Kellnerin mit Tablett
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Kocher zu Gastro

Arbeitskräftemangel vorübergehend

Die Lage auf dem heimischen Arbeitsmarkt verbessert sich weiter. Gleichzeitig gibt es einzelne Branchen, die unter akutem Arbeitskräftemangel leiden. Teils liegt es daran, dass es zu wenig entsprechend Ausgebildete gibt – zum anderen Teil, insbesondere in Gastro und Hotellerie, ist es laut ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher aber ein vorübergehendes Problem.

Kocher betonte bei der Präsentation der Juli-Arbeitslosenzahlen am Montag, dass der Arbeitsmarkt aktuell sehr dynamisch sei. Das zeige der Rekordstand an offenen Stellen – inklusive Lehrstellen sind es aktuell 120.000. Kocher betonte, das sei allerdings nur eine Momentaufnahme, die Stellen würden ständig vermittelt, und neue offene Stellen kämen stattdessen dazu. Die hohe Zahl bedeute nicht, dass 120.000 bestimmte Stellen nicht besetzt werden könnten.

Den akuten Mangel an Arbeitskräften in Gastronomie und Hotellerie sieht Kocher relativ gelassen. Dieser werde sich entspannen, zeigte sich Kocher überzeugt. Da seien mehrere Faktoren zusammengekommen. Einerseits dass die Öffnungen in den Dienstleistungsbranchen großteils gleichzeitig stattfanden, außerdem hätten Unternehmen in der Branche wenig auf Kurzarbeit gesetzt, wodurch sie sich nun vielfach neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter suchen müssten.

Kocher sieht positive Entwicklung auf Arbeitsmarkt

Arbeitsminister Martin Kocher sieht eine sehr positive Entwicklung, freilich werde die Arbeitslosigkeit nach den Öffnungen der Dienstleistungsbranchen künftig langsamer zurückgehen.

Ein Hauptfaktor aus Sicht Kochers ist zudem, dass viele Saisonarbeiterinnen und -arbeiter nicht zurückgekommen seien. Kocher erklärte das damit, dass diese nicht in Österreich Arbeitslosengeld erhalten, sondern in ihrer Heimat, wo es viel niedriger ist. Viele hätten sich daher in den letzten eineinhalb Jahren einen anderen Job suchen müssen. Kocher glaubt aber, dass neue Saisonniers mit der Zeit nachkommen werden.

Kopf: Keine Abwanderung aus Branche

AMS-Chef Johannes Kopf betonte im Ö1-Mittagsjournal, dass es eigentlich keine Abwanderung von Personal aus der Tourismusbranche gab. Aber es fehle an neuem Personal. Kopf sagte, gerade im Tourismaus müssten sich auch die Arbeitgeber stärker um Mitarbeiter bemühen, etwa indem sie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern.

„Mismatch wird uns länger erhalten bleiben“

Kocher räumte seinerseits ein, dass es in gewissen Bereichen tatsächlich zu wenig qualifiziertes Personal gibt. Dieser „Mismatch“ – das von den Anforderungen her gesehen fehlende Zusammenpassen offener Stellen und Arbeitssuchender – „wird uns länger erhalten bleiben“. Der Strukturwandel, etwa weg von Ölheizungen hin zu alternativen Energien, werde das mittreiben. Hier sei es wichtig, innerhalb und außerhalb von Betrieben ein passendes Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebot zu schaffen.

Annäherung an Niveau vor der Krise

Insgesamt setzt sich die Erholung auf dem heimischen Arbeitsmarkt fort: Ende Juli waren rund 344.000 Leute ohne Job, um rund 16.000 weniger als vor einem Monat. Der Löwenanteil davon betraf die Tourismusbranche. 282.685 Personen waren beim AMS arbeitslos gemeldet, um 6.177 weniger als im Vormonat. Auch die Anzahl der Schulungsteilnehmer ging um rund 10.000 auf 61.254 zurück. Damit gebe es jetzt nur noch um 10.900 Arbeitslose mehr als vor der Krise, teilte das Arbeitsministerium am Montag mit.

Im Vorjahresvergleich sei die Arbeitslosigkeit um 101.266 zurückgegangen, hieß es in der Mitteilung, sie liege jetzt auf dem Niveau von 2018. Die Arbeitslosenquote beträgt 6,7 Prozent und liegt damit nur noch knapp über der Marke von Juli 2019 mit 6,5 Prozent.

Laut Kocher haben zwei Bundesländer, Kärnten und Niederösterreich das Niveau von 2019 bereits unterschritten. Burgenland, Oberösterreich und Salzburg hätten das Vorkrisenniveau annähernd erreicht.

Rekord an offenen Stellen

Gleichzeitig liege die Anzahl der offenen Stellen mit rund 113.000 auf Rekordniveau, heißt es aus dem Ministerium. Inklusive Lehrstellen seien es sogar 120.000. Die Langzeitarbeitslosigkeit ist aber noch deutlich höher als vor der CoV-Krise. Seit dem Höhepunkt Ende April ist sie um rund 18.000 auf 130.000 zurückgegangen.

Die Kurzarbeit – hier ist seit Anfang Juli die nächste Phase in Kraft – wird laut Kocher signifikant zurückgehen. Beziffern wollte er den Rückgang noch nicht. Der Grund: Bis Mitte August kann noch nachträglich Kurzarbeit ab 1. Juli beantragt werden.

Geschlechterkluft geschlossen

Der Arbeitsminister strich zudem hervor, dass sich die Kluft zwischen Männern und Frauen beim Rückgang der Arbeitslosigkeit geschlossen habe. Denn dank der Öffnungen in den Dienstleistungsbranchen sei die Arbeitslosigkeit bei Frauen zuletzt deutlich rascher zurückgegangen als bei Männern. Bei letzteren war sie freilich zuvor deutlich stärker gesunken, was eine entsprechende Kluft nach Geschlecht betrachtet ergab. Kocher verwies zugleich darauf, dass das AMS-Förderbudget zugunsten von Frauen erneut geändert wurde. Die Überförderung von Frauen im Verhältnis zu Männern sei nochmals leicht angehoben worden.

Die Langzeitarbeitslosigkeit, also wenn jemand länger als ein Jahr keinen Job hat, könne nicht „von heute auf morgen“ gesenkt werden, sagte Kocher, aber auch hier gebe es erfreulicherweise einen Rückgang.

Kocher betonte, dass so starke Rückgänge bei der Arbeitslosigkeit wie zuletzt in den nächsten Monaten nicht mehr zu erwarten seien. Aber er rechnet damit, dass es – langsam – weiter in Richtung Vorkrisenniveau geht. Entscheidend werde sein, dass im Herbst pandemietechnisch keine größeren Einschränkungen nötig sein werden. Daher appellierte auch Kocher an alle, sich impfen zu lassen.

NEOS-Wirtschafts- und Sozialsprecher Gerald Loacker kritisierte angesichts der Rekordzahl an offenen Stellen erneut das Festhalten der Bundesregierung an der CoV-Kurzarbeit. Mittlerweile würde diese Arbeitskräfte, die für viele Branchen überlebenswichtig seien, „fesseln“.