Überschwemmungen und Vermurungen in Kelchsau (Bezirk Kitzbühel)
APA/ZOOM.TIROL
Summe noch vage

Hochwasser hinterlässt Millionenschäden

Nach den schweren Unwetterschäden vom Wochenende sind am Montag die Aufräumarbeiten in den betroffenen Landesteilen angelaufen. Noch ist das Schadensausmaß schwer zu beziffern, jedenfalls werden es viele Millionen Euro sein. Aufschluss über die Schadenssumme sollen unter anderem eigens eingesetzte Kommissionen liefern.

Allein schon die Landwirtschaft ist stark betroffen: „Aus jetziger Sicht wird mit einer überschwemmten und geschädigten Agrarfläche von 5.000 Hektar und einem Gesamtschaden von fünf Millionen Euro gerechnet“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Hagelversicherung, Kurt Weinberger.

Die Wiener Städtische rechnete mit Schäden in der Höhe von rund zehn Millionen Euro. „Heftige Unwetter im Sommer sind nicht untypisch, die Entwicklung des vergangenen Jahrzehnts zeigt jedoch, dass die Intensität und die Häufigkeit von Naturkatastrophen grundsätzlich zunehmen“, sagte Vorstandsdirektorin Sonja Steßl.

Millionenschäden nach Starkregen

Nach den Überflutungen in Österreich rechnen die Versicherungen mit Schäden von zweistelligen Millionenbeträgen – und auch aus dem Katastrophenfonds sind Unterstützungen zugesagt. Die Aufräumarbeiten sind unterdessen in vollem Gange.

Die extremen Wetterereignisse seien Folge des Klimawandels, sagte Michael Staudinger, Europa-Präsident der World Meteorological Organization (WMO): „Höhere Temperaturen führen zu einer höheren Luftfeuchtigkeit und damit zu intensiveren Niederschlägen mit katastrophalen Schäden an der Infrastruktur. Die Verbauung potenziert die Auswirkungen der Starkniederschläge, weil kein Wasser gespeichert werden kann. Fehler in der Raumordnung machen sich leider jetzt bemerkbar.“ Global, kontinental und national müssten nun endlich die „Hausaufgaben“ gemacht werden, forderten Weinberger und Staudinger gemeinsam.

Erste Schadenskommissionen unterwegs

In Niederösterreich wurde am Dienstag indes die am Vortag vorgenommene Einstufung als Katastrophengebiet für Paudorf und Furth nach Angaben des Landes wieder aufgehoben. Für Neuhofen a. d. Ybbs, Ferschnitz und Euratsfeld im Bezirk Amstetten sowie Aggsbach-Dorf in der Gemeinde Schönbühel-Aggsbach (Bezirk Melk) galt das nach wie vor.

Zur Begutachtung der Schäden wurden in Niederösterreich von den Gemeinden Schadenskommissionen gebildet, die teilweise – etwa im Dunkelsteinerwald im Bezirk Melk – schon ihre Arbeit aufgenommen haben. Ab Mittwoch werden sie nach Angaben des Landes überall in den betroffenen Gebieten unterwegs sein. In den nächsten Tagen werden die Kommissionen die Schäden begutachten und die Ansuchen an den Katastrophenfonds stellen – mehr dazu in noe.ORF.at.

Verzeichnet wurden in den betroffenen Gebieten schwere Schäden an Privathäusern und an der Infrastruktur. In Ferschnitz war auch eine Brücke weggerissen worden, wodurch der Ort vorübergehend unerreichbar wurde.

Kurz verspricht unbürokratische Hilfe

Betroffenen wurde vonseiten des Bundes und der Bundesländer rasche und unbürokratische Hilfe angekündigt. „Der Katastrophenfonds des Bundes ist mit 450 Millionen Euro gefüllt. An den finanziellen Mitteln wird es nicht scheitern“, sagte dazu Bundeskanzler Sebastian Kurz am Dienstag bei einem Besuch in Salzburg. Indes kündigte unter anderem auch die Wirtschaftskammer und die Sozialversicherung der Selbstständigen (SVS) eine Hilfsaktion für unverschuldet durch Unwetter in Not geratene Mitgliedsunternehmen an.

Aufräumungsarbeiten in Hallein
APA/Barbara Gindl
Die Hochwasserschäden an und in den Gebäuden der Halleiner Altstadt gehen in die Millionenhöhe

Hallein kann Schadensausmaß noch nicht abschätzen

Auch in der Salzburger Stadt Hallein laufen die Aufräumarbeiten nach der Sturzflut am Samstagabend weiter auf Hochtouren. Laut Bürgermeister Alexander Stangassinger (SPÖ) dürften die durch den ausufernden Kothbach angerichteten Schäden in die Millionen gehen. „Es wird Wochen bis Monate dauern, um das tatsächlich in Euro beziffern zu können.“

Die zentrale Frage ist dabei, wer den jeweiligen Schaden bezahlt. Betroffene bangen um finanzielle Hilfe durch die Versicherung. „Wir waren schon einmal von Hochwasser betroffen – damals hatten wir einen Schaden von 60.000 Euro, waren aber nur geringfügig versichert. Und jetzt werden wir wohl auch wieder auf unserer Rechnung sitzen bleiben“, schildert ein Betroffener – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Der Hochwasserschutz in Mittersill hat Sonntagabend und in der Nacht auf Montag gehalten – knapp konnte ein Hochwasser in der Stadt verhindert werden. Am Montag haben auch hier die Aufräumarbeiten begonnen, dabei mussten zahlreiche Keller ausgepumpt werden. Bereits während der Aufräumarbeiten wurde eine Bestandsaufnahme des Hochwasserschutzes gemacht und eruiert, was verbessert werden kann.

Überschwemmungen und Vermurungen in Stuhlfelden im Raum Mittersill
APA/Daniel Scharinger
Überschwemmungen und Vermurungen in Stuhlfelden im Raum Mittersill

Aufräumen in Kufstein

Enorme Schäden sind auch in Tirol zu verzeichnen. Betroffen ist vor allem die Bezirkshauptstadt Kufstein. Aber auch viele Straßen und Wege im Bezirk sind stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Schadenssummen konnten am Montag noch nicht beziffert werden. Vor allem in der Bezirkshauptstadt Kufstein sprach Bürgermeister Martin Krumschnabel aber von einem großen Schadensausmaß – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Das Hochwasser in Kufstein hatte vor allem die Zulaufbäche des Inn anschwellen und über die Ufer treten lassen, der Pegel des Inn blieb dagegen auf einem ungefährlichen Niveau. Die Bäche verlaufen zum Teil unter den Häusern und waren stark verklaust. „Es wurde hier tonnenweise Sand und Gestein herausgeschöpft“, sagte Krumschnabel. Mehrere Lkw-Ladungen mit Material, das die Wassermassen von den Bergen heruntergespült hatten, mussten weggebracht werden.

In Oberösterreich hat es der Nacht auf Dienstag erneut starke Regenfälle und in der Folge Feuerwehreinsätze gegeben – jedoch weitaus weniger als zuletzt. Für ein Aufatmen sorgte, dass die Pegelstände weiter gesunken sind – mehr dazu in ooe.ORF.at. Zudem schreiten die Aufräumarbeiten rascher voran als zunächst befürchtet – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Lob für Einsatzkräfte

Unzählige Mitglieder von Blaulichtorganisationen sind während und nach den Unwettern der vergangenen Tage ausgerückt, um Menschen zu retten und bei der Beseitigung der Schäden zu helfen. Auch die Flugpolizei führte Bergungseinsätze durch. „Der Katastropheneinsatz ist ein Zusammenwirken aller Blaulichtorganisationen“, sagte dazu Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und bedankte sich bei den Pilotinnen und Piloten. Auch vonseiten der Bundesländer gab es Lob für die Einsatzkräfte.

Unter anderem bedankte sich am Dienstag Niederösterreichs Landeshauptmann-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) bei der Feuerwehr, dem Zivilschutzverband, dem Bundesheer und dem Straßendienst sowie den Bürgermeistern, die die Einsätze gemeinsam mit den Feuerwehrkommandanten leiten und die Aufräumarbeiten koordinieren.

Hübl (BOKU): Gefährliche Lagen trainieren

Johannes Hübl (Professor für alpine Naturgefahren und Risikomanagement an der Universität für Bodenkultur Wien und Experte für Muren, Wildbäche und Frühwarnsysteme) fordert gezielte Schulungen der Bevölkerung für Hochwassersituationen. Österreich sei für Hochwassergefahren im internationalen Vergleich gut aufgestellt, dennoch könne noch einiges verbessert werden.

Johannes Hübl, Experte für Muren und Frühwarnsysteme von der Universität für Bodenkultur Wien, sagte in der ZIB2, nicht nur die Warnkette sei wichtig. Entscheidend sei vielmehr, dass die Bevölkerung bei Erhalt einer solchen Warnung wisse, wie sie sich zu verhalten habe, und man sich nicht etwa noch um das Auto kümmere. Das richtige Verhalten im Ernstfall müsse gezielt geübt werden. Doch solch große Zivilalarmübungen gebe es in Österreich praktisch nicht, so Hübl.