Abnahme eines Tests
APA/Erwin Scheriau
CoV-Tests

Kosten bis Jahresende in Milliardenhöhe

Sollen Coronavirus-Tests künftig kostenpflichtig sein? Auf der einen Seite gilt ein Ende der Gratistests als Druckmittel für Impfungen. Andererseits wird befürchtet, dass sich immer weniger Menschen testen lassen werden und die Dunkelziffer von Infektionen steigen könnte. Doch auch die Kostenfrage spielt zunehmend eine Rolle.

Kaum ein anderes Land testet so viel auf Coronavirus wie Österreich. Mit Stand Donnerstag wurden laut Gesundheitsministeriums 68,2 Millionen Tests im Rahmen von Screenings (zum Beispiel die „Alles gurgelt“-Aktion) oder in Teststraßen durchgeführt. Dazu kommen noch 11,7 Millionen Tests in Apotheken, 5,6 Millionen Tests in Betrieben und 35,9 Millionen Schultests.

Doch auch gratis oder kostenlos sind sie freilich nur auf den ersten Blick. Denn für die Tests erwartet das Gesundheitsministerium bis Jahresende Kosten in Höhe von bis zu 1,8 Milliarden Euro. Nicht inkludiert sind allerdings die Schul- und Betriebstestungen. Die Kosten pro Test sind unterschiedlich, in den Apotheken liegen sie bei 25 Euro pro Stück.

Ministerium evaluiert Testmöglichkeiten

Es sind vor allem ÖVP-regierte Bundesländer, die über ein Ende der Gratistests nachdenken, die SPÖ-Länder zeigten sich eher ablehnend. Angestoßen wurde die Debatte allerdings von Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) selbst. In einem Interview mit der „Kleinen Zeitung“ sagte der Ressortchef Mitte Juli, dass „wir weit über eine Milliarde Euro seit Beginn der Pandemie für Tests ausgegeben“ hätten. „Das war richtig, aber irgendwann muss das irgendwer zahlen. Es ist wichtig, dass die Leute über den Sommer das Impfangebot in Anspruch nehmen. Im Herbst werden wir die Lage neu bewerten.“

Die Lage wolle man erst bewerten, „wenn alle das Impfangebot annehmen konnten“, sagte Mückstein weiter. Mit Zunahme der Durchimpfungsrate werde die Nachfrage an Testmöglichkeiten kontinuierlich sinken. Das kostenlose Testangebot werde daher laufend evaluiert und dementsprechend angepasst. Jedenfalls auch nach dem Sommer kostenlos bleiben die Tests für symptomatische Personen und Menschen, die sich nicht impfen lassen können. Das ist derzeit etwa bei Kindern unter zwölf Jahren der Fall.

Mücksteins Aussagen führten zu einer Debatte, die bis heute mehrere Politiker und Politikerinnen auf den Plan rief. Es sei durchaus legitim, eine Debatte darüber zu führen, sagte der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP). „Auf Dauer wird es sich nämlich nicht ausgehen, dass immer alles gratis ist.“ Wenn die Situation halbwegs berechenbar sei, sollte man von den Gratistests wegkommen, betonte Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP). Ähnlich äußerte sich auch der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Ludwig: Keine Impfmotivation durch kostenpflichtige Tests

Die SPÖ geführten Länder Wien, Kärnten und Burgenland lehnten den Vorstoß ihrer ÖVP-Kollegen ab. „Wenn wir nicht testen, können wir Mutationen nicht entdecken, die es immer wieder geben wird. Ich glaube nicht, dass kostenpflichtige Corona-Tests die Menschen zum Impfen motivieren, sondern die Testbereitschaft in der Bevölkerung stark schwächen. Von daher bleibt in der Stadt Wien bleibt das Gratistestangebot aufrecht“, so Wiens Bürgermeister Michael Ludwig.

Ärztekammer will kostenpflichtige Tests

Bundesländer mit Landeshauptleuten der ÖVP und die Ärztekammer fordern, dass alle Österreicher, die sich gegen das Coronavirus impfen lassen könnten, aber nicht wollen, künftig kostenpflichtig testen lassen müssen.

Das Land Kärnten forderte eine einheitliche Lösung für ganz Österreich. Die Landesregierung plant, mit der Aktion „Alles gurgelt“ zu starten, sobald Bestellungen beim Bund möglich sind. Auch aus dem Büro von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) hieß es, dass man derzeit keine Ambitionen habe, etwas kostenpflichtig zu machen. Stattdessen soll die Aktion „Alles gurgelt“ auch im Burgenland ausgerollt und der Fokus weiterhin auf das Impfen gelegt werden.

Salzburgs Gesundheitslandesrat Christian Stöckl, der anders zunächst keine Notwendigkeit ortete, Tests kostenpflichtig zu machen, weil ohnehin der Bund zahle, schlägt nun Vorteile für vollständige Geimpfte vor. Diese sollten seiner Ansicht nach keine Tests mehr machen und keine Masken mehr tragen müssen, sagte er am Donnerstag im „Puls 24“-Interview. Auch beim Contact-Tracing sollen Vollimmunisierte nicht mehr berücksichtigt werden.

Ärztekammer-Präsident will Ende der Gratistests

Nach den Rufen aus einigen ÖVP-geführten Bundesländern sowie aus der niederösterreichischen Ärztekammer forderte zuletzt auch Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres ein Ende der Gratistests. „Ich denke, jeder, der sich nicht impfen lassen möchte und Veranstaltungen oder Restaurants besuchen möchte, sollte dann selbst für das Testen bezahlen“, sagte Szekeres im Ö1-Morgenjournal am Donnerstag.

Voraussetzung für das Aus des Gratistests sei es, dass jeder die Möglichkeit hatte, sich impfen zu lassen. „Ich sehe nicht ein, warum die Allgemeinheit diese doch sehr kostspieligen Tests zahlen muss, wenn Menschen sich weigern, die Gratisimpfung in Anspruch zu nehmen. Die Impfungen sind von der europäischen Zulassungsbehörde streng kontrolliert worden, sind bei uns zugelassen, sind sicher und wirkungsvoll – und ich glaube, es sollte sich jeder nach Möglichkeit impfen lassen.“

Auch Szekeres sieht in kostenpflichtigen Tests einen Weg, die nachlassende Impfbereitschaft anzukurbeln: „Ich hoffe sehr, dass die Impfbereitschaft steigt, und ich hoffe auch sehr, dass es uns gelingt, möglichst viele Menschen impfen zu lassen. Man schützt damit auch diejenigen, die nicht geimpft werden können oder die immungeschwächt sind und dadurch die Impfung ihre Wirkung verfehlt. Das ist der einzige Weg aus der Pandemie heraus. Und niemand von uns wünscht sich weitere Lockdowns.“