Der Ausschuss, angesiedelt im Repräsentantenhaus, nimmt seine Arbeit knapp fünf Wochen nach seiner Einsetzung im Juni auf. Ein Amtsenthebungsverfahren gegen Ex-Präsidenten Trump war am Nein der Republikaner im Senat gescheitert, ebenso der Versuch, eine Untersuchungskommission einzusetzen.
Zur Einsetzung des U-Ausschusses nutzte die demokratische Partei ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus. Dessen Sprecherin, die Demokratin Nancy Pelosi, kündigte ihn mit den Worten an: „Wir müssen unbedingt die Wahrheit über diesen Tag herausfinden und dafür sorgen, dass sich ein solcher Angriff nicht wiederholen“ könne. Der Sturm auf das Kapitol fand an dem Tag, an dem der Kongress den Wahlsieg des nunmehr amtierenden demokratischen US-Präsidenten Joe Biden im Kongress bestätigte, statt.
Republikaner gegen die Parteilinie
Dem U-Ausschuss gehören neben Demokratinnen und Demokraten auch republikanische Abgeordneten an, konkret solche, die sich gegen Trump gestellt hatten – und das ist gleichzeitig der hauptsächliche Grund für die innenpolitische Auseinandersetzung darüber. Zuletzt hatte Pelosi am Wochenende den republikanischen Abgeordneten Adam Kinzinger in das Gremium berufen. Er hatte seinerzeit gegen die Parteilinie für eine Amtsenthebung gestimmt.
Er habe den Eid geschworen, die US-Verfassung zu wahren und zu verteidigen, erklärte der Abgeordnete aus dem Bundesstaat Illinois. „Dieser Moment erfordert einen ernsthaften, klaren, überparteilichen Ansatz.“ Die Abgeordneten seien „verpflichtet, eine vollständige Untersuchung des schlimmsten Angriffs auf das Kapitol seit 1814 (dem Britisch-Amerikanischen Krieg, Anm.) vorzunehmen und sicherzustellen, dass so etwas nie wieder passieren kann“.
„Politisches Spiel“ und „vorgefasstes Narrativ“
Der republikanische Minderheitsführer im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, reagierte erbost über die Berufung Kinzingers. Pelosi habe Abgeordnete nominiert, die deren „vorgefasstes Narrativ“ teilten, also eine befangene Sicht der Dinge hätten, sagte er.
Auf diese Weise werde der Ausschuss „keine seriöse Untersuchung“ vornehmen können. Ihm gehören auch die Republikanerin Liz Cheney, ebenfalls eine Kritikerin Trumps, und sieben demokratische Abgeordnete an. Leiten wird ihn der Demokrat Benni Thompson.
Für Amtsenthebung Trumps gestimmt
Zwei von McCarthy nominierte Kandidaten – die Abgeordneten Jim Banks und Jim Jordan – hatte Pelosi wegen ihrer Nähe zum früheren Präsidenten abgelehnt. McCarthy warf Pelosi daraufhin „Machtmissbrauch“ und ein „politisches Spiel“ vor.
Die „Washington Post“ zitierte die demokratische Mehrheitsführerin nun mit den Worten, Kinzinger bringe eine große Portion Patriotismus in den Ausschuss mit. Der 43-Jährige hatte bis 2010 bei der United States Air Force gedient und war als Pilot unter anderem im Irak und in Afghanistan eingesetzt. Kinzinger und Cheney, Abgeordnete aus Wyoming, waren unter jenen zehn republikanischen Abgeordneten gewesen, die für eine Amtsenthebung Trumps stimmten, und sie waren die beiden, die sich für den Ausschuss aussprachen.
„Lügen und Verschwörungstheorien verbreitet“
Nun hieß es laut „Washington Post“ in einer Stellungnahme Kinzingers, monatelang seien „Lügen und Verschwörungstheorien verbreitet worden“, monatelang habe er gesagt, „die Amerikaner verdienten Transparenz und Wahrheit“, die Wahrheit darüber, „wie und wieso Tausende dazu kamen, unsere Demokratie anzugreifen“. Er werde gewissenhaft arbeiten, um diese Wahrheit herauszufinden und sicherzustellen, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen würden.
Öl in das politische Feuer
Der Sturm radikaler Trump-Anhänger auf den Sitz des US-Kongresses hatte das gesamte Land schwer erschüttert und gilt als schwarzer Tag für die US-Demokratie. Während der gewaltsamen Auseinandersetzungen kamen fünf Menschen ums Leben, darunter ein Polizist. Die Nationalgarde wurde mobilgemacht und zog erst Monate später wieder vom Kapitol ab. Trump hatte zuvor am 6. Jänner reichlich Öl in das bereits schwelende politische Feuer gegossen und bei einem Auftritt in der US-Hauptstadt seinen – nie belegten – Vorwurf des schweren Wahlbetrugs wiederholt.
„Kämpfen“ – so und so
Wenn sie nicht auf Teufel komm raus kämpften, würden sie ihr Land verlieren („if you don’t fight like hell you’re not going to have a country anymore“), beschwor er seine Anhängerinnen und Anhänger. Seine Anwälte sollten später behaupten, das Wort „kämpfen“ sei nicht wörtlich gemeint gewesen, offenbar verstanden es aber viele so.
Die BBC analysierte das Transkript der „Save America“-Rede wenige Wochen später und hielt fest, dass das Zitat zumindest im damaligen Kontext als Aufruf zu tatsächlicher Gewalt verstanden hätte werden können. Selbst als die Auseinandersetzungen am Kapitol bereits begonnen hatten, sprach er, wie aus einer Sammlung von Zitaten Trumps zum 6. Jänner, veröffentlicht erst vor wenigen Tagen in der „New York Times“, hervorgeht, von einer „gestohlenen Wahl“.