Bundesministerium für Arbeit
ORF.at/Patrick Bauer
Neuer Erlass nach VfGH-Spruch

Weiter kaum Jobzugang für Asylwerber

ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher hat auf das Urteil des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) von Mittwoch reagiert und dem AMS am Donnerstag ein neues Vorgehen bei der Beschäftigung von Asylwerberinnen und -werbern vorgeschrieben. Das Höchstgericht hatte die bisherige Regelung gekippt, wonach diese nur als Saisonkräfte arbeiten dürfen. Kocher sagte, dass es auch künftig keinen generellen Arbeitsmarktzugang für Asylwerbende geben werde – das soll ein Erlass regeln.

„Mit dem Erlass wird klargestellt, dass Asylwerber keinen generellen Arbeitsmarktzugang haben. Vielmehr sind arbeitslose Inländerinnen und Inländer sowie Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte vorrangig zu vermitteln“, so Kocher in einer Aussendung. Geregelt wird das in einem der APA vorliegenden Erlass, der nach Angaben des Ministeriums neben regulären Arbeitsplätzen auch für Lehrstellen gilt.

Grundvoraussetzung für den Zugang von Asylwerbern zum Arbeitsmarkt ist, dass sie seit zumindest drei Monaten zum Asylverfahren zugelassen sind und über einen Abschiebeschutz verfügen. Der Erlass stellt aber klar, dass sie nur nach einer „konsequenten Arbeitsmarktprüfung“ und nach einhelliger Zustimmung im AMS-Regionalbeirat beschäftigt werden dürfen.

Arbeitsminister Martin Kocher
APA/Helmut Fohringer
Kocher will die bisher angewendete „strenge Praxis“ möglichst beibehalten

„Strenge Praxis“ soll beibehalten werden

Konkret soll das AMS den Unternehmen, die Asylwerber beschäftigen wollen, Ersatzarbeitskräfte aus den Reihen der bestehenden Arbeitslosen vermitteln – auch überregional. „Dabei sind alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die offene Stelle mit verfügbaren Inländerinnen/Inländern oder am Arbeitsmarkt integrierten Ausländerinnen/Ausländern zu besetzen“, so Kocher im Ö1-Morgenjournal.

Anträge von Unternehmen, die von vornherein keine Bereitschaft zur Beschäftigung dieser vermittelten Arbeitslosen zeigen, sollen abgelehnt werden, so Kocher mit Verweis auf entsprechende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs. Ziel des Erlasses ist laut Kocher, „die bisherige strenge Praxis im Vollzug beizubehalten“. Ob das gelingt, will sich das Ministerium vom AMS mit monatlichen Bilanzen über die Verfahrensergebnisse und die Beschlüsse des Regionalbeirats berichten lassen.

Neuer Erlass nicht mit Grünen abgestimmt

Seine Entscheidung habe er nicht mit dem Koalitionspartner, den Grünen, abgesprochen, die am Mittwoch die Entscheidung des VfGH begrüßt hatten. Es handle sich um eine Materie, die sein Ressort betreffe, und er erwarte sich daher durch den Erlass auch keine Verstimmung innerhalb der Koalition, so Kocher im Morgenjournal.

Erlässe wegen Gesetzwidrigkeit aufgehoben

Der VfGH hatte am Mittwoch zwei Erlässe aus dem Jahr 2018 bzw. 2004, die die Beschäftigung von Asylwerbenden eingeschränkt hatten, als gesetzwidrig aufgehoben. Die Erlässe seien nämlich als Verordnungen einzustufen und hätten im Bundesgesetzblatt kundgemacht werden müssen – das ist aber nie passiert.

Der Erlass von 2018 sah – in Verbindung mit jenem aus dem Jahr 2004 – vor, dass Beschäftigungsbewilligungen für Asylwerberinnen und Asylwerber nur bei befristeter Beschäftigung als Saisonarbeiter bzw. Saisonarbeiterinnen und Erntehelfer bzw. Erntehelferinnen erteilt werden dürfen.

Der Erlass aus dem Jahr 2004 stammte vom damaligen Arbeitsminister Martin Bartenstein (ÖVP) und besagte, dass Asylwerbende nur in der Erntearbeit oder Saisonarbeit eingesetzt werden dürfen. Jener aus dem Jahr 2018 ist von der damaligen Arbeitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) und beseitigte den Zugang von Asylwerberinnen und Asylwerbern zur Lehre.

Beschwerde einer Spenglerei

Aufgrund der Beschwerde einer Spenglerei hatte der VfGH in der März-Session beschlossen, von Amts wegen ein Verordnungsprüfverfahren zum Erlass von 2018 bzw. 2004 einzuleiten. Die Anwältin der Spenglerei, Michaela Krömer, vertrat im Ö1-Mittagsjournal die Meinung, dass der Arbeitsminister keine Verordnung erlassen kann.

VfGH hebt Arbeitslimits für Asylwerber auf

Der Verfassungsgerichts hat Erlässe aus formalen Gründen als gesetzwidrig aufgehoben, die den Arbeitsmarkt für Asylwerber eingeschränkt haben.

Das Verfahren habe nun bestätigt, dass „sich diese Erlässe nicht in einer bloßen Information über die geltende Rechtslage erschöpfen, sondern darüber hinaus verbindliche (einschränkende) Regelungen über die Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen für Asylwerbende enthalten“, erklärte der VfGH.

Aufhebung aus formalen Gründen

Das bedeutet: Die Aufhebung erfolgte aus rein formalen Gründen, weil der Inhalt der Erlässe verbindliche Regeln enthält und diese somit Verordnungen gleichkommen, die kundgemacht werden müssen.

Mit der aktuellen VfGH-Entscheidung hätten für Asylwerbende jene Regeln gegolten, die es für Arbeitskräfte von außerhalb der EU gibt. Der Arbeitsmarktzugang ist nur dann zu gewähren, wenn keine geeinigte inländische oder EU-Arbeitskraft gefunden werden kann. Der Regionalbeirat des AMS muss jeden einzelnen Fall prüfen. Allerdings wackelt auch diese Bestimmung, weil die Höchstrichter auch hier ein Gesetzesprüfungsverfahren eingeleitet haben.

Eine EU-Richtlinie legt ohnehin fest, dass Asylwerberinnen und Asylwerber „spätestens neun Monate“ nach Antragstellung auf internationalen Schutz Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten müssen, „sofern die zuständige Behörde noch keine erstinstanzliche Entscheidung erlassen hat“. Einschränkungen, um etwa EU-Bürger und -Bürgerinnen einen Vorrang auf dem Arbeitsmarkt einzuräumen, sind aber möglich.