Kühe im Freien
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Klimakrise

Methanreduktion als „größte Chance“

Am Montag wird der erste Teil des aktuellen wegweisenden Berichts des Weltklimarats Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) veröffentlicht. Bereits vorab wurde eines der zentralen Ergebnisse bekannt: Dass man sich auf Methangas als kurzfristig größerem Treiber bei der Klimaerwärmung als CO2 stärker konzentrieren müsse. Methangas radikal zu reduzieren sei die „größte Chance“, um das Erreichen von Kipppunkten zu verhindern, so der IPCC-Experte Durwood Zaelke.

Die Reduktion des Methangasausstoßes wird eine der zentralen Empfehlungen des IPCC-Berichts an die Politik sein, berichtete am Freitag die britische Tageszeitung „Guardian“. Das Gas entsteht in landwirtschaftlichen Mastbetrieben, bei Schieferölabbau aber teils auch bei der konventionellen Gas- und Ölförderung. Gelangt es in die Atmosphäre trägt es dort zum Treibhauseffekt bei – im Verhältnis sogar noch deutlich stärker als CO2.

Methan hält sich in der Atmosphäre aber nicht so lange wie CO2. Nach etwa zwölf Jahren wird es langsam zu Wasser und CO2 oxidiert. Methan hat – auf einen Zeitraum von 20 Jahren betrachtet – eine etwa 80-fach stärkere Treibhauswirkung als CO2. Anders gesagt: Eine Methangasreduktion kann viel rascher spürbar den Treibhauseffekt verringern.

Menschengemachtes Problem

Diese Fakten sind bekannt, aber der IPCC-Bericht wird aufgrund der kurzfristig viel stärkeren Treibhauswirkung einen Fokus auf Methan setzen. „Methan zu reduzieren ist die größte Chance,die Erderwärmung bis 2040 zu verlangsamen“, formuliert es Zaelke, der das US-amerikanische Institute for Governance & Sustainable Development (IGSD) leitet, als Chance. „Wir müssen uns dieser Notsituation stellen.“

Eine deutliche Verringerung des Methanausstoßes – deutlich mehr als die Hälfte der Emissionen sind vom Menschen verursacht – sind laut Zaelke die einzige Möglichkeit, um einen Temperaturanstieg um mehr als 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu verhindern. Das gilt als Grenzwert, ab dem extreme Wetterphänomene stark zunehmen und Kipppunkte, ab denen gewisse Entwicklungen nicht mehr rückgängig gemacht werden können, erreicht werden.

Auch das Umweltprogramm der Vereinten Nationen betonte in der Vergangenheit bereits, dass mit Maßnahmen gegen Methanemissionen erreicht werden kann, dass die mittlere globale Temperatur bis 2045 um etwa 0,3 Grad Celsius weniger stark anwächst als erwartet.

Experte: Braucht Bekenntnis zu Methanreduktion

Laut Zaelke braucht es beim UNO-Klimagipfel im November in Glasgow ein klares Bekenntnis zur Reduktion des Methanausstoßes. Eine solche Verringerung könne vorübergehende negative Effekte beim Ausstieg aus der Kohleverbrennung ausgleichen.

Kohle ist zwar der schmutzigste fossile Brennstoff, das bei der Verbrennung entstehende Schwefeldioxid wirkt aber kurzfristig bremsend auf den Treibhauseffekt. In der Atmosphäre bilden sich aus Schwefeldioxid Sulfatpartikel, die wiederum die Sonnenstrahlung auf die Erde reduzieren. Der Ausstieg aus Kohle ist alternativlos – kurzfristig wird mit dem Ausstieg aber eben die Erderwärmung verstärkt. Und dieser Effekt könnte durch eine rasche Methangasreduktion wettgemacht werden, so Zaelke.

Erwärmung bereits um 1,1 Grad

Die am IPCC-Bericht beteiligten Wissenschafterlinnen und Wissenschaftler werden in diesem ersten Teil angesichts aktueller Naturkatastrophen vor noch schwereren Folgen warnen, wenn der Klimawandel nicht eingedämmt wird. Die Erde hat sich im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter bereits um 1,1 Grad erwärmt. Das Pariser Abkommen soll die Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad, möglichst aber 1,5 Grad Celsius beschränken

Bei einer Erwärmung um zwei Grad sah der IPCC-Berichtsentwurf schwerwiegende globale Folgen für Mensch und Natur. Es drohe der Zusammenbruch ganzer Ökosysteme. Wasser- und Lebensmittelknappheit und Krankheiten als Folgen der Erderwärmung werden in den kommenden Jahrzehnten zunehmend schneller um sich greifen.

Szenarien für weitere Entwicklung

Der IPCC wurde 1988 von der UNO-Umweltorganisation (UNEP) und der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) gegründet. Seine Aufgabe ist es, die Politik neutral über die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Klimaveränderung und über mögliche Gegenmaßnahmen zu informieren. Dem IPCC gehören 195 Staaten an. Sie entsenden Fachleute, die eigenständig Berichte erstellen und das letzte Wort darüber haben.

Am Freitag hieß es auf dem IPCC-Twitter-Auftritt, die 30-seitige Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger sei „freigegeben und akzeptiert“ worden. Am Montag stellt das UNO-Expertengremium in Genf das Dokument dann offiziell vor. Den IPCC-Angaben zufolge haben 234 Autoren aus 66 Ländern an dem mit Spannung erwarteten Bericht mitgewirkt und damit „Geschichte geschrieben“.

Die IPCC-Berichte gelten als wegweisend für die globale Klimapolitik. Im ersten Teil geht es um naturwissenschaftliche Grundlagen des Klimawandels – insbesondere die Entwicklung des Anteils von Treibhausgasen und Aerosolen in der Atmosphäre und deren Wirkung auf das Weltklima sowie Szenarien für das künftige Fortschreiten der Erderwärmung.

Eingetretene Prognosen

Die IPCC-Berichte basieren fast ausschließlich auf bereits veröffentlichten – und damit wissenschaftlich begutachteten – Forschungsergebnissen. Der aktuelle Bericht hat durch das jüngste Extremwetter mit Hitzewellen und Überschwemmungen zusätzliche Brisanz erhalten.

Viele Aussagen, die im vorherigen Bericht von 2014 noch düstere Prognosen waren, sind inzwischen eingetreten oder zeichnen sich nun bereits deutlich ab. Umgekehrt gibt es gewisse Fortschritte zumindest bei angekündigten Anstrengungen vieler Staaten zur Minderung der Treibhausgasemissionen.