Flüchtlinge in einem Camp an der Grenze zu Belarus
APA/AFP/Petras Malukas
EU – Belarus

Streit wegen Flüchtlingen spitzt sich zu

Aktuell belastet die Causa um die geflüchtete Sprinterin Kristina Timanowskaja die Beziehungen zwischen Belarus und der EU: Und genau jetzt spitzt sich der seit Wochen schwelende Streit wegen Flüchtlingen zwischen Litauen und Belarus zu. Die EU hat nun den belarussischen Botschafter einbestellt. Minsk wiederum schließt seine Grenze, um Rückschiebungen aus Litauen zu verhindern.

Die EU hat dem belarussischen Vertreter in Brüssel die Forderungen nach einem Ende der „Instrumentalisierung“ von illegalen Grenzübertritten als Botschaft mitgegeben. Dem Vertreter von Belarus sei mitgeteilt worden, dass die Instrumentalisierung von Flüchtlingen und Migranten „völlig inakzeptabel“ sei, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Dienstes der Europäischen Union am Donnerstag in Brüssel.

Litauische Grenzschutzbeamte haben seit Jahresbeginn zunehmend Menschen an der Grenze zu Belarus zurückgewiesen. Brüssel geht davon aus, dass der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko Migration nutzt, um Vergeltung für Sanktionen gegen seine Regierung zu üben.

Minsk: Frauen kommen mit „Verletzungen“ aus Litauen

Belarussische Behörden hatten ihrerseits erklärt, Dutzende Menschen, darunter Frauen und Kinder, seien mit „körperlichen Verletzungen“ aus Litauen zurückgekehrt. Litauen hatte zuvor angekündigt, über Belarus ins Land kommende Flüchtlinge notfalls zurückzudrängen. Dabei könnten auch „abschreckende“ Maßnahmen gegen jene ergriffen werden, die den Anordnungen nicht folgten, hieß es aus Vilnius.

Lukaschenko schließt Teil der Grenze

Das autoritär regierte Belarus kündigte seinerseits an, Teile seiner Grenze zu schließen, um so zu verhindern, dass nach Litauen geflüchtete Migranten zurück auf sein Territorium gelangen können. „Ab heute darf niemand die Grenze von keiner Seite überqueren, weder vom Süden noch vom Westen“, sagte Machthaber Alexander Lukaschenko am Donnerstag in der Hauptstadt Minsk.

Lukaschenko hat in der Vergangenheit offen damit gedroht, als Reaktion auf die gegen sein Land verhängten EU-Sanktionen Menschen aus Ländern wie dem Irak, Afghanistan oder Syrien über die Grenze zu lassen. In den vergangenen Wochen schickte etwa die EU-Grenzschutzbehörde Frontex zusätzliches Personal nach Litauen, um illegale Grenzübertritte zu verhindern. Auch Österreich unterstützt Litauen mit 13 Cobra-Beamten im Grenzschutz. Zuletzt hatte das Onlinemagazin EUobserver berichtet, Menschen würden gezielt via soziale Netzwerke dazu verlockt, über Belarus zu versuchen, nach Litauen und damit in die EU zu gelangen.

Irak stoppt Flüge

Die Europäische Union konnte indes auf diplomatischer Ebene einen ersten Erfolg dabei erzielen, den Flugverkehr zwischen dem Irak und Belarus zu unterbinden. Eine Sprecherin der EU-Kommission bestätigte am Donnerstag auf eine entsprechende Journalistenfrage die Information, wonach der Irak ein Verbot bis zum 15. August verkündet habe. Man sei mit Bagdad in dieser Frage weiterhin auf allen Ebenen in sehr intensivem Kontakt, sagte die Sprecherin.

In dem baltischen EU-Land haben in den vergangenen Wochen mehrere hundert Flüchtende illegal die Grenze aus dem Nachbarland Belarus überschritten. Nach offiziellen Angaben wurden in diesem Jahr bereits rund 3.500 Menschen an der fast 680 Kilometer langen Grenze zu Belarus aufgegriffen.

Diplomatische Spannungen Minsk – Vilnius

Die meisten davon beantragten Asyl. Litauen ist einer der größten Fürsprecher der Demokratiebewegung im Nachbarland und seit Längerem ein Zufluchtsort der belarussischen Opposition.

Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis sagte in RTL/ntv zu der Causa: „Nach unseren Berechnungen ist es möglich, dass im August und September weitere 18.000 Menschen aus dem Irak und einigen anderen Ländern kommen werden.“ Lukaschenko verfüge über ein weltweites Netzwerk. Der Machthaber sei im Begriff, „Visa-Anforderungen für mehr als 70 Länder zu erleichtern“, sagte der Minister.

Lukaschenko will nun offensichtlich verhindern, dass die EU die aufgegriffenen Migranten zurück nach Belarus schickt. Er sagte, eine „Bedrohung“ für sein Land wäre es, wenn Migranten an den Übergangsstellen gesammelt und dann „unter Androhung von Waffengewalt ins Staatsgebiet von Belarus abgeschoben“ würden. Die EU hatte nie entsprechende Absichten geäußert.