Bosnische Serben kündigen Boykott an

Nach dem Verbot der Leugnung von Völkermord durch den internationalen Bosnien-Beauftragten haben Vertreter der bosnischen Serben einen Boykott aller wichtigen Institutionen des Landes angekündigt.

„Ab morgen werden die serbischen politischen Vertreter nicht mehr an der Arbeit der gemeinsamen Institutionen von Bosnien und Herzegowina teilnehmen“, sagte Branislav Borenovic, einer der Oppositionsführer der serbischen Teilrepublik Srpska.

Budgetbeschluss in Gefahr

Der Staat Bosnien und Herzegowina setzt sich zusammen aus der Teilrepublik Srpska und einer muslimisch-kroatischen Föderation. Alle drei Teile sind in der Präsidentschaft des Staates vertreten, der Vorsitz rotiert. Sowohl die Präsidentschaft als auch das Parlament und die Regierung würden boykottiert, erklärte Borenovic. Damit wird die politische Arbeit im Land de facto blockiert, weil die Institutionen auf die Zustimmung aller Vertreter angewiesen sind.

Ein erstes Opfer der Entscheidung dürfte schon heute das Budget für das laufende Jahr werden. Das Parlament soll sich mit dem Budgetentwurf befassen. Ohne Vertreter der serbischen Volksgruppe kann allerdings keine Entscheidung getroffen werden.

Leugnungsverbot als Auslöser

Auslöser des politischen Konflikts war eine Entscheidung des UNO-Gesandten für Bosnien und Herzegowina, des österreichischen Diplomaten Valentin Inzko. Dieser hatte vergangene Woche kurz vor seinem Ausscheiden die Macht seines Amtes genutzt und dem bosnischen Strafgesetzbuch mehrere Änderungen hinzugefügt. Darunter waren auch Haftstrafen für die Leugnung von Völkermord. Die Entscheidung tritt Ende dieser Woche in Kraft.

Die Änderung des Gesetzbuches zielte offensichtlich auf den serbischen Umgang mit dem Massaker von Srebrenica von 1995 ab. Die serbischen Vertreter in Bosnien sowie Politiker in Serbien streiten in der Regel ab, dass es sich bei dem Massaker um einen Völkermord handelte.

In Srebrenica hatten bosnisch-serbische Einheiten im Sommer 1995 rund 8.000 muslimische Männer und Burschen ermordet. Das Massaker gilt als das schlimmste Kriegsverbrechen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg.

Deutscher Ex-Minister Schmidt übernimmt

Am 1. August übernimmt der ehemalige deutsche Landwirtschaftsminister Christian Schmidt das Amt des Hohen Repräsentanten in Bosnien-Herzegowina. Die bosnischen Serben hatten bereits vor dem aktuellen Eklat angekündigt, nicht mit dem neuen internationalen Bosnien-Beauftragten zusammenarbeiten zu wollen.