Löschhubschrauber bei einem Waldbrand bei Kechries
Reuters/Costas Baltas
Antikes Olympia bedroht

Weiter „Alptraumbrände“ in Griechenland

In Griechenland bleibt die Lage angesichts einer Vielzahl an tobenden Bränden kritisch. Die Einsatzkräfte kämpfen gegen Dutzende Feuer, Hitze und trockene Böden verschlimmern die Lage. Premier Kyriakos Mitsotakis sprach am Mittwoch von „Alptraumbränden“. Zwar ließen sich Feuer in den Vororten von Athen vorläufig eindämmen, doch ein Wiederaufflammen wird befürchtet. Bedroht ist auch das antike Olympia.

Neue Waldbrände gefährdeten am Mittwoch das Dorf Olympia auf der Halbinsel Peloponnes, wo mehrere Brandherde toben. Innerhalb von acht Stunden seien sieben Brände ausgebrochen. Der griechische Zivilschutz ordnete am Mittwochnachmittag die Bevölkerung an, den Ort zu verlassen. In unmittelbarer Nähe befindet sich die berühmte antike Stätte Olympia, bei der vor den Spielen stets das olympische Feuer entzündet wird.

„Wir haben all unsere Einsatzkräfte nach Olympia geschickt, um Menschenleben und unsere antike Tradition zu retten“, sagte der Bürgermeister von Pyrgos dem griechischen Sender Open. Medien berichteten, das eigene Löschsystem der antiken Stätte sei aktiviert worden. Wasserkanonen besprühen alles um und in Olympia.

Brandherde in Griechenland am 4.8.2021 gemäß NASA-Feuerwarnsystem FIRMS

Kulturministerin Lina Mendoni sei auf dem Weg von Athen nach Olympia. Bei verheerenden Bränden waren 2007 in dieser Region im Westen des Peloponnes Dutzende Menschen ums Leben gekommen. Die antike Stätte von Olympia war damals schwer beschädigt worden, das Löschsystem hatte nicht funktioniert. Das Museum von Olympia konnte 2007 im letzten Moment gerettet werde, als ein Löschpanzer eingesetzt wurde.

Waldbrand bei Platanos nahe Olympia
AP/ilialive.gr/Giannis Spyrounis
Brand in Platanos nahe Olympia

Auch auf der Insel Euböa nördlich der griechischen Hauptstadt Athen geriet zuletzt ein Feuer außer Kontrolle, zerstörte mehrere Ortschaften und bedrohte ein Kloster. Zahlreiche Dörfer waren betroffen. Dutzende Menschen mussten mit Booten gerettet werden. Auch auf Rhodos und Kos tobten Feuer.

Gewaltige Rauchglocke in Athen

Die gefährlichen Feuer nahe der Hauptstadt Athen konnten indes eingedämmt werden, weil der Wind nachließ. Allerdings bleibt die Lage weiterhin prekär: Die Stadt steckt jetzt unter einer gewaltigen Rauchglocke, die sich mangels Wind nicht verflüchtigt. Die Feinstaubbelastung liegt fast zehnfach über dem Grenzwert.

Rauchwolke über Athen
Reuters/Eurokinissi
Über Athen hängt der Rauch, die Feinstaubwerte sind hoch

Helfen würden nur frische Böen, doch die könnten das Feuer neu entflammen. Die Feuerwehr spricht von einem Teufelskreis. „Wir haben es mit einem komplizierten Feuer in einer extremen Hitzewelle zu tun“, sagte Ministerpräsident Mitsotakis.

Mehr als 80 Häuser in der Region sind den Flammen bisher zum Opfer gefallen, seit der Brand am Dienstag seinen Lauf nahm. Menschen hatten in Panik die betroffenen Gebiete verlassen. Für Erleichterung sorgt allerdings, dass es offenbar bisher keine Todesopfer gegeben hat.

Waldflächen nach wie vor in Flammen

Noch immer stehen große Waldflächen im Mittelmeer-Raum in Flammen. Vor allem in Griechenland, der Türkei und Italien ist die Situation dramatisch. Die Brände hinterlassen schwere Schäden in der Natur.

Mindestens acht Tote in der Türkei

In der benachbarten Türkei gab es hingegen bisher mindestens acht Tote. Auch dort ist die Lage weiter äußerst kritisch, entlang der Mittelmeer-Küste gab es mehrere Brände, besonders betroffen sind die Regionen Antalya und Mugla. Die Temperaturen sind ebenfalls extrem und bewegen sich teils über der 40-Grad-Marke.

Fachleute sprechen von den schlimmsten Bränden seit mehr als zehn Jahren. Die Bekämpfung gestaltete sich auch hier schwierig. Das türkische Forstamt teilte am Mittwoch mit, acht Brände seien weiterhin nicht unter Kontrolle. Für Alarmstimmung sorgte zuletzt ein Feuer, das ein Kohlekraftwerk erfasste. „Die Flammen sind auf das Gelände des Kraftwerks übergesprungen“, twitterte am Mittwochabend der Bürgermeister von Milas, Muhammet Tokat. Das Kraftwerk nahe der Westküste der Türkei sei vollständig geräumt worden.

Waldbrände bei Oren in der Türkei
APA/AFP/Serdar Gurbuz
Das Feuer erfasste das Kraftwerk

Brände auch in Bulgarien und Italien

In Bulgarien sind ebenfalls zwei Forstarbeiter beim Löschen eines neuen Großbrandes ums Leben gekommen. Ein weiterer Forstarbeiter erlitt bei dem Brand im Raum Sandanski an der Grenze zu Griechenland Verbrennungen und wurde in eine Klinik gebracht. Zudem entflammten in Südbulgarien zwei weitere Großbrände, wie Medien am Mittwochabend in Sofia berichteten.

Auch in Italien kämpfte die Feuerwehr gegen Flammen. Die Einsatzkräfte sprachen von 530 Waldbrandeinsätzen am Dienstag. Mehr als die Hälfte davon gab es in Sizilien, Kalabrien und Apulien. Die Flammen loderten an Ständen, Ferienorten, in Wäldern und um Wohngebiete. Die Behörden stuften die gesamte Insel Sizilien in die höchste Brandrisikostufe ein. Zudem sagte sie für Palermo und Catania Hitzewellen mit Temperaturen um 40 Grad Celsius voraus.

Politische Debatten ausgebrochen

In allen drei Ländern sorgten die Brandkatastrophen für politische Debatten. Die linke Syriza-Partei von Ex-Regierungschef Alexis Tsipras warf dem konservativen Kabinett von Mitsotakis vor, trotz Expertenwarnungen vor einer extremen Brandgefahr durch die jüngste Hitzewelle keinerlei Präventivmaßnahmen getroffen zu haben. Die Regierung wies die Vorwürfe zurück.

In der Türkei gab es ähnliche Kritik. Von Beginn an wurde besonders in den sozialen Netzwerken Kritik an der Ausstattung der Einsatzkräfte laut. Es gebe zu wenige Löschflugzeuge und zu wenig Vorbereitung auf derartige Krisen. Laut dem türkischen Luftfahrtverband verfügt die Türkei über drei Löschflugzeuge und 17 Helikopter. Zum Vergleich: Griechenland verfügt über mehr als 40 Löschflugzeuge und 25 Hubschrauber.

Feuerwehrmänner bei einem Waldbrand nördlich von Athen
Reuters/Costas Baltas
Die Hitzewelle erschwert den Kampf gegen die Flammen gravierend

In Italien lenkten die Feuer die Aufmerksamkeit auf die Problematik der Brandstiftung. Obwohl die Strafen für Waldbrandstiftung in Italien sehr streng sind und eine Haftstrafe von vier bis zu zehn Jahren vorsehen, bleibt das Problem akut. Die meisten Brände werden aus bauspekulativen Gründen gelegt. Der italienische Zivilschutz sprach von einem „Geschäft mit dem Feuer“. Strenge Regeln verbieten zwar das Bauen auf abgebrannten Gebieten. Trotzdem bleiben wirtschaftliche Interessen ein Hauptgrund der neuen Brandwelle.

„Wahre Feuerstürme“

Umweltorganisationen wiesen angesichts der Brände auf die verheerenden Folgen der Klimakrise hin. In deren Zeiten erreiche das Ausmaß der Feuer eine neue Dimension, erklärte die Umweltschutzorganisation WWF. In Südeuropa würden seit 2017 immer häufiger „Megabrände beobachtet, die wahre Feuerstürme erzeugen“.

Greenpeace in der Türkei machte neben dem Klimawandel auch fehlende Vorsichtsmaßnahmen als Grund für die verheerenden Brände aus. Die Natur werde nicht ausreichend geschützt, Land unkontrolliert genutzt und der Wald ausgebeutet. „Das hat eine Landschaft hinterlassen, die anfälliger für diese Feuer ist“, sagte Burcu Ünal von Greenpeace gegenüber der dpa. Die Hitzewelle in der Region soll noch zehn Tage anhalten.