Österreich hält an Abschiebungen nach Afghanistan fest

Österreich und Deutschland halten auch nach einem ins Wasser gefallenen gemeinsamen Abschiebeflug an Rückführungen nach Afghanistan fest. Das verlautete aus den Innenministerien beider Länder heute gegenüber der APA.

„Vonseiten Österreichs ist kein Abschiebestopp nach Afghanistan geplant“, teilte ein Sprecher des Wiener Innenministeriums mit. Aus Berlin hieß es, der am Dienstag kurzfristig abgesagte Flug werde „zeitnah“ nachgeholt. Der Flug aus München sei wegen der Gewalteskalation in Kabul abgesagt worden.

Dem Vernehmen nach sollte der Flieger in Wien landen und dort zwei abzuschiebende Afghanen aufnehmen. „Die für die Charteroperation mit Deutschland vorgesehenen Personen befinden sich weiter in Schubhaft“, so das Innenministerium.

Keine Landegenehmigung für Afghanistan

Die Teilnahme am Flug sei abgesagt worden „aufgrund der Mitteilung des deutschen Innenministeriums, dass Afghanistan derzeit bei Charteroperationen keine bilateralen Kooperationen akzeptiere und deshalb keine Landegenehmigung erteile“. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex hat ihre Abschiebeflüge schon vor längerer Zeit ausgesetzt. Ob Österreich nun in Eigenregie abschieben wird, war unklar.

Dass die Nichtteilnahme am Flug etwas mit der einstweiligen Verfügung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu tun hat, der der Abschiebung eines Afghanen durch Österreich am Montag den Riegel vorgeschoben hat, bestritt das Ministerium. Die EGMR-Entscheidung beziehe sich „auf einen konkreten Einzelfall“ und habe auch nur in diesem Bindungswirkung.

Rückkehrentscheidungen bei Straffälligen „oberste Priorität“

Bezüglich zukünftiger Rückführungen gebe es seitens des Innenministeriums und des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) „eine laufende Beobachtung der aktuellen Situation sowie eine Anpassung der Planung an etwaige Entwicklungen“. Für das BFA habe die Durchsetzung von Rückkehrentscheidungen bei Straffälligen „oberste Priorität“, so das Ministerium weiter. Ein Sprecher des deutschen Innenministeriums wollte die Informationen aus Wien nicht bestätigen.

Nehammer betont Kooperation

Das österreichische Innenministerium wies in der Sache zudem SPÖ-Kritik zurück, wonach es auf EU-Ebene zu wenig Kooperation in Sachen Migration gebe. Genau das Gegenteil sei der Fall: Nehammer sei seit Wochen in engem Kontakt mit Amtskollegen der EU-Staaten, um eine gemeinsame Herangehensweise zu Afghanistan zu finden, und habe heute mit fünf weiteren Kollegen Kontakt mit der EU-Kommission aufgenommen.

Gemeinsam mit den Innenministern Deutschlands, Dänemarks, Belgiens, der Niederlande und Griechenlands forderte man, dass Rückführungen nach Afghanistan aufrechtbleiben, um in erster Linie straffällig gewordene Afghanen aus der EU zu bringen. Die Kommission solle diesbezüglich einen intensiven Dialog mit der Regierung in Afghanistan führen.

Gleichzeitig solle es Hilfeleistungen bei der Betreuung von Flüchtlingen in den Nachbarländern Afghanistans geben und auch Afghanistan im Kampf gegen irreguläre Migration unterstützt werden.