Plaster nach einer Impfung
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Auch Friseure und Masseure

Neuer Vorstoß für Ausdehnung der Impfpflicht

Die Vorsitzende der Bioethikkommission, Christiane Druml, hat sich für die Ausdehnung der Impfpflicht auf diverse Berufsgruppen ausgesprochen – darunter Friseure, Masseure, die Hand- und Fußkosmetik. Das sei nicht geplant, sagte Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) darauf. Auch in anderen europäischen Ländern wird darüber nachgedacht.

Druml schwebt eine Impfpflicht nicht nur im gesamten Bildungs-, Pflege- und Gesundheitsbereich vor, zu dem sie auch Apothekerinnen und Apotheker, 24-Stunden-Pflegerinnen und -Pfleger sowie Hebammen zählt, sondern für alle körpernahen Berufe wie Friseurinnen und Friseure, Masseurinnen und Masseure, Dienstleisterinnen und Dienstleister in der Hand- und Fußkosmetik, wie die Juristin gegenüber der „Kleinen Zeitung“ (Sonntag-Ausgabe) sagte.

Als Argument brachte sie die „gesamtgesellschaftliche Verpflichtung des Einzelnen“. Die Freiwilligkeit habe ihre Grenzen, wenn es um eine Erkrankung gehe, „die unser Wirtschafts- und Sozialsystem weltweit in einen Krisenmodus gebracht hat“, so Druml. Zudem gehe es um die Frage der Verhältnismäßigkeit. „Der Stich ist geringfügig, die Erkrankung ist aber gefährlich, und der Nutzen für die Gesamtbevölkerung ist ein sehr hoher.“

Einbindung der Lehrer „unerlässlich“

„Ohne Impfpflicht hätten wir die Pocken Ende der 1970er Jahre nie ausgerottet“, argumentierte die Chefin der im Bundeskanzleramt angesiedelten Bioethikkommission. Ein autonomes Agieren der Bundesländer in dieser Frage halte sie für absurd. „Ich wüsste nicht, warum es epidemiologisch begründbar ist, dass es in einem Bundesland die Verpflichtung gibt, im anderen nicht.“

Bioethikerin für Impfpflicht-Ausweitung

Die Vorsitzende der Bioethikkommission, Christiane Druml fordert eine Ausweitung der Impfpflicht auf diverse Berufsgruppen: auf das gesamte Personal im Bildungs-, Pflege- und Gesundheitsbereich sowie in körpernahen Berufen.

Und auch die Einbindung der Lehrerinnen und Lehrer hält Druml für „unerlässlich“, schließlich seien sie Multiplikatoren und sollten nach dem Prinzip des Nichtschadens und der Fürsorge für die Kinder handeln. Solange Kinder nicht geimpft werden können, hätten alle, die mit Kindern zu tun haben, eine besondere Verantwortung, sagte Druml.

Mückstein: „Keine generelle Impfpflicht“

Durch eine einfache Gesetzesänderung wäre eine Impfpflicht rechtlich möglich, sagte Verfassungsjurist Heinz Mayer am Sonntag zur Zeit im Bild. Die Gesetze zu ändern sei derzeit aber nicht geplant, hieß es aus dem Gesundheitsministerium. Mückstein sagte: „Ich halte eine generelle Impfpflicht nicht für zielführend. Ich bin aber dafür, dass Angestellte im Gesundheitswesen verpflichtend geimpft sein müssen. Die Träger können und sollen das jetzt schon einfordern.“

Auf Ähnliches für Lehrerinnen und Lehrer und Kindergärtnerinnen bzw. Kindergärtner hatte sich Mückstein dagegen am Samstag nicht einlassen wollen: Für den Bildungsbereich sei ÖVP-Minister Heinz Faßmann zuständig. Außerdem dränge sich für ihn in weiterer Folge die Frage auf, was etwa mit Polizistinnen und Polizisten oder Rettungsfahrerinnen und Rettungsfahrern sei („Das ist eine sehr heikle Diskussion, die breit geführt werden muss“).

Eine Impfpflicht als Voraussetzung für die Anstellung von Lehrerinnen und Lehrern würde für das kommende Schuljahr wohl zu spät kommen. Dazu brauche es eine gesetzliche Grundlage, hieß es indes aus dem Bildungsministerium. Derzeit gebe es kein entsprechendes Kriterium bei den Anstellungsvoraussetzungen. Faßmann rief aber zum wiederholten Mal die Eltern zur Impfung auf.

Nein von der FPÖ

Ein Nein zu einer Ausdehnung der Impfpflicht kam am Sonntag von der FPÖ: Die Ausdehnung der Impfpflicht auf Berufsgruppen bedeute nichts anderes als diese „durch die Hintertüre“ einzuführen, kritisierte deren Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch. „Sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber müssen endlich vor diesen Wahnsinnsideen geschützt werden.“ Die auf dem Markt befindlichen Impfstoffe schützten nicht vor der Infektionsweitergabe, so Belakowitsch, dementsprechend könne man mit diesen Vakzinen auch keine Herdenimmunität erreichen.

Der oberösterreichische FPÖ-Chef und Landeshauptmannstellvertreter Manfred Haimbuchner bezeichnete sich indes selbst als „grundsätzlichen Impfbefürworter“, allerdings sei das eine „hochprivate Entscheidung“. Eine generelle Impfpflicht sowie eine für Lehrerinnen und Lehrer lehnt er ab. Beim Pflegepersonal etwa würde er sich aber, wenn Experten das befürworten, „nicht querlegen“. Es gebe ohnehin in manchen Spitalsabteilungen bereits eine Masern-Impfpflicht. Aber das „kann nur für eine Neuanstellung in bestimmten Bereichen gelten“, sagte er, nicht für jemanden, der einen Beruf bereits ausübt.

Schützenhöfer für Impfpflicht in Nachtgastronomie

Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) sprach sich indes für eine Impfpflicht für Besucherinnen und Besucher der Nachtgastronomie aus. Wie steirische Medien am Samstag berichteten, sieht Schützenhöfer die PCR-Tests, die derzeit vom Bund als Alternative zur Impfung beim Eintritt vorgeschrieben werden, kritisch. Da die Auswertung bis zu 24 Stunden dauern kann, sei es fraglich, wie viele Jugendliche sich in der Realität für einen Discobesuch entscheiden würden.

Wartebereich bei Impfungstraße in Graz
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Wartebereich bei einer Impfstraße in Graz

Deutschland ringt um Impfquote

„Für alle Zeiten kann ich eine Impfpflicht nicht ausschließen“, sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) der dpa. „Es ist möglich, dass Varianten auftreten, die das erforderlich machen.“ Auch der deutsche Kanzleramtsminister Helge Braun hält eine Impfpflicht für denkbar – allerdings nicht in nächster Zukunft. Künftig würden Geimpfte „definitiv mehr Freiheiten haben als Ungeimpfte“, warnte Braun in der „Bild am Sonntag“. Dem widersprach CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet: Freiheitsrechte dürften nicht bestimmten Gruppen vorbehalten bleiben.

Viele Menschen wiegen sich in falscher Sicherheit, glaubt der Virologe Christian Drosten von der Charite in Berlin. Um einer schweren Winterwelle vorzubeugen, brauche es eine deutlich höhere Impfquote, sagte er im dpa-Interview. „Ich bin aber zunehmend besorgt über den Impffortschritt. Hier kommen wir nicht schnell genug voran, obwohl genug Impfstoff zur Verfügung steht.“

Proteste in Paris, Rom und Athen

Die französische Regierung will bis Sonntag im Schnellverfahren eine Gesetzesnovelle durchbringen, die unter anderem eine Impfpflicht für alle Gesundheits- und Pflegekräfte sowie Feuerwehrleute und andere Rettungskräfte bis spätestens 15. September vorsieht. Ansonsten droht ein Berufsverbot. Gegen die geplanten Maßnahmen und Nachteile für Ungeimpfte gingen am Samstag in ganz Frankreich mehr als 160.000 Menschen auf die Straßen.

Sowohl dort als auch bei einer Demonstration von Impfgegnern in Athen kam es zu Ausschreitungen und Festnahmen. Denn auch Griechenland hatte eine Impfpflicht für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Altersheimen und im Gesundheitsbereich angekündigt. Das sei nicht verfassungswidrig, wie Impfgegner immer wieder behaupteten, sagte Regierungschef Kyriakos Mitsotakis.

Auch in Italien protestierten am Samstag Tausende Menschen gegen strengere CoV-Regeln. Dort will die Regierung unter anderem dem Lehrerpersonal bis zum 20. August Zeit geben, um sich impfen zu lassen. Sollten bis dahin nicht alle Lehrerinnen und Lehrer immunisiert worden sein, könnte eine Impfpflicht eingeführt werden, wie sie bereits für das Gesundheitspersonal gilt, teilte der Gesundheitsstaatssekretär Andrea Costa mit. In Italien sind Ärzte und anderes medizinisches Personal bereits seit dem 25. Mai zur Immunisierung verpflichtet.