Passanten vor der Tower Bridge
Reuters/Henry Nicholls
Zu viele in Quarantäne

Großbritannien ändert Regeln bei CoV-App

In den vergangenen Wochen sind Hunderttausende Menschen in England und Wales via CoV-App aufgefordert worden, sich wegen engen Kontakts zu Menschen, die später positiv getestet wurden, selbst zu isolieren. Die wirtschaftlichen Konsequenzen der Massenquarantäne sind enorm. Nun lockert die Regierung mit einer Regeländerung die Vorgaben.

Künftig soll die App nur noch anschlagen, wenn in den vergangenen zwei Tagen einen Kontakt zu einem positiv Getesteten erfolgte, hieß es am Montag vonseiten des britischen Gesundheitsministeriums. Bisher ging die Suche fünf Tage zurück. Auch vollständig Geimpfte müssen in Selbstisolation. Vonseiten des Ministeriums wurde betonte, dass das Update weder die Empfindlichkeit der App noch die Risikoschwelle ändere.

„Dieses Update der App wird dazu beitragen, dass wir die richtige Balance finden“, sagte Gesundheitsminister Sajid Javid. „Wir wollen die Störungen reduzieren, die die Selbstisolation für Menschen und Unternehmen verursachen kann, und gleichzeitig sicherstellen, dass wir die am stärksten gefährdeten Personen vor diesem Virus schützen.“ Unter Berufung auf Regierungsbeamte berichtete der Sender Sky News, dass die CoV-App in den ersten drei Wochen im Juli dazu beigetragen habe, mehr als 50.000 Neuinfektionen und 1.600 Krankenhauseinweisungen zu vermeiden.

Angestellte in einem leeren Restaurant
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Das „Ping“ bei der britischen CoV-App schlug in den vergangenen Wochen Hunderttausende Male an

Massentests statt „Massenisolation“ gefordert

Der Ausfall Hunderttausender Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen brachte aber zahlreiche Branchen in die Bredouille. Supermarktregale blieben leer, Restaurants blieben geschlossen, Müll wurde nicht abtransportiert, Verkehrsunternehmen musste Fahrpläne ändern, und Lkw-Fahrer fielen aus. Die personellen Engpässe wurden in Großbritannien „Pingdemic“ genannt. Diese Bezeichnung wird von dem „Ping“ der App abgleitet, das ertönt, wenn man über einen CoV-positiven Kontakt informiert wird.

Erst am Wochenende hatte die Wirtschaft die Abschaffung der Selbstisolation gefordert. „Massenisolation“ müsse durch Massentests ersetzt werden, sagte der Chef des Industrieverbands CBI, Tony Danker. Auch die Opposition forderte, die Bestimmungen früher als geplant zu ändern. Bisher war geplant, die Regeln erst am 16. August zu ändern. Dann sollen auch vollständig Geimpfte trotz App-Warnung mit einem negativen Test das Haus verlassen dürfen.

Angestellte in einem leeren Restaurant
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Die Massenquarantäne führte zu enormem Personalmangel in vielen Branchen

Die gehäufte Aufforderung zur Quarantäne war eine Begleiterscheinung zu den weitgehenden Lockerungen in England. Abstand und Maske sind hier an vielen Orten freiwillig. Schottland, Wales und Nordirland haben eigene Maßnahmen und sind vorsichtiger. Premierminister Boris Johnson hatte die Lockerungen damit begründet, dass die Impfungen nun den Zusammenhang zwischen Coronavirus-Fällen und Todesfällen weitgehend aufgehoben haben.

Ausnahmen für systemrelevante Berufe

Aufgrund der starken Auswirkungen in systemrelevanten Bereichen hatte die britische Regierung bereits vor einigen Tagen in manchen Branchen die Notbremse gezogen. In strategisch wichtigen Berufen wie im Lebensmittelhandel, bei Zugsführern und Feuerwehrleuten wurden Ausnahmen eingeführt. Beschäftigte hier dürfen trotz App-Warnung mit einem negativen Test zur Arbeit erscheinen. Gewerkschaften hatten diese Ausnahmen scharf kritisiert und Arbeitnehmer aufgerufen, trotz der Ausnahme zu Hause zu bleiben, um kein Gesundheitsrisiko einzugehen.

Seit Montag müssen nun vollständig geimpfte Reisende und Minderjährige aus fast allen EU-Staaten, darunter auch Österreich, und den USA nach ihrer Ankunft in Großbritannien nicht mehr in Quarantäne. Nun ist nur noch ein CoV-Test spätestens am zweiten Tag nach der Einreise erforderlich.