Demonstration in Sydney
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CoV-Maßnahmen

Wachsender Unmut in Australien

In der laufenden Coronavirus-Pandemie sorgt Australien mit strikten Lockdown-Maßnahmen immer wieder für Schlagzeilen. Derzeit befindet sich – ungeachtet der im Vergleich mit europäischen Ländern auf einem niedrigen Niveau befindlichen Ansteckungszahlen – fast die Hälfte der rund 25 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner im Lockdown. Das sorgt für steigenden Unmut innerhalb der Bevölkerung. Am Samstag kam es in Sydney bei Protesten zu Zusammenstößen mit der Polizei.

Polizeiangaben zufolge gab es zahlreiche Festnahmen. Laut AFP bewarfen Protestierende in Australiens bevölkerungsreichster Stadt die Sicherheitskräfte mit Flaschen und Blumentöpfen. Die Organisatoren hatten den Protest als „Freiheitskundgebung“ betitelt und in einschlägigen Onlinenetzwerken bekanntgemacht, die laut Agenturberichten zur Verbreitung von Falschnachrichten über Impfstoffe und Verschwörungstheorien genutzt werden.

Auch in Melbourne, der zweitgrößten Stadt Australiens, gingen Lokalmedien zufolge Tausende Menschen auf die Straße. Proteste gegen die Gesundheitspolitik des Landes wurden auch in anderen Städten angekündigt. Die Polizei zeigte Verständnis für „freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung“ – aber die Proteste verstießen gegen die aktuellen Gesundheitsvorschriften. Deutliche Worte kamen vom Parlamentsabgeordneten Stephen Jones, der von „egoistischen, rücksichtslosen Idioten“ sprach. „Niemand will den Lockdown“, aber wegen solcher Aktionen werde er wohl in Kraft bleiben müssen, wie der Politiker der Labor Party hier noch anfügte.

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Demonstration in Sydney
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In Sydney wurden erst am Freitag die CoV-Maßnahmen erneut verschärft – am Samstag gingen Tausende dagegen auf die Straße
Ausschreitungen bei Protesten in Sydney
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Bei den Protesten kam es zu Ausschreitungen mit den Sicherheitskräften
Festnahme bei Protesten in Sydney
APA/AFP/Steven Saphore
Dutzende wurden Polizeiangaben zufolge verhaftet

Notstand in Sydney

In Sydney haben die Behörden angesichts von sprunghaft ansteigenden Coronavirus-Infektionen erst am Freitag den Notstand ausgerufen. Die Regierung des Bundesstaats New South Wales (NSW), dessen Hauptstadt Sydney ist, räumte ein, dass es trotz eines einmonatigen Lockdowns nicht gelungen sei, die Ausbreitung der hochansteckenden Delta-Variante zu stoppen.

„Es gibt keinen Zweifel, dass die Zahlen nicht in die richtige Richtung gehen“, sagte die Regierungschefin von New South Wales, Gladys Berejiklian. Sie rief die australische Regierung auf, ihre schleppende Impfkampagne zu beschleunigen. Da sich das Virus „überall ausbreitet“, müsse die Regierung ihre Impfpolitik „neu ausrichten“, forderte Berejiklian auch mit Verweis auf die in Australien vielerorts in Kraft befindlichen Lockdown-Maßnahmen.

Wachsender Unmut in Australien

In Sydney gilt seit einem Monat ein harter Lockdown. Der Umut dagegen wird immer größer – jetzt ist es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen. Es gab mehrere Festnahmen.

Die Millionenstadt Sydney befindet sich seit rund einem Monat im Lockdown. New South Wales verzeichnete am Freitag einen neuen Höchststand von 136 Neuinfektionen. Besonders betroffen sind die westlichen und südwestlichen Vororte Sydneys.

„Goldstandard“

Australiens Premierminister Scott Morrison steht derzeit stark unter Druck. Die lange Zeit sehr niedrigen Ansteckungszahlen in Australien waren zuletzt so schnell angestiegen wie seit Beginn der Pandemie nicht. Zugleich sind nur rund zwölf Prozent der Bevölkerung geimpft – eine der niedrigsten Impfraten unter den reicheren Ländern.

Morrison hatte die Coronavirus-Politik seiner Regierung lange als weltweiten „Goldstandard“ verteidigt. Anders als die europäischen Länder zielt sie darauf ab, keinerlei Ansteckungen mit dem Virus mehr zu haben. Dafür machte Australien seine Grenzen weitgehend dicht und verhängte bereits bei wenigen Ansteckungen lokal begrenzte, aber dafür umso strengere Lockdowns. Auch wegen der lange sehr niedrigen Ansteckungszahlen hatte die Regierung aber kaum Verträge mit den Herstellern von CoV-Impfstoffen geschlossen.

Neuseeland setzt Regelung mit Australien aus

Das ebenfalls auf strikte CoV-Maßnahmen setzende Neuseeland reagierte indes auf die steigenden Neuinfektionen in Australien und setzte am Freitag das quarantänefreie Reisen zwischen beiden Ländern vorerst aus. Die Regelung gelte nach Angaben von Neuseelands Ministerpräsidentin Jacinda Ardern für mindestens zwei Monate. „Dies ist keine Entscheidung, die wir leichtfertig getroffen haben, aber es ist die richtige Entscheidung, um die Sicherheit der Neuseeländer zu gewährleisten.“

Beide Länder hatten Mitte April erstmals wieder quarantänefreies Reisen zwischen beiden Ländern erlaubt. Ansonsten sind die Grenzen seit März 2020 weitgehend geschlossen.

Neuseeland mit fünf Millionen Einwohnern hat das Virus bisher gut im Griff und nur etwa 2.500 Infektionen verzeichnet. 26 Menschen sind in dem Pazifikstaat in Verbindung mit einer Virusinfektion gestorben. In Australien haben die Behörden seit Beginn der Pandemie rund 32.000 Fälle und mehr als 900 Tote bestätigt.