Gebündelte Geldscheine
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Brüssel

Neuer Plan gegen „schmutziges Geld“

Noch immer gibt es in der EU deutliche Schwachstellen im Kampf gegen Geldwäsche. Am Dienstag stellte die EU-Kommission die gewünschten Maßnahmen vor, um die Schlupflöcher zu stopfen. Was besonders in Österreich auf Gegenwind stößt, ist eine Bargeldgrenze ab 10.000 Euro. Das Finanzministerium sieht darin schon die schleichende Abschaffung des Bargeldes.

Jährlich kommen Milliardenbeträge aus kriminellen Geschäften in die reguläre Wirtschaft der Europäischen Union, womit die illegale Herkunft des Geldes verschleiert wird. Hin- und hergeschickt verliert sich irgendwann die Spur des Geldes. Das Problem in den Griff zu bekommen ist schwierig, die Lage ist unübersichtlich und durch Kryptowährungen wird das Feld unendlich erweitert. Allein in Österreich gab es im Jahr 2019 laut Bundeskriminalamt über 3.000 Verdachtsmeldungen der Geldwäsche.

Allzu oft werden Alarmzeichen und Whistleblower ignoriert, wie etwa im Fall der dänischen Danske Bank, über deren Konten jahrelang rund 200 Milliarden aus Russland gegangen und reingewaschen worden sein sollen. Hinweise hat es gegeben, doch unternommen wurde lange nichts, das System wies zahlreiche Schwachstellen auf. Nun soll ein Paket neue Fälle wie jenen der Danske Bank verhindern. EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis stellte das Paket am Dienstag in Brüssel gemeinsam mit Finanzkommissarin Mairead McGuinness vor, es enthalte „weitreichende Vorschläge“ gegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung. Die europäischen Regeln seien schon jetzt streng, aber nicht einheitlich, so Dombrovskis. „Jede Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied.“

Keine Bargeldgrenze für Privatverkäufe

Die Maßnahmen sollen in Zukunft den grenzüberschreitenden Informationsaustausch – bisher oft unterentwickelt – forcieren. Das Paket sieht eine neue Behörde vor, die Anti-Money Laundering Authority (AMLA), die bei Verstößen gegen EU-Regeln eigenständig Finanzsanktionen verhängen soll. Die Behörde soll auch die nationalen Aufsichtsbehörden unterstützen.

Bargeldlimit der EU sorgt für Kritik

Die EU-Kommission schlägt ein Bargeldzahlungslimit von 10.000 Euro vor. Alles darüber hinaus soll nur mehr mit Karte oder Überweisung bezahlt werden dürfen. Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) lehnt jegliches Bargeldlimit ab.

Für besondere Aufmerksamkeit in Österreich sorgte zudem der Vorschlag einer einheitlichen Bargeldobergrenze von 10.000 Euro. Etliche Mitgliedsstaaten sind längst bei strengen Bargeldregeln, in Griechenland liegt das Limit gar bei 500 Euro. Das Mindestmaß soll nun in allen Mitgliedsstaaten bei 10.000 Euro liegen, so wie es derzeit etwa schon in Tschechien der Fall ist. Die Ausnahme soll beim Geldaustausch zwischen Privatpersonen liegen, etwa wenn ein Auto weiterverkauft wird.

Bargeld sei schlicht der bevorzugte Weg bei kriminellen Geschäften, hier sei die Herkunft am schwierigsten zu bestimmen. Daher sei es wichtig, große Geldtransaktionen nachvollziehbar zu machen, so die Kommission.

Österreicher hängen am Bargeld

Die Vorschläge sorgten schon im Vorfeld der Präsentation am Dienstag für Unmut in Wien. Eine Umfrage von Uniqe Research im Auftrag des Finanzministeriums zeigte kürzlich, dass fast 90 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher fast immer Bargeld bei sich tragen. Für Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) Grund genug, sich gegen eine Bargeldgrenze auszusprechen, auch wenn sie bei 10.000 Euro liegt und Privatpersonen kaum beeinträchtigt. Er verwies bei seinen Beratungen in Brüssel vor einer Woche darauf, dass es im Bau schon ein Limit von 500 Euro und etwa im Handel eine Meldepflicht bei mehr als 10.000 Euro gebe. „Eine generelle Bargeldbeschränkung geht aus meiner Sicht einen Schritt zu weit“, so Blümel.

Die EU-Kommission aber bleibt dabei: Wenn mit Säcke voller Bargeld eingekauft werde, müsse die Frage nach der Herkunft dieses Geldes gestellt werden, so Kommissarin McGuinness am Dienstag.

Keine anonymen Kryptogeldbörsen mehr

Das neue Paket umfasst auch Kryptowährungen wie Bitcoin. „Drogen- und Menschenschmuggel, Prostitution, kriminelle Handlungen gegen Kinder – all das bringt Kriminellen Geld ein. Hinter diesen schmutzigen Euros stecken tragische menschliche Schicksale“, so McGuinness. „Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, dass wir die Geldwäscherei stoppen, auch jene durch Kryptowährungen.“

Die EU-Kommission will vor allem Vorschriften für Anbieter von Kryptodienstleistungen verschärfen. Sie sollen künftig vollständig den EU-Regeln gegen Geldwäsche unterworfen werden, so wie andere Anbieter auch. So wird etwa der Verkauf von anonymen Kryptowallets verboten, so wie es auch keine anonymen Bankkonten geben darf.

Rennen um neue Behörde

Das Paket muss freilich erst von Mitgliedsstaaten und Europaparlament bestätigt werden. Wie die Ausgestaltung im Detail aussehen wird, hängt daher auch noch von diversen Einsprüchen ab. Ebenso ist noch unklar, wo die neue Behörde ihren Standort haben soll. Etliche Staaten, darunter auch Österreich, brachten sich bereits in Stellung für die AMLA-Zentrale, in der ab 2023 rund 250 Menschen arbeiten sollen.

Die europäische Zentralbank (ECB)
APA/AFP/Yann Schreiber
Frankfurt ist bereits Hauptsitz der EZB. Nun will die Stadt auch die AMLA holen.

Große Konkurrenz dürfte Wien dabei aber in Frankfurt haben, wo ohnehin EU-Institutionen wie die Europäische Zentralbank (EZB) und viele Banken ihren Sitz haben. Dort ist auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) angesiedelt, die allerdings zuletzt keinen guten Eindruck bei ihren Kontrolldiensten machte. Laut der „Süddeutschen Zeitung“ gewährte die BaFin großzügig Ausnahmen von der Geldwäschekontrolle.

In Deutschland gibt es 324 Finanzinstitute, bei denen keine geldwäscherechtliche Aufsicht vorgenommen wird. 324 deutsche Finanzinstitute seien von der Aufsicht befreit worden. Ob das Einfluss auf Frankfurts Chancen auf die neue EU-Behörde AMLA haben wird, dürfte noch einige Zeit unklar bleiben.