Tanker „Mercer Street“
Reuters/Rula Rouhana
Golf von Oman

Rätsel um mögliche Tankerentführung

Vor der Küste der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) ist im Golf von Oman offenbar ein Schiff entführt worden. Die britische Warnzentrale für die Seefahrt (UKMTO) warnte am Dienstag zunächst wegen eines „Zwischenfalls“ und riet dann zu „extremer“ Vorsicht. Erst Mittwochfrüh hieß es, der Vorfall sei beendet.

Der „Zwischenfall“ ereignete sich laut UKMTO etwa 60 Seemeilen östlich des Emirats Fudschaira. Alle Schiffe in der Nähe sollten „extrem vorsichtig“ sein, hieß es zunächst. Die UKMTO sprach kurz darauf in einer weiteren Warnung von einer „möglichen Entführung“, ohne weitere Details zu nennen. Laut der auf maritime Sicherheit spezialisierten Firma Dryad Global soll das Schiff „Asphalt Princess“ involviert sein, ein unter der Flagge Panamas fahrender Tanker. Eine offizielle Bestätigung für den Vorfall gab es am Dienstag nicht. Am Mittwoch in der Früh ließ die UKMTO wissen, der Vorfall sei abgeschlossen.

Das Seegebiet, in dem der Tanker zeitweise gekapert worden sein soll, befindet sich unmittelbar vor der Straße von Hormus, einer Meerenge, die den Persischen Golf mit dem Golf von Oman verbindet. Sie stellt ein Nadelöhr für die weltweite Ölversorgung dar. Rund ein Fünftel der weltweiten Öltransporte müssen die Meerenge passieren.

London sieht Iran hinter dem Vorfall

Die britische „Times“ hatte unter Berufung auf britische Regierungsquellen berichtet, dass eine „Truppe“ aus acht oder neuen bewaffneten Männern die „Asphalt Princess“ in ihre Gewalt gebracht habe. Die Regierung in London gehe davon aus, dass der Iran oder mit ihm verbündete Milizen für die Entführung verantwortlich seien.

Das britische Außenministerium erklärte, man „untersuche dringend einen Vorfall auf einem Schiff vor der Küste der Vereinigten Arabischen Emirate“. Die US-Regierung erklärte am Abend, man beobachte den „zutiefst verstörenden“ Vorfall, es sei aber noch zu früh, um etwas über mögliche Hintergründe zu sagen. Saudi-Arabiens Außenminister warf dem Iran vor, in einer „negativen Weise“ in der Region zu agieren.

Iran weist Verantwortung zurück

Das iranische Außenministerium bezeichnete den Vorfall ebenfalls als „verdächtig“ und warnte vor erneut grundlosen Unterstellungen gegen den Iran. „Diese kontinuierlichen Vorfälle für die Schiffe im Persischen Golf sind äußerst fragwürdig und verdächtig“, sagte Außenamtssprecher Said Chatibsadeh.

Vor allem sollten die Vorfälle nicht als Vorwand für die Umsetzung von bestimmten politischen Zielen in der Region instrumentalisiert werden. Für den Iran sei die Sicherheit der Schifffahrt im Persischen Golf enorm wichtig, und daher sei Teheran auch bereit, seine Hilfeleistung anzubieten, so der Sprecher nach Angaben der Nachrichtenagentur ISNA.

Die Revolutionsgarden des Iran erklärten, weder die iranischen Kräfte noch die der Verbündeten hätten mit dem Vorfall zu tun. Vielmehr handle es sich um einen Versuch des Westens und Israel, Stimmung gegen den Iran zu machen.

Angespannte Lage

Die Lage in der Region ist vor allem für die Seefahrt angespannt. Immer wieder hatte es dort Zwischenfälle gegeben. Zuletzt waren bei einem Drohnenangriff auf den Öltanker „Mercer Street“ im Persischen Golf ein Brite und der rumänische Kapitän getötet worden. Großbritannien, Rumänien, Israel und die USA machen den Iran für den Zwischenfall verantwortlich. Der Iran wies eine Verwicklung zurück.

Hintergrund der Spannungen im Mittleren Osten, die in vergangenen Jahren zunahmen, ist unter anderem der Streit um das internationale Atomabkommen mit dem Iran. Die USA hatten das Abkommen im Mai 2018 einseitig aufgekündigt. Am Golf kam es seitdem zu mehreren Zwischenfällen und Sabotageakten gegen Öltanker sowie Angriffe auf Ölanlagen. Die jüngsten Vorfälle kommen zudem nur Tage vor der Amtseinführung des neuen iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi.