Grüne über Brunner-Vorstoß „verwundert“

In Sachen Klimaschutz gehen die Meingungen in der türkis-grünen Regierung weiter auseinander. Die Grünen reagierten auf kritische Aussagen von ÖVP-Staatssekretär Magnus Brunner über Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) verschnupft. Brunner hatte im APA-Interview die von Gewessler angeordneten Evaluierungen von Straßenbauprojekten kritisiert und der Ministerin mangelnde Einbindung vorgeworfen. Er forderte zudem beschleunigte Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP).

Grüne: „Entscheidend, was im Parlament beschlossen wird“

Auf diese Aussagen reagierten die Grünen „verwundert“. „Der Österreichische Nationalrat hat mit den Stimmen von NEOS, SPÖ, Grünen und ÖVP eine Evaluierung der S18 in Vorarlberg beschlossen. Es ist unerheblich wie viel oder wenig ‚Verständnis‘ der für Luftverkehr zuständige Staatssekretär Brunner im Klimaschutzministerium für diesen Beschluss zeigt. Entscheidend ist das, was im Parlament gemeinsam beschlossen wird“, sagte Lukas Hammer, Klimasprecher der Grünen, in einer Stellungnahme gegenüber der APA.

„Verheerende Überschwemmungen und tödliche Hitzewellen in Europa erinnern uns daran, dass die Klimakrise auch bei uns angekommen ist. Der Kampf gegen die Klimakrise und für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen wird nur gelingen, wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen. Mit einer mutigen und sachlichen Politik statt mit Polemik“, so Hammer.

Brunner vermisst „Praxisnähe“ in Klimapolitik

Die türkis-grüne Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, dass der Strom in Österreich bis 2030 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen kommen soll. Um das zu erreichen, müssten UVP beschleunigt werden, argumentierte zuvor Brunner. Mit dem kürzlich vorgelegten Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz habe die Bundesregierung einen großen Schritt gesetzt, bis 2030 seien es aber nur mehr neun Jahre.

Eine Novelle des UVP-Gesetzes sei daher dringend notwendig und sollte nach Ansicht Brunners bis zum Herbst vorliegen. In dieser Novelle soll eine verbindliche Maximaldauer von zwei Jahren verankert werden, Stellungnahmen und Beweisanträge sollen nur innerhalb gewisser Zeitspannen möglich sein, und alle Interessen sollen nur einmal gehört werden können und nicht immer wieder.

Er wünsche sich mehr „Praxisnähe“ in der Klimapolitik. Es habe in letzter Zeit oft „Alleingänge im stillen Kämmerchen“ gegeben, so der Staatssekretär in Richtung Gewessler. Was die von Gewessler angestoßenen Evaluierungen von Straßenbauprojekten betrifft, zeigt Brunner wenig Verständnis. Man müsse alles evaluieren, aber diese Projekte seien schon mehrfach geprüft worden, und die „Bevölkerung braucht Sicherheit und Klarheit“.

Kritik von WWF

Kritik an den Vorschlägen Brunners übte die Umweltschutzorganisation WWF. Die größten Verfahrensbremsen seien „fehlerhafte Unterlagen der Projektbetreiber, schlecht ausgestattete Behörden und falsch ausgerichtete Materiengesetze. Dadurch entstehen häufig jahrelange Verzögerungen, noch bevor die Öffentlichkeit überhaupt beteiligt wird“, so WWF-Naturschutz-Leiter Christoph Walder. Es brauche vor allem qualitativ bessere Verfahren und gesetzliche Regelungen, die einen naturverträglichen Umbau des Energiesystems sicherstellen.

NEOS und WKÖ erfreut

Unterstützung, wenn auch mit Kritik, kam von NEOS. Man unterstütze die Schritte zur Beschleunigung von UVP-Verfahren, es fehlten aber konkrete Vorschläge der Regierung. Die ÖVP soll endlich in die Gänge kommen und nicht nur „g’scheit reden“, sagte NEOS-Klima- und Umweltsprecher Michael Bernhard.

Das UVP-Gesetz habe „erhebliches Verbesserungspotenzial“, sagte auch WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf erfreut über den Vorstoß Brunners. Die Wirtschaftskammer trete seit Langem für raschere Genehmigungsverfahren ein. Konkret fordert er, dass die Verfahrensdauer bei Schlüsselprojekten maximal ein Drittel der derzeit üblichen Dauer betragen darf.