Allein in Paris gingen laut Innenministerium 11.000 Menschen unter anderem gegen den Gesundheitspass, der Aufschluss über eine Impfung oder einen Negativtest gibt, und die geplante Impfpflicht für das Gesundheitspersonal auf die Straße. Die Demonstrantinnen und Demonstranten skandierten unter anderem „Freiheit, Freiheit“ und riefen zum Sturz von Präsident Emmanuel Macron auf, den sie als „Tyrannen“ bezeichneten.
In der Nähe der Champs-Elysees kam es zu Ausschreitungen. Die Polizei setzte daraufhin Tränengas und Wasserwerfer ein, wie Fernsehbilder zeigten. Innenminister Gerald Darmanin verurteilte auf Twitter die Gewalt. Seinen Angaben zufolge gab es neun Festnahmen in der Hauptstadt. Laut dem Sender Franceinfo hatten einige Demonstranten Polizisten angegriffen.

Proteste fanden darüber hinaus in mehr als hundert weiteren französischen Städten statt, darunter Toulouse, Lyon, Straßburg, Lille, Nizza, Montpellier und Marseille.
Mehrheit für Verschärfungen
Bei landesweiten Protesten am vergangenen Samstag hatten 114.000 Menschen vor einer „Gesundheitsdiktatur“ gewarnt. Sie stehen allerdings nicht für die Mehrheit der Bevölkerung: In einer Umfrage des Instituts Elabe für den Sender BFMTV vom 13. Juli sprachen sich 76 Prozent der Franzosen für die Impfpflicht aus. Auch die Ausweitung des Gesundheitspasses stößt mehrheitlich auf Zustimmung.
Proteste gegen Impfpflicht in Frankreich
In Frankreich gilt die „3-G-Regel“ in zahlreichen Lebensbereichen. Tausende Menschen gingen auf die Straßen, um gegen den dahinter vermuteten versteckten Impfzwang zu demonstrieren.
Präsident Macron hatte die verschärften Maßnahmen Mitte Juli angekündigt. Die Regierung will damit den großen Anstieg der Coronavirus-Infektionen durch die hochansteckende Delta-Variante eindämmen. Bis Sonntag soll die Novelle im Schnellverfahren vom Senat besiegelt werden. Am Samstag beriet er über Änderungen.

Impfpflicht im Gesundheitswesen
Nach dem Willen der Regierung müssen sich alle Gesundheits- und Pflegekräfte sowie Feuerwehrleute und andere Rettungskräfte bis spätestens 15. September impfen lassen. Ansonsten droht ein Berufsverbot. Mit der Ausweitung des Gesundheitspasses soll ab August erstmals eine CoV-Testpflicht für nicht Immunisierte in französischen Fernzügen, Bars, Restaurants und Einkaufszentren greifen. In Kinos, Museen oder Theatern muss bereits seit Mittwoch eine Impfung, eine überstandene Infektion oder ein negativer CoV-Test nachgewiesen werden.
Gesundheitsminister Olivier Veran verteidigte den Gesundheitspass und versprach: „Wir werden dem ein Ende setzen, sobald wir können.“ Er fügte hinzu: „Wenn 90 oder 95 Prozent der Bevölkerung geimpft sind, werden wir 300 Fälle pro Tag haben statt 20.000. Wir werden dann mit Covid leben, bis es von selbst verschwindet.“ Vor allem das linke politische Lager warnte vor einer Einschränkung der Freiheitsrechte. Abgelehnt wurde von den Abgeordneten der Regierungsvorschlag, den Gesundheitspass auch für Besuche in Alten- und Pflegeheimen verpflichtend zu machen.

Mehr als 20.000 Neuinfektionen pro Tag
Allein die Ankündigung der verschärften CoV-Regeln hat das Impftempo in Frankreich beschleunigt: Bis Freitag haben 58 Prozent der Bevölkerung mindestens eine Impfdosis erhalten, 48 Prozent sind bereits vollständig geimpft. Die Zahl der Neuinfektionen binnen 24 Stunden lag am Freitag bei knapp 21.500, die Zahl der CoV-Toten bei mehr als 110.000.
Gewalt bei Anti-Impf-Demonstration in Athen
Auch in Griechenland kam es bei Protesten gegen die Impfkampagne der Regierung zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. In der Hauptstadt Athen ging die Polizei am Samstag mit Tränengas und Wasserwerfern gegen Demonstranten vor, nachdem aus deren Reihen Molotowcocktails auf die Einsatzkräfte geworfen worden seien. Die Proteste richten sich gegen eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen, etwa im Gesundheitswesen.

Demos auch in Italien
Auch in mehreren italienischen Städten kam es am Samstag zu Demonstrationen gegen die neuen Anti-CoV-Maßnahmen der Regierung. Der Protest, den die Organisatoren als „Marsch für die Freiheit“ bezeichneten, richtete sich gegen die strengeren Zutrittsregeln zu Restaurants, Kinos, Museen und Theater.
Die Protestkundgebungen folgten auf eine Entscheidung der Regierung von Ministerpräsidenten Mario Draghi, angesichts steigender Infektionszahlen die CoV-Regeln zu verschärfen. Ab dem 6. August ist in dem Land unter anderem für Restaurantbesuche im Innenbereich, in Museen, Fitnessstudios und Schwimmbädern ein Impfnachweis, ein 48 Stunden lang gültiger negativer CoV-Test oder ein Genesungsnachweis notwendig. Die erweitere Nutzung des „Grünen Passes“ sei kein willkürlicher Akt, sondern eine Bedingung für Öffnungen, so Draghi.

„Freiheit, Freiheit!“, riefen die Demonstrantinnen und Demonstranten auf der Piazza del Popolo im Zentrum Roms. Sie skandierten Slogans gegen die „Gesundheitsdiktatur“. Sie kritisierten den „Grünen Pass“ als Instrument der Regierung, um auch Menschen zur Impfung zu zwingen, die von dem Vakzin nicht überzeugt seien. Die Organisatoren der Protestkundgebungen, die unter anderem in Mailand, Florenz und Neapel stattfanden, kündigten juristische Schritte gegen den Beschluss der italienischen Regierung an, den Ausnahmezustand vom 31. Juli bis Ende 2021 zu verlängern.