Aufräumungsarbeiten in Hallein
APA/Barbara Gindl
Nach Unwettern

Debatte über Hochwasserschutz entfacht

Nach den schweren Unwettern in weiten Teilen Österreichs ist am Montag eine Politdebatte über Verbesserungen des Hochwasserschutzes entbrannt. Zu Wort meldeten sich sowohl Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) als auch Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne). Vor allem der Fall in der Salzburger Stadt Hallein warf die Frage der Grenze zwischen Umwelt- und Hochwasserschutz auf.

Das Hochwasser, das in der Salzburger Stadt Hallein enorme Schäden verursacht hat, wäre laut Köstinger verhinderbar gewesen. Einsprüche des Naturschutzbundes gegen ein Schutzprojekt, das 2016 vom Bund und dem Land Salzburg genehmigt wurde, hätten den Bau der Hochwasserschutzmaßnahmen um Jahre verzögert. Das könne langfristig zu Katastrophen führen, so Köstinger heute in Brüssel vor dem EU-Agrar- und Fischereirat. „Speziell in diesem konkreten Fall ist das auf die Einsprüche zurückzuführen“, sagte Köstinger zu ORF.at.

Das Genehmigungsverfahren für das Hochwasserschutzprojekt in Hallein läuft laut einer Aussendung des Ministeriums seit 2016 und „konnte aufgrund von Einsprüchen des Naturschutzbundes Salzburg bis Ende 2020 nicht umgesetzt werden“. Seit Anfang 2021 habe die Wildbach- und Lawinenverbauung schließlich Maßnahmen im Ausmaß von 750.000 Euro umsetzen können.

Tourismusministerin Elisabeth Köstinger
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Klimaschutz und Hochwasserschutz seien kein Entweder-oder – im Gegenteil: Es brauche immer beides, so Köstinger

Naturschutzbund spielt Ball zurück

Der Naturschutzbund sieht das anders: Das Projekt sei jahrelang geplant worden, und niemand ziehe die Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen in Zweifel, so Hannes Augustin vom Salzburger Naturschutzbund. Es habe einen Einspruch gegen eine Teilbereich gegeben, und der Verbund habe eine Alternative erarbeitet, die auch laut Wildbach- und Lawinenverbauung gleich wirksam und gleich teuer, aber landschaftsschonender und umweltfreundlicher gewesen wäre.

Dabei sei es um den Grundbesitz nur eines Landwirts gegangen. Den restlichen geplanten Hochwasserschutz hätte man bereits bauen können, dieser sei aber bis heute auch noch nicht fertiggestellt, so Augustin zu ORF.at. „Da spiele ich den Ball gerne an die Politik zurück, die auch lange untätig war.

Es kann nicht sein, dass die Naturschützer, die sich für Landschaftsschonung, Renaturierung und Verbesserung der Gesamtsituation einsetzen, jetzt beschuldigt werden.“ Das Verfahren ist inzwischen jedenfalls abgeschlossen, jetzt soll der Hochwasserschutz so schnell wie möglich errichtet werden – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

„Klima- und Hochwasserschutz kein Entweder-oder“

Nach Ansicht Köstingers funktioniere der Hochwasserschutz in Österreich „grundlegend gut“. Dazu komme: „Klimaschutz und Hochwasserschutz sind kein Entweder-oder“, meinte Köstinger. Es brauche beides. „Die Investition in Schutzmaßnahmen für Menschen und Güter hat hohe Priorität.“

Wie groß der Schaden für die Landwirtschaft sei, könne sie noch nicht sagen. Derzeit laufe die Schadenserhebung, so die Landwirtschaftsministerin. Bei den Hagelunwettern in Oberösterreich und Niederösterreich vor ein paar Wochen sei der Schaden bei ungefähr 50 Millionen Euro gelegen, und das „innerhalb kürzester Zeit“.

Infrastrukturministerin Leonore Gewessler
APA/Roland Schlager
Gewessler will „gute gesetzliche Rahmenbedingungen“, um beim Klimaschutz schneller und zielgerichteter zu werden – auch die Umwelt dürfe dabei nicht außer Acht gelassen werden

Gewessler: Klimaschutz „mutig und ambitioniert“

Gewessler (Grüne) sagte am Rande einer Pressekonferenz zu dem Fall in Hallein, dass sie das Verfahren im Detail zu wenig kenne. Jedenfalls sei so ein Ereignis nicht terminisierbar und es sei „eine Tragik in dem Moment für die Gemeinde“. Im Ö1-Mittagsjournal verwies sie auf „gute gesetzliche Rahmenbedingungen und gute Strategien“, die es brauche, um beim Klimaschutz schneller und zielgerichteter zu werden. Dabei gelte es jedoch, die Rechte aller Beteiligten sowie jene der Umwelt zu wahren.

Man müsse beim Klimaschutz „mutig und ambitioniert“ sein. In Hinblick auf die Klimakrise könne man davon ausgehen, dass Wetterextreme in Zukunft häufiger eintreten werden – so gehe es nicht nur darum, sich an die neuen Bedingungen anzupassen, sondern auch darum, Maßnahmen zu ergreifen, um diesen entgegenzuwirken.

Im Fall von Hochwasser nannte Gewessler etwa das Problem der Bodenversiegelung: „Je weniger versiegelt der Boden ist, desto leichter kann auch Wasser versickern“. Grundsätzlich gebe es „eine Vielzahl von Maßnahmen, um uns an die Folgen der Klimakrise, die wir nicht mehr abwenden können, auch anzupassen.“ Den aktuell von den Unwettern Betroffenen versprach Gewessler „rasche und unbürokratische“ Hilfe.

Hydrologe: Hochwasserschutz in Österreich hat gewirkt

Dass die Unwetterfolgen in Österreich im Vergleich zu Deutschland harmloser ausfielen, ist laut dem Hydrologen Christoph Hauer von der Wiener BOKU „sicherlich auch ein Ergebnis des Hochwasserschutzes“. Zwar habe es lokale Probleme etwa in Hallein gegeben, wo das Gewässer aus dem Fluss ausgebrochen sei und Schäden aufgetreten seien, dennoch habe der Hochwasserschutz grundsätzlich seine Wirkung gezeigt, so der Gewässerforscher gegenüber Ö1.