Ein Mann in Soweto (Südafrika) mit Waffe im Anschlag
AP/Themba Hadebe
Südafrika

Unruhen weiten sich aus

Die tagelangen gewaltsamen Ausschreitungen in Südafrika nach dem Haftantritt von Ex-Präsident Jacob Zuma haben sich ausgeweitet. Am Mittwoch griffen sie auf die Provinzen Mpumalanga und Nordkap über. Die Bevölkerung mehrerer Townships bildete mittlerweile eigene Truppen, um Plünderer zu vertreiben.

Bisher hatten sich die Unruhen, bei denen mittlerweile mehr als 70 Menschen ums Leben kamen, vor allem auf Zumas Heimatprovinz KwaZulu-Natal und das Finanz- und Wirtschaftszentrum Johannesburg sowie die umliegende Provinz Gauteng konzentriert. Aus Townships um Städte wie Kapstadt, Mahikeng und East London kamen Berichte über zivile Anrainergruppen, die ihre Infrastruktur gegen Plünderer zu schützen versuchten.

Bürgerwehren in KwaZulu-Natal und Gauteng versuchten, ein Überschwappen der Gewalt auf die Wohnviertel zu verhindern. Dort wurden ganze Gewerbegebiete geplündert und in Brand gesteckt. Neben Baumärkten, Imbissen, Elektrogeschäften und Supermärkten wurden auch Kliniken und Impfzentren attackiert, was zu einer Unterbrechung der Covid-19-Impfungen führte. Zudem drohen Versorgungsengpässe.

Brennendes Einkaufszentrum in Pietermaritzburg (Südafrika)
Reuters/Sibonelo Zungu
Ein brennendes Einkaufszentrum in Pietermaritzburg, der Hauptstadt der Provinz KwaZulu-Natal

Militär unterstützt Polizei

Trotz der Maßnahmen der Bevölkerung wurden erneut in mehreren Städten Geschäfte, Einkaufszentren, Büros und Lagerhäuser geplündert und teils in Brand gesteckt, etwa in der Johannesburger Vorstadtsiedlung Soweto und der Hafenstadt Durban, wie TV-Bilder zeigten. Soldaten wurden auf die Straßen entsandt, um die zahlenmäßig unterlegene Polizei zu unterstützen.

Das mittlerweile zur Unterstützung der Polizei mobilisierte Militär wurde laut Regierungsangaben vor allem an strategischen Punkten um Krankenhäuser und Flughäfen, aber auch im Township Alexandra bei Johannesburg stationiert.

Angriffe auf somalische Geschäfte

Während der Unruhen wurden auch mindestens vier Ausländer aus Somalia getötet und weitere verletzt. Wie das somalische Außenministerium am Dienstag zudem bestätigte, wurden auch zahlreiche somalische Geschäfte in der Provinz KwaZulu-Natal geplündert. Somalische Händler waren in der Vergangenheit bei Übergriffen in Südafrika wiederholt Ziel von Attacken.

Das somalische Außenamt appellierte daher an Südafrikas Regierung, somalische Staatsbürger vor brutalen Übergriffen zu schützen. Auch die Afrikanische Union (AU) rief angesichts der Gewalt dringend zu einer Wiederherstellung der Ordnung auf.

Plünderer tragen Gegenstände aus einem Geschäft in Vosloorus (Südafrika)
APA/AFP/Marco Longari
Plündernde Menschen schaffen gestohlene Gegenstände weg

Verschärfung der Pandemie droht

Der nationale Krankenhausverband warnte, dass die Ausschreitungen die ohnehin schwierige Lage im Kampf gegen eine dritte Welle der Pandemie weiter verschärften. Die Versorgung mit Sauerstoff, Medikamenten und auch Lebensmitteln sei beeinträchtigt. Auch das Klinikpersonal könne in vielen betroffenen Gebieten wegen der Proteste und Ausschreitungen nicht zur Arbeit kommen.

„Die Auswirkungen der Plünderungen und Zerstörungen haben schlimme Folgen für die Krankenhäuser“, erklärte der Verband. „Und das Epizentrum der Pandemie liegt in den betroffenen Provinzen.“ Südafrikas größte Raffinerie SAPREF in Durban stellte Branchenangaben zufolge vorübergehend den Betrieb ein. In Supermärkten gebe es zum Teil kaum noch etwas zu kaufen, berichtete die BBC.

Südafrika: Mehr als 70 Tote bei Protesten

Auch nachdem die Regierung in Südafrika das Militär eingesetzt hat, dauern die Ausschreitungen an. Über 70 Menschen sind der Gewalt bereits zum Opfer gefallen. Begonnen haben die Unruhen mit der Verhaftung des früheren Präsidenten Jacob Zuma.

Wut über soziale Ungleichheit

Bei den am Wochenende ausgebrochenen Unruhen wurden mehr als 70 Menschen getötet, über 1.200 Menschen wurden den Sicherheitsbehörden zufolge festgenommen, Hunderte Geschäfte wurden zerstört. Auslöser war die Inhaftierung von Zuma, viele Anhänger des 79-Jährigen gingen auf die Straße. Immer stärker rückte aber Wut und Enttäuschung über die soziale Ungleichheit in den Mittelpunkt, die auch 27 Jahre nach Ende der Apartheid immer noch existiert.

Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie haben die Armut im Land noch verstärkt. Zuma stellte sich am Wochenende selbst der Polizei und trat seine 15-monatige Haftstrafe an. Der 79-Jährige war dazu verurteilt worden, weil er sich geweigert hatte, bei Ermittlungen zu Korruption während seiner neunjährigen Amtszeit, die 2018 endete, auszusagen.