Alter Minenschacht
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Hohe Rohstoffpreise

„Zombieminen“ sollen wiederbelebt werden

Angesichts der hohen Rohstoffpreise sollen bereits stillgelegte Minen, „Zombieminen“ genannt, von Europa über Australien bis nach Südafrika wiederbelebt werden. Auch dank neuer Technologien hoffen die Bergbaukonzerne auf Gewinne in den alten Stollen.

Die „Zombieminen“ wurden aus den unterschiedlichsten Gründen geschlossen – von Preisverfall über Konkurs bis zu politisch bedingten Sperrung reicht die Palette, wie der Finanzdienst Bloomberg schreibt. Die laufende Erholung der durch die CoV-Pandemie angeschlagenen Weltwirtschaft mit den USA und dem rohstoffhungrigen China an vorderster Front schlägt sich infolge der erhöhten Nachfrage auch auf die Preise nieder.

Teils stünden die Bergbaufirmen auch durch notwendige Investitionen in ihre Infrastruktur, etwa durch die Umstellung auf saubere Energie, unter Zugzwang, wie Bloomberg weiter schreibt. Die Wiedereröffnung alter Minen scheint da gerade recht. So soll etwa die Silbermine Vares in Bosnien-Herzegowina wieder geöffnet werden. Die Mine war in den 1990er Jahren im Zuge des Bürgerkriegs durch den Zerfall Jugoslawiens geschlossen worden, wie Bloomberg schreibt.

Minenarbeiter in einer Mine
AP/CTK/Lubos Pavlicek
Ein Blick in das Innere einer modernen Mine

Investorenanfragen an Platinmine

Die Mine im Besitz von Adriatic Metals mit Sitz in London könnte bereits Ende 2022 wieder in Betrieb gehen, wie der Chef von Adriatic Metals, Paul Cronin, zu Bloomberg sagte. So habe das Vares-Projekt Zufahrtsstraßen und einen Bahnanschluss, auch die Stromleitungen funktionierten noch. Der Preis für Silber stieg im letzten Jahr um rund 40 Prozent. Das Edelmetall ist derzeit stark gefragt, es wird etwa für Solarpanele und Akkus für Elektroautos verwendet. Adriatic Metals ist auch an einem Zinkprojekt in Serbien beteiligt.

In Südafrika gibt es ebenfalls Erwägungen, Minen wieder zu reaktivieren: Der nach dem Wert größte Platinpoduzent Anglo American Platinum Ltd. wurde bereits von mindestens vier Investorengruppen auf den Verkauf der Bokoni-Mine in Südafrika angesprochen, wie Bloomberg schreibt. Platin ist sehr selten und wird jährlich in nur geringen Mengen gewonnen. Es wird etwa in der Produktion von Fahrzeugkatalysatoren eingesetzt.

Auch Australien rüstet sich

Auch in einem der größten Bergbauländer der Welt, in Australien, will man alte Minen wieder öffnen. So schlossen die beiden Rohstoffriesen Panoramic Resources und Mincor Resources 2016 ihre Nickelminen wegen zu niedriger Weltmarktpreise. Die Minen wurden allerdings in der Zwischenzeit nicht dem Verfall preisgegeben, sondern gepflegt und gewartet, wie Bloomberg schreibt. Eine rasches Aufsperren sollte unter diesen Bedingungen kein Problem sein. Auch die Honeymoon-Uranmine – sie wurde wegen des ebenfalls gesunkenen Uranpreises 2014 geschlossen – könnte innerhalb von zwölf Monaten wieder aufsperren, wie das Unternehmen Boss Energy mit Verweis auf eine auf unterschiedlichen Weltmarktpreisen basierende Machbarkeitsstudie mitteilte.

Uranmine in Niger
AP/CTK/Lubos Pavlicek
Eine offene Uranmine in Niger

Im Vergleich kostensparend

Die Vorteile seien auch bei seit Jahrzehnten stillgelegten Bergbaustätten nicht von der Hand zu weisen, so Cronin weiter. So gebe es oft noch eine fertige und funktionierende Infrastruktur. Diese gelte es nur zu erneuern, und das sei im Vergleich zum Aufbau neuer Infrastruktur kostensparend. Auch neue Technologie könne dabei helfen, dass die geschlossenen Stollen wieder Gewinn abwürfen, so Cronin zu Bloomberg weiter, ohne genauer auf die neuen Techniken einzugehen.

Das Anziehen der Preise habe die Betreiber dazu veranlasst, ihre alten Minen nochmals nach möglichen wirtschaftlichen Aussichten zu durchforsten, so auch Gavin Wendt, Gründer des Bergbauberatungsunternehmens MineLife. Bisher seien hauptsächlich kleinere Minen wieder aufgesperrt worden, so Wendt, da sei es aber unwahrscheinlich, dass das Auswirkungen auf die Märkte – sprich auf die Preise – habe. Das Risiko, eine kleine Mine wieder zu öffnen, sei auch viel geringer, als eine große wieder zu eröffnen.

Wie lange bleiben die Preise hoch?

Bei den geschlossenen Minen seien viele am oberen Rand der Kosten gewesen, deshalb seien sie auch geschlossen worden, so Wendt. Das zeige auch die Anfälligkeit für die schwankenden Preise. Wenn die Infrastruktur noch in Takt sei, sei das Wiederaufsperren eine Strategie mit einem relativ geringen Risiko – im Vergleich zur Erschließung neuer Ressourcen, so Wendt.

Fraglich ist allerdings, wie lange sich das hohe Niveau bei den nun sehr nachgefragten Metallen hält. So stemmt sich die chinesische Regierung gegen eine drohende stärkere Inflation im Sog des Rohstoffpreisbooms der vergangenen Monate und hat im Juni Verkäufe staatlicher Kupfer-, Zink- und Aluminiumbestände an Metallproduzenten angekündigt.

Adriatic-Metals-Chef Cronin sieht indes offenbar auch einen Umweltschutzfaktor. Einige der alten Bergbaustätten weltweit seien einfach verlassen worden und daher ein großes Problem. „Sie schaffen potenzielle Umweltprobleme, die gelöst werden müssen“, so Cronin. Wenn man es hinbekomme, die „Zombieminen“ in etwas zu verwandeln, das die Umweltproblme löse und damit auch einen neuen Wert schaffe, würden auch die Aktionäre und Aktionärinnen mitziehen, wenn das Vorgehen auch Gewinn abwerfe, so Cronin.