Zaun vor dem Eingang der US-Botschaft in der Wiener Boltzmanngasse
ORF.at/Roland Winkler
Havanna-Syndrom

100 CIA-Mitarbeiter betroffen

Das mysteriöse Havanna-Syndrom, das nun auch in der Wiener US-Botschaft aufgetreten ist, betrifft bisher rund 200 Leute. Wie CIA-Chef William Burns nun bestätigte, betrifft ungefähr die Hälfte der Fälle CIA-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter oder deren Familienangehörige. Er hat eine Taskforce eingerichtet und die Bemühungen intensiviert, das Rätsel um die Beschwerden zu lösen.

In einem Interview mit dem öffentlich-rechtlichen US-Radiosender NPR zeigte sich Burns entschlossen, die Ursachen und Auslöser für die mysteriösen Krankheitsfälle, zu deren Symptomen Migräne und Schwindel gehören, zu finden.

Unter anderem habe er einen hochrangigen Beamten, der einst die Suche nach Osama bin Laden orchestrierte, zum Leiter der Taskforce Havanna-Syndrom gemacht. Das medizinische Team, das an dem Fall arbeite, sei verdreifacht worden.

Frist für Behandlung verkürzt

Die CIA verkürzte außerdem die zeitliche Frist, die Mitarbeiter und Angehörige die typischen Symptome aufweisen müssen, bevor sie im Walter-Reed-Militärspital behandelt werden, von acht auf zwei Wochen. „Es ist eine wichtige Verpflichtung jedes Vorgesetzten, denke ich, sich um seine Leute zu kümmern, und ich bin entschlossen, genau das zu tun“, sagte Burns gegenüber NPR in seinem ersten Interview überhaupt, seit er im März das Amt übernahm.

Das Havanna-Syndrom mit Symptomen wie Schwindel, Übelkeit, Migräne und Erinnerungslücken, trat erstmals bei US-Diplomaten auf, als diese 2016 an der US-Botschaft in Kuba arbeiteten. Burns erinnerte daran, dass im Dezember des Vorjahres eine Kommission der US-Akademie der Wissenschaften zum Schluss kam, die Theorie, Energiestrahlen hätten das Syndrom ausgelöst, sei plausibel.

Burns verdächtigt Moskau

Es bestehe eine „starke Möglichkeit“, dass das Syndrom absichtlich ausgelöst wurde und Russland dafür verantwortlich sein könnte, sagte Burns. Mit abschließenden Schlussfolgerungen warte er noch, bis weitere Untersuchungsergebnisse vorliegen. Moskau hat in der Vergangenheit dementiert, etwas mit den Krankheitsfällen zu tun zu haben.

Man wisse nicht, ob es sich bei diesen Vorfällen um eine Art Angriff handle oder etwas anderes dahinterstecke, hatte dagegen die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, noch am Montag betont. 2019 schrieben Forscher, dass die Beschwerden möglicherweise auf Pestizide zurückgehen. Andere Theorien sprachen von Mikrowellenstrahlung feindlicher Geheimdienste oder von Akustikattacken. Die genaue Ursache ist aber unklar.

USA untersuchen Berichte über Wien

Zu Wochenbeginn hatten die USA bestätigt, dass Berichte über das Auftreten des Havanna-Syndroms bei US-Diplomaten in Wien untersucht wird. „Was Wien betrifft, so gehen wir in Abstimmung mit unseren behördenübergreifenden Partnern Berichten über mögliche unerklärliche Gesundheitsvorfälle in der dortigen Gemeinschaft der US-Botschaft energisch nach“, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price. Das gelte selbstverständlich auch für andere Orte, an denen diese Beschwerden auftreten würden.

Die Zeitschrift „The New Yorker“ hatte zuletzt berichtet, dass etwa zwei Dutzend US-Geheimdienstmitarbeiter, Diplomaten und andere Regierungsbeamte in Wien mysteriöse Beschwerden geschildert hätten. Diese ähnelten den Beschwerden des Havanna-Syndroms. Nach Auftauchen der Beschwerden auf Kuba war dort das Botschaftspersonal auf ein Minimum reduziert worden.