„Die große Sorge vor der Wolke“ und „Wie giftig sind die Stoffe aus der Rauchwolke?“ lauteten Schlagzeilen zu der Katastrophe, zu der es am Dienstag durch eine schwere Explosion in einer Müllverbrennungsanlage auf dem Werksgelände gekommen war. Mindestens fünf Menschen starben, zwei werden noch vermisst. 31 Personen wurden verletzt.

Donnerstagfrüh hieß es in deutschen Medienberichten, die Einsatzkräfte konzentrierten sich in Abstimmung mit den Behörden auf die Vorbereitung der Aufräum- und Bergearbeiten. Parallel laufe auch die Suche nach den Vermissten weiter, wurde ein Sprecher des Werksbetreibers Currenta zitiert. Er fügte hinzu: „Wir haben keine Hoffnung mehr, jemanden lebend zu finden.“ Am Donnerstagnachmittag meldeten Staatsanwaltschaft und Polizei in Köln, dass drei weitere Leichen gefunden worden seien. Die Anzahl der Todesopfer steig damit von zwei auf fünf.
Gefahrenstufe „extrem“ nach der Explosion
Die Behörden würden nun die Ermittlungen zur Ursache der Katastrophe aufnehmen. Dazu solle eine erste Begehung gemeinsam mit Sachverständigen und Verantwortlichen des Chemparks stattfinden. Bei der Kölner Polizei wurde dazu auch eine Ermittlungsgruppe eingerichtet. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung und fahrlässiges Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion gegen unbekannt.

Nicht nur Anrainerinnen und Anrainer beschäftigt die Frage, ob das Unglück mögliche gefährliche Spätfolgen hinterlassen hat. Die Explosion samt Brand und riesiger Rauchwolke war vom deutschen Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) als „extreme Gefahr“ eingestuft worden, die Bevölkerung wurde angewiesen, die Fenster und Türen geschlossen zu halten. In der Umgebung wurden Autobahnen vorübergehend gesperrt.
Bisher keine fundierten Ergebnisse
Die „Süddeutsche Zeitung“ schrieb am Mittwochabend, dass Giftstoffe „möglicherweise in Gärten, auf Spielplätze und Hauseingänge getragen worden“ seien. Das sorge für große Verunsicherung in der Bevölkerung. Der Grund: Das Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen (Lanuv NRW) gehe derzeit davon aus, dass die Wolke offenbar Dioxin-, PCB- und Furanverbindungen enthalten habe. Dioxine (Stichwort: „Seveso-Gift“), Polychlorierte Biphenyle (PCB) und Furane sind organische Verbindungen, extrem giftig und gesundheitsschädlich. Ähnliches berichtete am Donnerstag auch das ZDF. In der Anlage werden chemisch belastete Abfälle verbrannt.
Vom Lanuv NRW selbst hieß es am Donnerstag auf seiner Website in einer Klarstellung zur laufenden medialen Berichterstattung, Proben würden derzeit untersucht, bisher gebe es noch keine Ergebnisse: „Die Proben werden untersucht, weil bei einem Brand von chlorhaltigen Lösungsmitteln unter anderem Dioxinverbindungen entstehen können. Analyseergebnisse werden voraussichtlich Ende der Woche vorliegen.“
Ruß nicht berühren, verschmutztes Obst nicht essen
Stadt Leverkusen und Umweltamt hätten bereits Maßnahmen zur Gesundheitsvorsorge abgestimmt und Hinweise veröffentlicht. Verrußte Flächen sollten etwa möglichst nicht berührt und selbst gereinigt werden. Currenta organisiere mobile Reinigungsteams. Obst und Gemüse, das verschmutzt ist, sollte nicht verzehrt werden. Von der Stadt Leverkusen und vom Chempark-Betreiber Currenta wurden Hotlines eingerichtet.

Die Arbeit der Brandermittler dürfte sich schwierig gestalten, der Einsatz vermutlich Tage dauern. „Das Betreten des Schadensortes ist für Rettungskräfte und Brandermittler weiterhin nur stark eingeschränkt möglich“, hatte die Polizei am Mittwoch betont. Um sich einen Überblick zu verschaffen, würden etwa Beispiel Drohnen eingesetzt.
Die Frage Sicherheitsabstand in der „Chemiestadt“
Der WDR stellte am Donnerstag die Frage, ob der Sicherheitsabstand zwischen Chempark und Wohnsiedlungen nicht zu klein und daher ein zusätzliches Risiko sei. Immerhin stünden etwa die ersten Häuser von Leverkusen-Bürrig nur rund 800 Meter östlich vom Explosionsort, der Kölner Stadtteil Merkenich liege westlich in etwa 1,5 Kilometer Entfernung.

Das Lanuv NRW und der Verband der Chemischen Industrie (VCI) betonten, es gebe keine einheitlichen Regelungen bezüglich eines „Sicherheitsabstand“. Der hänge, grob gesagt, davon ab, was auf einem Gelände verarbeitet wird. Leverkusen gilt seit langer Zeit (früher mit der Bayer AG) als die deutsche die „Chemiestadt“ schlechthin, große Werksgelände wurden gebaut, ebenso Personalwohnungen in der Nähe, man spreche also, hieß es vom VCI, „hier über eine historisch gewachsene Gemengelage“.