Ärztin mit einem Corona-Impfstoff auf
APA/Barbara Gindl
Lehrer & Co.

Debatte über Impfpflicht neu angefacht

Mit steigenden Infektionszahlen gerät nun die Debatte über eine mögliche Impfpflicht wieder in den Mittelpunkt – zumindest für einige Berufsgruppen. Niederösterreich überlegt eine Impfpflicht für Lehrpersonal und will damit gegebenenfalls auch einen Alleingang wagen. ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann reagierte eher skeptisch auf eine Impfpflicht für einzelne Berufsgruppen. Auch andere Länder reagieren eher abwartend.

Im Ö1-Morgenjournal sagte die niederösterreichische Bildungslandesrätin Christiane Teschl-Hofmeister (ÖVP), dass man über eine bundesweite Impfpflicht für Lehrerinnen und Lehrer diskutieren sollte: „Meine Präferenz ist die folgende: Führen wir die Diskussion, führen wir sie offen und führen wir sie schnell“, so Teschl-Hofmeister. „Das Zweite ist: Wenn es eine bundeseinheitliche Lösung gibt, ist es mir wesentlich lieber. Wenn es sie nicht geben sollte, werden wir die Entscheidung in Niederösterreich auch treffen, aber dann natürlich noch einmal nach Rücksprache" – mehr dazu in noe.ORF.at.

Darauf angesprochen, zeigte sich der Bildungsminister jedoch zurückhaltend. Er hält nichts von einer „Lex specialis“, also einer Sonderregelung für einzelne Berufsgruppen: „Wenn, dann müsste man diesen Prozess breiter diskutieren, breiter ausrollen. Eben alle jene Berufsgruppen mitnehmen, die einen engen Kontakt mit anderen Menschen haben. Dann ist eine sachliche Begründbarkeit herzustellen. Für eine isolierte Maßnahme fehlt mir beispielsweise die rechtliche Grundlage. Ich könnte das gar nicht machen.“

Ähnlicher Vorschlag auch in Wien, andere Länder dagegen

Konkret geht es der niederösterreichischen Landesrätin um die Einstellung von neuen Pädagoginnen und Pädagogen – auf bestehende Arbeitsverhältnisse hat das keine Auswirkungen. Diskutiert wird freilich nicht nur in Niederösterreich. In Wien wurde eine Impfpflicht für neue Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen in städtischen Einrichtungen bereits eingeführt, Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) befürwortete eine solche auch für Lehrer. Wiederkehr sagte am Dienstag, dass man auf einen entsprechenden Vorschlag aus dem Bund warte. Er verstehe zwar den Ansatz des Ministers zu sagen, man wolle ein ganzheitliches Bild, „aber wenn das nicht möglich ist, dann ist es sinnvoll, man nimmt einzelne Berufsgruppen heraus“ – mehr dazu in wien.ORF.at.

Momentan stehen Wien und Niederösterreich mit entsprechenden Vorschlägen alleine da: So hörte man etwa am Dienstag aus Salzburg, dass man eine derartige Impfpflicht nicht für zielführend halte – zumindest auf Landesebene. Bildungslandesrätin Daniela Gutschi (ÖVP) sagte, sie sehe hier das Gesundheitsministerium gefordert, „österreichweite Vorgaben zu machen“. Ein „Fleckerlteppich für Berufsgruppen“ sei nicht sinnvoll. Auch die Tiroler Bildungslandesrätin Beate Palfrader (ÖVP) hatte eine Impfpflicht zuletzt abgelehnt.

In der Steiermark verweist man darauf, dass man Bewerber mit vollständigem Impfschutz bevorzuge, eine Impfpflicht sei aber nicht geplant. Ähnlich sieht es in den anderen Bundesländern aus: In Vorarlberg, Burgenland und Oberösterreich verweist man auf die bereits bestehende hohe Impfbereitschaft.

Durchimpfungsrate bei Lehrern wohl hoch, aber unklar

Faßmann sprach sich jedenfalls für „eine breiter angelegte Diskussion“ aus. Es sei „gar keine Frage“, dass das Impfen ein wirksames Instrument gegen die Ausbreitung des Virus sei. Er verweist auf die Impfbereitschaft des Lehrpersonals: „Wir haben sowieso schon eine sehr hohe Impfbereitschaft bei den Lehrern und Lehrerinnen. Wir wissen es nicht ganz exakt, aber sie sind sicherlich bei drei Viertel. Also das Ziel ist schon fast erreicht, das auch Teschl-Hofmeister erreichen möchte.“

Konkrete Zahlen gibt es aber nicht: „Das Gesundheitsministerium versucht die Daten von ELGA zu bekommen. Die Statistik Austria steht bereit, um hier vernünftig und gute Statistiken zu produzieren. Das dauert leider alles immer länger als gedacht, aber es wird so geschehen, dass wir auch exakte Informationen haben“, so Faßmann.

FPÖ warnt vor Impfpflicht

Auch bei den Arbeitnehmervertretern ist man eher zurückhaltend: Der Vorsitzende der ARGE Lehrer in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD), Paul Kimberger, kann die Motivation Teschl-Hofmeisters „nicht nachvollziehen“, sagte er gegenüber der APA. Bei den Lehrern gebe es eine extrem hohe Impfbereitschaft. Er geht davon aus, dass rund 80 Prozent bereits geimpft sind. Das inkludiere auch jene jüngeren Kollegen, die zuletzt angestellt worden seien. Der ÖVP-Wirtschaftsbund verwies in einer Aussendung darauf, dass man „alles Notwendige“ tun solle, um den Unterricht im Herbst zu ermöglichen. Man spreche sich dezidiert für eine Impfpflicht für Lehrer aus.

Am Dienstag gab es auch Reaktionen aus der Politik. „Wir stehen an der Seite jener Menschen, die selber entscheiden wollen, ob sie sich impfen lassen oder nicht“, so FPÖ-Parteichef Herbert Kickl in einer Aussendung. „Alles andere ist undemokratisch und grundrechtsfeindlich.“ Kickl kritisierte Faßmann, der zwar gegen eine Impfpflicht für Lehrpersonal sei, aber offensichtlich nichts gegen eine „generelle Impfpflicht für alle Berufsgruppen, die in engerem Kontakt mit Menschen stünden“, habe.

Auswertung für Berufsgruppen könnte kommen

Die von Faßmann in den Raum gestellte Auswertung der Lehrerimpfungen bestätigte man auch bei ELGA – eine entsprechende Mail sei letzte Woche eingelangt. Im Ö1-Mittagsjournal sagte ELGA-Chef Franz Leisch, dass man wisse, wer geimpft sei – das Ministerium wisse unterdessen, wer Lehrpersonal sei. Nun ginge es darum, genau zu prüfen, wie man die Daten zusammenführt. Problematisch könnte dabei das Minimalitätsprinzip bei der Datenschutzgrundverordnung sein – jedenfalls müsse mit anonymisierten Daten gearbeitet werden.

Auch eine Auswertung für andere Berufsgruppen stehe damit im Raum, so Leisch. Er rechne damit, dass „ein Begehr besteht, auch andere Berufsgruppen zu analysieren“ – konkret nannte er etwa Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte und auch Kindergartenpersonal. Deswegen müsse man jetzt vorsichtig vorgehen und sehen, wie man das bewerkstelligen könne.