„Ibiza“-U-Ausschuss endet mit Rundumschlag gegen ÖVP

Der letzte Tag des „Ibiza“-Untersuchungsausschusses war von einer Abrechnung mit der ÖVP durch alle anderen Fraktionen geprägt. Sowohl SPÖ, FPÖ und NEOS als auch die Grünen lieferten in ihren Bilanzstellungnahmen einen Rundumschlag gegen die Volkspartei. Die FPÖ, deren Ex-Parteichef Heinz-Christian Strache den U-Ausschuss ausgelöst hatte, war kein Thema. Einzig die Grünen erwähnten die Blauen als Mithelfer bei den mutmaßlichen Machenschaften.

Die ÖVP war ihrerseits auch heute wieder damit beschäftigt, die Attacken der anderen vier Fraktionen abzuwehren und „Missstände im Ausschuss“ anzuprangern. ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger forderte einmal mehr eine Reform der Verfahrensordnung, mit der sowohl Aktenanforderungen als auch die Persönlichkeitsrechte der Auskunftspersonen neu geregelt werden sollen. Die ÖVP spricht sich mittlerweile auch für Liveübertragungen von Ausschusssitzungen aus.

SPÖ: ÖVP versuchte, „Staat im Staat“ aufzubauen

Die letzte Aktenlieferung aus dem Finanzministerium habe einmal mehr die These der Grünen bestätigt: „Türkis-Blau hat ein politisches System für wohlhabende Freunde und reiche Spender erschaffen. Die jüngsten Erkenntnisse zum geplanten Umbau des Stiftungsrechtes zugunsten der Superreichen untermauern unsere These einmal mehr“, so Nina Tomaselli, Fraktionsführerin der Grünen im U-Ausschuss.

Die ÖVP habe versucht, „einen Staat im Staat aufzubauen“, sagte SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer. Entsprechend habe die Volkspartei die Arbeit des Ausschusses behindert, durch die Weigerung von Finanzminister Gernot Blümel, Akten vorzulegen, durch den Ausschussvorsitzenden Wolfgang Sobotka und das Vorgehen der ÖVP-Fraktion in den Ausschusssitzungen, so Krainer.

Mit den nach der Exekution durch das Gericht nachgelieferten Akten aus dem Finanzministerium gebe es eine Reihe von neuen Erkenntnissen, trotzdem werde der Ausschuss abgedreht, kritisierte Krainer neuerlich die Weigerung von Grünen und ÖVP, den Ausschuss zu verlängern. Bei der von SPÖ und FPÖ beantragten Sondersitzung am Montag werde man das noch einmal debattieren und abstimmen.

FPÖ und NEOS mit scharfer Kritik an Grünen

FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker kritisierte die Grünen dafür, dass sie beim Abdrehen des Ausschusses mitmachen und er schoss sich auch auf Bundespräsidenten Van der Bellen ein. Dieser habe sich im Streit über die Aktenlieferungen von Blümel als „Beitragstäter der ÖVP“ betätigt, und die Volkspartei danke ihm das mit einer Wahlempfehlung für die nächste Präsidentschaftswahl. Inhaltlich sah auch er bestätigt, dass die ÖVP versucht habe, einen „türkisen Staat im Staat“ zu bauen.

NEOS-Vizeklubchef Nikolaus Scherak, der die in Quarantäne befindliche Fraktionsführerin Stephanie Krisper vertrat, hatte ebenfalls kein Verständnis dafür, dass die Grünen dabei geholfen haben, den Ausschuss zu beenden, und sprach von einer „Verhöhnung“. Zuletzt habe Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) mit seiner Verzögerung der Befragung im Untersuchungsausschuss einen erneuten Tiefpunkt geliefert.

Beugestrafe gegen Schmid und Wolf beantragt

Formal beendet wurde die Sitzung mit der Feststellung, dass auch die für 16.30 Uhr geladenen Zeugen nicht gekommen sind. Insgesamt waren sechs Auskunftspersonen geladen, fünf haben abgesagt, eine wurde ausgeladen. Gegen den Ex-Chef der Österreichischen Beteiligungs AG /ÖBAG), Thomas Schmid, und den Investor Siegfried Wolf wurde die Verhängung einer Beugestrafe beantragt. Dem Antrag stimmten alle Fraktionen bis auf die ÖVP zu.

Ganz beendet ist die Debatte über den Ausschuss aber noch nicht, abgesehen von der Sondersitzung am Montag werden in den nächsten Wochen der Ausschussbericht des Verfahrensrichters und der einzelnen Fraktionen vorgelegt. Am 22. September werden alle Berichte dem Plenum zugewiesen und diskutiert.