Queen Elizabeth
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Zu ihren Gunsten

Queen ließ Ökogesetz heimlich ändern

Die britische Queen Elizabeth II. hat bei einem schottischen Ökogesetz heimlich für eine Ausnahme zu ihren Gunsten interveniert. Dabei nutzte sie ein jahrhundertealtes Privileg, das ihr gestattet, Einfluss auf die Gesetzgebung zu nehmen. Wie der „Guardian“ enthüllte, habe sie sich so als einzige Person Schottlands vom Gebrauch erneuerbarer Energie entbinden lassen.

In den Commonwealth-Staaten gilt die Regelung des „Queen’s Consent“, wonach es der Zustimmung der Königin bedarf, damit dem Parlament ein Gesetzesentwurf vorgelegt werden kann, wenn er die königlichen Interessen betreffen könnte. Auch das schottische Parlament hält sich an dieses Zustimmungserfordernis.

Wie die Tageszeitung „The Guardian“ (Onlineausgabe) berichtete, intervenierten Anwälte der Königin Anfang des Jahres heimlich bei schottischen Ministern, um einen Gesetzesentwurf zur Reduzierung der CO2-Emissionen zu ändern. Das Gesetz sah den Bau von Fernwärmeleitungen vor, um Wohn- und Geschäftshäuser mit erneuerbarer Energie zu beheizen, anstatt mit separaten fossilen Heizkesseln. Dafür sollte auch Grundbesitz enteignet werden dürfen.

Als einzige Person befreit

Laut dem Büro des damaligen Energieministers Paul Wheelhouse hätten die Anwälte der Königin jedoch Bedenken geäußert, schrieb der „Guardian“. Wheelhouse habe daraufhin einen Änderungsantrag eingebracht, der nur für das Land im Privatbesitz der Königin gilt und verhindert, dass ihr Land zum Bau der Ökoleitungen enteignet und umgegraben werden könnte. Dem schottischen Abgeordneten Andy Wightman, der eine Ausnahme für die Königin für „falsch“ erachtete, habe Wheelhouse in der Parlamentsdebatte geantwortet, die Ausnahme sei „erforderlich, um eine reibungslose Verabschiedung des Gesetzesentwurfs zu gewährleisten“.

Windräder in Schottland
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Schottland treibt die Verlagerung von fossiler zu nachhaltiger Energie rasant voran

Dass Anwälte der Königin zuvor interveniert hatten, habe Wheelhouse jedoch verschwiegen. Die Änderung wurde beschlossen, und die Königin erteilte ihre Zustimmung zum Gesetz. Nachdem Wightman später über die Intervention informiert worden war, zeigte er sich dem „Guardian“ zufolge „schockiert“: „Das hätte in der Debatte gesagt werden müssen.“

Nichtsdestotrotz ist die Königin als eine der größten Landbesitzerinnen in Schottland nun als einzige Person im Land nicht dazu verpflichtet, den Bau von Leitungen zur Beheizung von Gebäuden mit erneuerbarer Energie zu ermöglichen. Ihre Intervention sei umso erstaunlicher, als ihr Sohn Prinz Charles und ihr Enkel Prinz William gern ihr Engagement für den Klimaschutz hervorheben, so der „Guardian“.

„Reine Formalität“ oder nicht?

Der Buckingham-Palast betonte laut „Guardian“, der „Queen’s Consent“ sei ein parlamentarischer Akt, bei dem die Königin eine „rein formale Rolle“ übernehme und der immer erteilt werde, wenn die Regierung das erbittet. „Ob der ‚Queen’s Consent‘ nötig ist, entscheidet das Parlament, unabhängig vom Königshaus, in Fragen, die Interessen der Krone betreffen, inbegriffen persönlichen Besitz und persönliche Interessen der Monarchin“, so der Palast.

Balmoral Castle
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Die Sommerresidenz der Queen, Balmoral Castle, liegt in den schottischen Highlands

Es gibt jedoch zunehmend Beispiele, wie die Königin zwischen den späten 1960er und den 1980er Jahren wiederholt ihren privilegierten Zugang zu Gesetzesentwürfen nutzte, um Minister dazu zu bewegen, die britische Gesetzgebung zu ihren Gunsten zu ändern. So soll es ihr laut „Guardian“ etwa gelungen sein, den Umfang ihres privaten Vermögens zu verschleiern. In einem anderen Fall soll die Regierung darauf verzichtet haben, dass die allgemeinen Verkehrsregeln auch auf den königlichen Gütern Balmoral und Sandringham gelten.

Der Verfassungsrechtler der University of Liverpool, Adam Tucker, sagte, die Enthüllungen machten deutlich, dass der „Queen’s Consent“ mehr als eine bloße Formalität sei und „ernsthafte Bedenken hinsichtlich des Fortbestands dieser Praxis wecken sollte“. Auch der kürzlich als Vorsitzender der schottischen Liberaldemokraten zurückgetretene Willie Rennie kritisierte die „geheimen Türen“ zur Gesetzgebung für die Monarchie. „Andere, die sich für Veränderungen einsetzen, müssen das deklarieren. Das sollte für alle gelten“, sagte Rennie, „jede dieser Interventionen sollte öffentlich gemacht werden.“

Schottische Regierung schweigt

Die schottische Regierung um Nicola Sturgeon beantwortete jedoch keine Fragen zur Zahl der Gesetzesentwürfe, die besondere Ausnahmen für die Königin vorsahen. In einer kurzen Erklärung hieß es: „Die Zustimmung der Krone ist gesetzlich vorgeschrieben, wenn eine Gesetzesvorlage das Privateigentum oder die Interessen des Souveräns berührt – und das ist in diesem Fall der Fall.“

Schottland mit seinen rund 5,5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern treibt die Verlagerung von fossiler zu nachhaltiger Energie ambitioniert voran. Bereits 97,4 Prozent seiner benötigten Elektrizität gewinnt das Land mit erneuerbaren Energien, der Anteil ist in jüngster Vergangenheit rasant gestiegen. Vorbei sind die Tage des Öls aber nicht. Rund zehn Prozent des schottischen Bruttoinlandsprodukts entfallen weiterhin auf Öl- und Gasförderung und zugehörige Dienstleistungen.