Gelbe Tulpen
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„Wie Tulpenmanie“

Hedgefonds warnt vor Boom bei Kryptogeld

Der Wert der Kryptowährung Bitcoin legt seit Monaten eine abenteuerliche Berg-und-Tal-Fahrt hin. Sehr trocken hat nun der Manager des weltweit größten börsennotierten Hedgefonds Man Group, Luke Ellis, Kryptowährungen eingestuft. Er verglich den Boom um Bitcoin & Co. mit der wohl bekanntesten Spekulationsblase: jener um Tulpenzwiebel im 17. Jahrhundert.

Kryptowährungen sind seit Monaten eines der „heißesten“ Themen für Anlegerinnen und Anleger. Der Kurs von Bitcoin hat binnen kurzer Zeit einen unglaublichen Verlauf genommen: Lag der Wert Anfang 2020 noch bei rund 7.000 Dollar (5.900 Euro), erreichte die Kryptowährung Mitte Mai dieses Jahres mit mehr als 60.000 Dollar ihren bisherigen Höhepunkt und verlor seither etwa wieder die Hälfte des Werts. Mitte letzter Woche lag Bitcoin unter 32.000 Dollar. Am Montag übertraf sie wieder die 38.000-Dollar-Marke.

Stark beeinflusst wird der Kurs auch von Aussagen von Tesla-Gründer Elon Musk. Notenbanken weltweit überlegen, ob und wie Kryptowährungen reguliert werden sollen. Sie sind zudem wegen ihrer Rolle beim Waschen von Schwarzgeld im Visier. Das „Wall Street Journal“ („WSJ“) befand daher am Wochenende bereits, Bitcoin habe den Test als sicherer Hafen vor Inflation nicht bestanden.

Ein Gemälde aus dem Jahr 1637 stellt die niederländische Tulpenmanie dar
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Eine zeitgenössische Satire auf die Tulpenmanie von 1637

Ellis: Kein echter Wert

All das hält viele Anlegerinnen und Anleger aber nicht davon ab, groß in diverse Kryptowährungen zu investieren. Der Hedgefonds-Manager Ellis warnte aber nun laut „Financial Times“, dass Kryptowährungen – anders als etwa Immobilien- oder IT-Aktien – keinen echten Wert darstellten.

Die Tulpenmanie

Tulpenzwiebeln wurden in den Niederlanden im 17. Jahrhundert vom Liebhaberobjekt der Oberschicht zu einem Spekulationsobjekt. Die Tulpenmanie gilt als erste Spekulationsblase, die auch relativ gut dokumentiert ist, und wurde zum Synonym für hochriskante, irrationale Investments.

Er verglich den Spekulationsboom rund um Kryptowährungen mit den wilden Spekulationen und horrenden Preisen für Tulpenzwiebeln im 17. Jahrhundert. „Wenn man sich die Kryptowährungen als Ganzes ansieht, ist es ein reines Handelsinstrument. Sie haben selbst keinen Wert. Es ist eine Tulpenzwiebel“, so Ellis wörtlich.

Freilich handelt der Hedgefonds trotzdem mit Kryptowährungen. Ellis erklärt das laut „Financial Times“ allerdings damit, dass es hier wegen der enormen Preisschwankungen viel zu gewinnen gebe.

Für Ellis kein sicherer Hafen gegen Inflation

Ellis glaubt, so wie viele Investoren, daran, dass die den Kryptowährungen zugrundeliegende Blockchain-Technologie die Bezahlsysteme deutlich verbessern könnte, so das „Handelsblatt“. Er zweifle aber am Argument von Befürwortern der Kryptowährung, dass diese inflationssicher sei, weil die Zahl der Tokens, die ausgegeben werden können, von Beginn an begrenzt ist.

„Man kann eine unbegrenzte Zahl unterschiedlicher Kryptowährungen haben“, so Ellis, denn: „Jeder kann jederzeit eine Kryptowährung einführen.“

Verständnis für Suche nach Alternativen

Der Hedgefonds-Manager versteht demnach aber sehr wohl die Motivation von Anlegerinnen und Anlegern, sich gegen eine künftige drohende Inflation abzusichern, auch wenn er Kryptowährungen dafür offenbar für ungeeignet hält. Die niedrigen Zinsraten würden vorläufig bleiben, „bis die Zentralbanken die Kontrolle verlieren, und wenn sie die Kontrolle verlieren, wird es nicht lustig werden“.

Proponenten von Bitcoin werben seit Jahren mit dem Argument für die Kryptowährung, dass man sich damit gegen inflationsbedingte Verluste absichern könne. Begründung dabei ist die mit 21 Millionen begrenzte Zahl an Bitcoin-Tokens, die je geschaffen werden können. Ernsthaft getestet wurde Bitcoin sowieso noch nicht, da sowohl in den USA wie auch in Europa die Inflation nie stärker und länger über die Zwei-Prozent-Grenze stieg.

Inflation steigt – und Bitcoin fällt

In den USA wurden in den letzten Wochen mit einer stark gestiegenen Inflationsrate – sie schnellte zuletzt im Juni auf 5,4 Prozent – die entsprechenden Sorgen an der Börse befeuert. Gleichzeitig fiel der Bitcoin-Preis, was der These, als Inflationsabsicherung zu dienen, widerspricht. Freilich gaben auch der Preis von Gold und Staatsanleihen nach – ein Hinweis darauf, dass Anleger weniger die Angst vor Inflation als vor einem Einbruch der Konjunktur umtreibt.

Eswar Prasad, Börsenexperte an der Cornell University, betonte gegenüber dem „WSJ“, dass nicht die begrenzte Zahl an Bitcoins Quelle des Werts sei. Der Wert der Kryptowährung werde viel stärker von regulatorischen Veränderungen und Tweets einflussreicher Nutzer wie Elon Musk beeinflusst, so Prasad. „Es ist ein guter Wert, wenn man es zum richtigen Zeitpunkt gekauft hat – wie bei jedem spekulativen Boom“, so Prasad.

Der Bostoner Wirtschaftsprofessor Leonard Kostovetsky betonte gegenüber dem „Wirtschaftsblatt“, es sei, „wie einen Lotterieschein kaufen“. Um Absicherung gegen Inflation gehe es den Käuferinnen und Käufern derzeit kaum. Kostovetsky räumte aber ein, dass es derzeit noch zu früh sei, um die Rolle von Bitcoin in Sachen Inflation abschließend beurteilen zu können.