Schüler mit Maske im Schulgang
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Faßmanns Pläne

Lob und Kritik für Regeln zu Schulstart

Durchwachsen sind die Reaktionen auf das CoV-Sicherheitskonzept für das kommende Schuljahr ausgefallen. Während es von Lehrer-, Eltern- und Wirtschaftsvertretern grundsätzlich Lob gab, sind die Pläne für die SPÖ „bestenfalls ‚Genügend‘, um Schullockdowns zu verhindern“, für NEOS „zu kurzsichtig“. Einhellig bemängeln Opposition und Arbeiterkammer das Fehlen von Plänen für das Behandeln psychologischer Probleme und das Füllen entstandener Bildungslücken.

Für den obersten Lehrervertreter Paul Kimberger (FCG) enthält der Vierpunkteplan „jene Dinge, die notwendig sind für einen guten Schulstart“. Die Lehrergewerkschaft sei dabei eingebunden worden. Die Gratwanderung zwischen größtmöglicher Normalität und dem Schutz der Gesundheit werde allerdings angesichts der noch ansteckenderen Delta-Variante auf jeden Fall eine Herausforderung.

„Es ist noch zu früh, um zu bewerten, was in drei Wochen sein wird.“ Handlungsbedarf sieht Kimberger noch bei der Abstimmung zwischen Bildungs- und Gesundheitsressort, etwa bei der Frage der Quarantäneregeln. „Da haben wir im vergangenen Schuljahr teilweise Chaotisches erlebt.“ Auch Fragen wie Grenzwerte, ab denen eine Masken- oder Testpflicht eingeführt oder verschärft wird, seien noch offen.

Elternvertreter grundsätzlich zufrieden

„Die Maßnahmen scheinen sachlich begründet“ und würden der Forderung der Eltern entsprechen, alles zu tun, um flächige Schulschließungen zu vermeiden, zeigte sich Christoph Drexler vom Bundesverband der Elternvereine an mittleren und höheren Schulen (BEV) zufrieden.

Vielfach kritisch wird im BEV allerdings die Vorgabe gesehen, dass Geimpfte sich nach der zweiwöchigen Sicherheitsphase zu Schulbeginn nicht testen müssen. Immerhin sei eine Übertragung auch durch Geimpfte möglich, damit schaffe man einen „Unsicherheitsfaktor“, weil man Cluster übersehen könnte. Die Impfbusse sehen die Elternvertreter als organisatorische Erleichterung positiv, die Entscheidung für eine Impfung müsse allerdings freiwillig bleiben.

Vierpunkteplan für Schulstart im Herbst

Eine Sicherheitsphase und Abwassertests sollen Homeschooling und Schichtbetrieb verhindern.

Nachbesserungen forderten Landesverbände der Elternvertreter, etwa in Wien. Kritik gab es etwa daran, dass das Testkonzept „von Montag bis Freitag angelegt ist“. Gäbe es eine Testung am Donnerstag, hätte man auch am Wochenende einen gültigen Test – mehr dazu in wien.ORF.at. In Vorarlberg forderten Elternvertreter, dass es nicht nur Konzepte für die Pandemiebewältigung, sondern auch fürs Lernen an sich brauche. Er verwies auf die großen Lücken, die durch die Pandemie entstanden seien – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Experte: Sicherheitskonzept könnte Risiko erhöhen

Kritisch sieht der Mikrobiologe Michael Wagner von der Uni Wien das Testkonzept für die Schulen. Er sprach sich gegenüber der APA wegen der Delta-Variante für regelmäßige verpflichtende PCR-Tests aus. Dass man auf das Sicherheitsnetz regelmäßiger flächendeckender Tests verzichte, kann er aus wissenschaftlicher Sicht nicht wirklich nachvollziehen. Die 300 „Sentinel“-Schulen, in denen das Infektionsgeschehen durch stichprobenartige regelmäßige PCR-Tests überwacht wird, würden zwar etwas über das Infektionsgeschehen an diesen Bildungseinrichtungen aussagen, „aber das einzelne Kind ist dadurch zunächst einmal nicht direkt geschützt“. Wagners Ansicht nach sollte man an den Schulen zumindest so lange regelmäßig testen, solange es in dieser Pandemie signifikante Infektionszahlen gebe und noch nicht alle Menschen inklusive der Kinder unter zwölf eine Möglichkeit hatten, sich durch eine Impfung zu schützen.

Auch bezüglich des Tragens von Masken an den Schulen nach der zweiwöchigen Sicherheitsphase würde Wagner eine proaktivere Vorgehensweise empfehlen: „Wenn wir, wie es aussieht, auch im Herbst und Winter relativ hohe Infektionszahlen haben werden, ist es sinnvoll, auf Masken zu setzen.“

Eine „gute Balance“ zwischen anfänglich flächendeckenden Testungen und dann einem System mit Abwasseranalysen und PCR-Tests an 300 ausgewählten Schulen ortete der Komplexitätsforscher Peter Klimek im neuen Schulsicherheitsplan. Hier sei ein Kompromiss gelungen, dessen Erfolg aber stark davon abhänge, ab welchen Schwellenwerten man regional Maßnahmen setze. Es stelle sich auch die Frage, wie viele Quarantänen der Schulstart mit sich bringt, so der Forscher zur APA.

Ruf nach jugendgerechter Impfinfo

Die Bundesjugendvertretung (BJV) sieht die Impfkampagne schon in der Sommerschule als wichtigen Schritt für die Sicherheit der Bildungseinrichtungen. Allerdings sei es unerlässlich, den jungen Menschen jugendgerechte Informationen für eine fundierte Entscheidung zur Verfügung zu stellen. Zusätzlich fordern die Jugendvertreter präventive Vorkehrungen wie zusätzliches Personal und externe Räumlichkeiten, falls Schulklassen wieder aufgeteilt werden.

Bildungsminister Faßmann zu den Plänen

In einem Monat starten im Osten wieder die Schulen. Bildungsminister Faßmann erläuterte in der ZIB2 am Mittwoch seinen Plan für den Schulbeginn.

SPÖ sieht halbherzige Umsetzung

Eine halbherzige Umsetzung von Maßnahmen, die Schulschließungen verhindern sollen, wirft SPÖ-Bildungssprecherin Petra Vorderwinkler dem Bildungsminister vor. Die PCR-Tests würden nach der Sicherheitsphase nicht flächendeckend eingesetzt, es fehlten klare Parameter für das Frühwarnsystem, niederschwellige Impfangebote würden nicht vor Schulbeginn durchgeführt, und bei den Luftfilteranlagen hat Vorderwinkler Zweifel an der Ernsthaftigkeit bei der Anschaffung.

Vor allem aber habe Faßmann keinerlei Konzept vorgelegt, wie man den letzten eineinhalb Jahren Ausnahmezustand Rechnung tragen werde. Hier lasse Faßmann bildungspolitisch „völlig“ aus, so SPÖ-Bildungssprecherin Petra Vorderwinkler.

FPÖ: Endlich um Bildungsrückstände kümmern

Kritik kommt auch von FPÖ-Bildungssprecher Hermann Brückl: „Faßmann soll sich endlich um die Psyche der Schüler, um die in der Pandemie aufgetretenen sozialen Probleme und um die bei den Schülern eingetretenen Bildungsrückstände und Bildungsverluste kümmern.“ Dem Bildungsminister attestiert er, sich seit Monaten nur noch um Testen und Impfen zu kümmern. Mit den geplanten Privilegien für Geimpfte – sie ersparen sich nach der Sicherheitsphase etwaige Tests – treibe er die Spaltung der Gesellschaft voran.

NEOS: Zu kurzsichtig

NEOS-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre fehlt ein langfristiger Plan. „Erst eine Sicherheitsphase abwarten zu wollen, um dann zu entscheiden, wie es weitergehen soll, ist zu kurzsichtig“, meinte sie in einer Aussendung. Außerdem brauche es bei einem Anschlagen von Frühwarnsystemen gesamtgesellschaftliche Reaktionen – nicht nur verschärfte Maßnahmen an den Schulen. Sie forderte zudem einen drastischen Ausbau der viel zu geringen psychologischen Betreuung.

AK: Lernerfolg darf nicht vom Geldbörserl abhängig sein

Besonders wichtig werde im kommenden Jahr sein, Präsenzunterricht an den Berufsschulen sicherzustellen. Die Arbeiterkammer (AK) begrüßte die Teststrategie, vermisste allerdings Pläne für die Schließung der entstandenen Bildungslücken sowie einen Chancenindex.

Es brauche eine Schule, „in der die Kinder genug Zeit und Unterstützung bekommen, damit sie durch die Krise kommen und das Gelernte durch individuelles Üben festigen“ könnten. Die AK forderte Strategien, damit der Lernerfolg „nicht weiterhin vom Geldbörserl der Eltern abhängt“.

Industrie: „Wichtige Perspektive für alle“

Die Industriellenvereinigung sprach in einer Aussendung von einer „wichtigen Perspektive für alle“, vor allem die Impfbusse, systematische Tests und das neue Frühwarnsystem wurde von IV-Vizegeneralsekretär Peter Koren begrüßt. Es brauche allerdings auch für die Kindergärten Planungssicherheit.

„Wichtig ist, dass es damit bereits vor Beginn des Schuljahres klare, verlässliche Regelungen für den Schulbetrieb ab Herbst gibt“, so die Vizegeneralsekretärin der Wirtschaftskammer (WKÖ), Mariana Kühnel.

Debatte über Gratistests erreicht Schulen

Am Rande erreichte am Mittwoch die Debatte über ein mögliches Ende der Gratistests auch die Schulen. In der Donnerstag-Ausgabe der „Kleinen Zeitung“ hielt Bildungsminister Faßmann kostenpflichtige PCR-Test für nicht geimpfte Lehrer für denkbar. „Ich halte die Diskussion über kostenpflichtige Tests für berechtigt. Die Frage ist legitim, inwieweit die Allgemeinheit die Tests derer bezahlen muss, die sich eine Impfung ersparen möchten“, sagte Faßmann.

Auf die weitere Frage, ob dann auch ungeimpfte Lehrer zahlen müssten, erklärte der Bildungsminister: „Für ungeimpfte Lehrer wären dann kostenpflichtige PCR-Tests einmal pro Woche denkbar.“ Für Schüler müsse der Zugang zur Bildung jedoch kostenfrei bleiben, so Faßmann.