Sitzplatz der Auskunftspersonen im Ausschusslokal im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
ORF.at/Carina Kainz
Finale in „Ibiza“-U-Ausschuss

Alle Auskunftspersonen sagen ab

Am Donnerstag wäre der letzte Befragungstag im „Ibiza“-U-Ausschuss gewesen. Ob dieser stattfindet, ist nun offen. Denn alle fünf geladenen Auskunftspersonen, darunter Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, sagten ab. Das gab der SPÖ-Fraktionsführer im Ausschuss, Kai Jan Krainer, am Dienstag bekannt. SPÖ und FPÖ kündigten zudem einen Antrag auf eine Sondersitzung des Nationalrats an.

Von ursprünglich fünf geladenen Auskunftspersonen waren nur noch zwei übrig geblieben – Strache und eine Beamtin im Justizministerium. Beide haben sich nun entschuldigt, Strache mit Verweis auf eine Erkrankung. Schon zuvor hatten Investor Siegfried Wolf, C-Quadrat-CEO Alexander Schütz und der inzwischen zurückgetretenen Chef der Österreichischen Beteiligungsgesellschaft AG (ÖBAG), Thomas Schmid, abgesagt.

Strache hätte schon am 1. Juli befragt werden sollen. Er war aber wegen eines Brandes auf einer Jacht in Kroatien, wo er urlaubte, verhindert. Eigentlich hätte es um potenzielle Käuflichkeit der türkis-blauen Regierung und andere Fälle gehen sollen, die die Aussagen Straches im „Ibiza-Video“ hervorgerufen hatten. Eine Verlängerung des U-Ausschusses war mangels Zustimmung von ÖVP und Grünen nicht möglich.

Heinz-Christian Strache bei seiner Erstbefragung im Ibiza-Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz
Ein Brand auf einer Jacht bei seinem Kroatien-Urlaub und eine Krankheit verhinderten Straches Aussage

Opposition will weitere Zeugen laden

Ob nun am Donnerstag Zeugen befragt werden, ist noch offen. Man werde versuchen, weitere Personen zu laden, allerdings sei gar nicht sicher, ob die Ladung rechtzeitig zugestellt werden könne, sagte Krainer am Dienstag. Auf jeden Fall wollen sich die Abgeordneten mit den frisch eingetroffenen Unterlagen beschäftigen.

Ab Donnerstag haben die Fraktionen vier Wochen Zeit, ihre Abschlussberichte zu verfassen. Diese gehen dann ans Plenum des Nationalrats. Der Verfahrensrichter hat für seinen Bericht zwei Wochen nach dem letzten Sitzungstag Zeit. Am 22. September soll alles geschreddert werden.

Hunderte noch nicht bekannte E-Mails

Die nach einer Exekution an den U-Ausschuss gelieferten Akten aus dem Finanzministerium hätten der SPÖ viel Neues eröffnet, so Krainer: Es gebe Hunderte bisher noch nicht bekannte E-Mails, Kalendereinträge und Konzepte, die Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) dem Ausschuss vorenthalten habe.

Die nun gelieferten Akten würden zum Teil Verdachtslagen erhärten, etwa was Privatisierungspläne unter Türkis-Blau betreffe. Mehr Klarheit gebe es auch über die Rolle von Ex-ÖBAG-Chef Schmid. Details fanden die Abgeordneten des U-Ausschusses auch zur mutmaßlichen Unterstützung der ÖVP für den Glücksspielkonzern Novomatic. Aufgrund dieser neuen Erkenntnisse müssten Berichte seiner Fraktion zum U-Ausschuss völlig umgeschrieben werden.

„Ibiza“-U-Ausschuss endet mit Absagen

Alle Auskunftspersonen haben für den letzten Befragungstag am Donnerstag abgesagt. Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache hat sich krankgemeldet, und auch einige andere Abgeordnete müssen dem Ausschuss fernbleiben, da sie positive CoV-Tests hatten.

Neue Sachverhaltsdarstellungen angekündigt

Zudem kündigte Krainer neue Sachverhaltsdarstellungen wegen falscher Zeugenaussagen an. Einige Akten würden im Widerspruch etwa zu Aussagen des Kabinettschefs von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Bernhard Bonelli, stehen. Dieser sei, was den Unterlagen zu entnehmen sei, die „Schaltzentrale für Privatisierungsfantasien“ gewesen.

Mit Blick auf Blümel erneuerte Krainer seine Rücktrittsaufforderungen. Dieser habe es vier Monate nicht geschafft, die Akten zu liefern. Das von Bundespräsident Alexander van der Bellen beauftragte Straflandesgericht Wien hab das in zwei Wochen geschafft. Krainer vermutet hinter der späten Aktenlieferung Taktik.

Sondersitzung geplant

SPÖ und FPÖ wollen einen gemeinsamen Antrag auf eine Sondersitzung des Nationalrats in der sitzungsfreien Zeit einbringen. Thematisiert werden soll der Versuch Blümels, „dem Untersuchungsausschuss in Missachtung des VfGH-Beschlusses wesentliche Akten und Unterlagen vorzuenthalten“. Stattfinden soll die Sondersitzung des Plenums am Montag.

Die Freiheitlichen schlossen sich den Rücktrittsaufforderungen Krainers an. Zudem könnten die nun gelieferten Akten in wenigen Tagen kaum aufgearbeitet und keine Auskunftspersonen dazu befragt werden, kritisierte FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker.

Hanger dementiert neue Erkenntnisse

ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger warf bei seiner Pressekonferenz Krainer erneut vor, „konsequent“ die Unwahrheit zu sagen – vor allem in Zusammenhang mit einzelnen Aktenlieferungen. Aus seiner Sicht gebe es keine neuen Erkenntnisse. Zudem lägen E-Mails und andere Korrespondenzen durch die neue Lieferung zum wiederholten Mal vor. Als „lächerlich“ bezeichnete Hanger Krainers Rücktrittsaufforderungen an Blümel. Dieser sei selbst rücktrittsreif.

Auch inhaltliche Schlüsse, die die SPÖ aus den neuen Aktenlieferungen schloss, wies Hanger zurück. Er stellte sich auch hinter Bonelli. Dieser habe im Ausschuss genau das gesagt, was aus den Korrespondenzen ersichtlich wurde. Erneut plädierte Hanger für eine Reform der Verfahrensordnung.