verweis darauf, dass sich etwa die Delta-Variante trotz Einreisebeschränkungen über Europa ausgebreitet habe. Zugleich plädierte Kurz für einen „klaren Blick auf das Wesentliche“ in der Pandemie. „Wir wollten immer eine Überforderung der Spitäler verhindern, und das muss weiter das Ziel sein“, sagte er.