Eine Rauchwolke steigt vom Wald bei Varibobi in der Nähe von Athen (Griechenland) auf
Reuters/Yorgos Karahalis
Winde erschweren Löscharbeiten

Keine Entwarnung für Brände bei Athen

In Griechenland sind viele Brände weiterhin außer Kontrolle – auch am Freitagabend konnte an den meisten Feuerfronten keine Entwarnung gegeben werden. Die Behörden hatten am Freitag mit 154 Waldbränden im ganzen Land zu kämpfen. Die größten Feuer brannten im Norden von Athen, auf der Insel Euböa und auf dem Peloponnes, einschließlich Mani, Messinia und dem antiken Olympia, dem Ort der ersten Olympischen Spiele.

„Wir stehen vor einer weiteren, noch schwierigeren Nacht“, sagte am späten Freitagabend der stellvertretende Katastrophenschutzminister Nikos Hardalias. Die Waldbrände seien von noch nie dagewesener Intensität. Alle Kräfte seien Tag und Nacht zusammen mit Freiwilligen im Einsatz, um Leben zu retten. Die Temperaturen lagen tagsüber über 40 Grad Celsius, starke Winde fachten die Flammen an.

Bei Anbruch der Dunkelheit kämpften Feuerwehrleute gegen die immer wieder aufflammenden Brände im Norden von Athen, die den See von Marathon einzuschließen und den Berg Parnes zu erklimmen drohten. Erneut von Bränden betroffen war nördlich von Athen die Ortschaft Varybobi, die bereits vor vier Tagen erneut evakuiert wurde.

Keine Entwarnung für Brände bei Athen

In Griechenland sind viele Brände weiterhin außer Kontrolle – auch am Freitagabend konnte an den meisten Feuerfronten keine Entwarnung gegeben werden. Nördlich von Athen stiegen die Flammen am Abend wieder haushoch in den Nachthimmel.

Kein nächtlicher Einsatz von Löschflugzeugen

Mehrere weitere große Feuer loderten Kilometer lang in derselben Region und bedrohten mehrere Athener Vorstädte, berichtete der öffentlich-rechtliche Rundfunk des Landes am Abend und zeigte Bilder von Autokolonnen, die die Ortschaften verließen. Die Löschflugzeuge und -hubschrauber hatten zuvor den ganzen Tag vergeblich versucht, die Brände trotz starker Winde unter Kontrolle zu bringen. Bei Einbruch der Dunkelheit mussten sie die Bemühungen einstellen.

Tausende Menschen evakuiert

Weiter angespannt blieb die Lage unter anderem auf Euböa. Die zweitgrößte, stark bewaldete griechische Insel erstickt unter einer einzigen Rauchwolke aus zahllosen Brandherden. Immer wieder neue Ortschaften wurden evakuiert. So verließen rund 2.000 Einwohnerinnen und Einwohner etwa den Ort Limni im Nordwesten der Insel. Sie wurden am Abend von Fähren abgeholt, weil der Landweg vom Feuer abgeschnitten war.

Menschen von Kochyli beach mit einer Fähre in Sicherheit gebracht
AP/Thodoris Nikolaou
Auf Euböa wurden Hunderte Menschen mit Fähren in Sicherheit gebracht

Auf dem Peloponnes zeichnet sich ebenfalls keine Entspannung ab. Weitere Dörfer mussten im Laufe des Freitagnachmittags evakuiert werden, darunter auch der beliebte Touristenort Gytheion, eine malerische Hafenstadt in der Nähe von Sparta.

Ganz Griechenland „ein Pulverfass“

Entlang der zentralen Autobahn Griechenlands von Athen ins nördliche Thessaloniki seien etliche Lagerhallen und Industriebetriebe in Brand geraten, es komme zu zahlreichen Explosionen. Die griechische Regierung forderte die Bewohner der Orte Malakasa und Sfendali per Warn-SMS auf, die Gegend zu verlassen. Bis mindestens Montag ist es den Menschen untersagt, Wälder zu besuchen. Auch sind Arbeiten verboten, die Funken bzw. Flammen erzeugen könnten.

Griechenlands Ministerpräsident Mitsotakis sagte, dass sich das Land in einer äußerst kritischen Lage befinde. „Wir stehen vor noch nie da gewesenen Bedingungen, da eine mehrtägige Hitzewelle das ganze Land in ein Pulverfass verwandelt hat.“

Bericht über Brände in Griechenland

ORF-Reporter Alexander Kofler berichtet aus Athen über die verheerenden Brände in Griechenland.

So wie andere Länder im Mittelmeer-Raum erlebt Griechenland mit Temperaturen zwischen 40 und 45 Grad Celsius derzeit eine außergewöhnliche Hitzewelle. Der griechische Zivilschutz warnte Einwohner und Urlauber im ganzen Land per SMS vor der „extremen Brandgefahr in den kommenden Tagen“. „Wenn einige Leute noch immer fragen, ob der Klimawandel Wirklichkeit ist, sollen sie hierherkommen“, sagte Mitsotakis am Donnerstag bei einem Besuch der Brandgebiete.

Türkei hofft auf schwächeren Wind

In der Türkei wird den zehnten Tag in Folge gegen die schwersten Waldbrände seit Jahren gekämpft. Besonders betroffen sind die süd- und westtürkischen Küstenregionen Antalya, Marmaris, Bodrum und Milas. In Milas verschlangen die Flammen in der Nacht mehrere Viertel, die zuvor evakuiert worden waren. Mindestens acht Menschen kamen in der Türkei schon ums Leben.

Nach offiziellen Angaben mussten seit Beginn der Brände mehr als 36.000 Menschen ihre Häuser verlassen. Sie wurden in Schulen untergebracht. Die Behörden verbreiten immer wieder Listen mit Dingen, die benötigt werden: Besteck, Teller, Kissen und Decken – der Bedarf ist groß. Zwei Großbrände in der Urlaubsregion Antalya wurden am Freitag unter Kontrolle gebracht.

Zuvor hatte Außenminister Mevlüt Cavusoglu etwas Hoffnung gemacht: Der Wind werde am Freitag in Antalya nachlassen, und man hoffe, die Brände dort unter Kontrolle zu bringen. Kritiker und Kritikerinnen bemängeln, die Regierung habe zu langsam und unzulänglich auf die Bedrohung reagiert. Im Fokus steht der Mangel an Löschflugzeugen und -hubschraubern, weswegen die Türkei in erheblichem Umfang auf Maschinen aus anderen Ländern zurückgreift.

Menschen kämpfen gegen die Feuersbrunst in der Türkei an
APA/AFP/Serdar Gurbuz
Die Brände in der Türkei sind wie in Griechenland außer Kontrolle geraten

„Keine Entspannung“ in Nordmazedonien

Auch auf dem Westbalkan kämpften Katastrophenschützer und -schützerinnen weiter gegen Waldbrände. Zugleich erwarteten die Meteorologen für die gesamte Region in Kürze eine regnerische Kaltfront, die die Brandgefahr vermindern dürfte. Aktive Brände gebe es in Nordmazedonien, in Albanien ist die Situation unterdessen unter Kontrolle, während man im Kosovo noch keine Entwarnung geben konnte.

Einsatz der niederösterreichischen und steirischen Feuerwehren in Nordmazedonien
Patrick Schiesser
In Nordmazedonien sind auch Feuerwehreinheiten aus Österreich im Einsatz

In Nordmazedonien wurde wegen anhaltender Brände der Krisenzustand ausgerufen. Die Einsatzkräfte werden durch Hilfe aus dem Ausland, darunter neben Serbien, Bulgarien und Slowenien auch durch eine Hilfsmission aus Österreich unterstützt. Nach Angaben vom Bundesfeuerwehrverband (ÖBFV) wurden im Rahmen des europäischen Zivilschutzmechanismus (EUCP) 120 Einsatzkräfte der Landesfeuerwehrverbände Niederösterreich und Steiermark nach Nordmazedonien entsandt. Im Kampf gegen die meterhohen Flammen hat man laut ÖBFV zwar erste Erfolge erzielt – „von Entspannung kann noch keine Rede sein“.

Im Nachbarland Albanien gab es noch einen heftigen Brandherd im Norden bei Kukes, wie Verteidigungsminister Niko Peleshi sagte. Alle anderen Waldbrände seien unter Kontrolle gebracht worden. Kosovo wurde von fast 500 Waldbränden heimgesucht, auch hier brannten mehrere Bauernhöfe. Die Brände konnten mit Unterstützung der im Kosovo stationierten KFOR-Truppe der NATO gelöscht werden. Doch fürchten die Behörden weitere Ausbrüche.

Abkühlung in Bulgarien

In den Brandgebieten von Bulgarien brachte in der Nacht zum Freitag Regen Abkühlung und Entspannung. Die im Osten des Landes gelegenen Feriengebiete am Schwarzen Meer waren von den Wald- und Flächenbränden im Süden nicht betroffen. Bei Löscharbeiten kamen am Mittwoch zwei Forstarbeiter ums Leben, einer erlitt schwere Verbrennungen. Die Brände umfassten deutlich kleinere Gebiete als etwa in Griechenland. Eine Kaltfront sorgte am Freitag dafür, dass die Temperaturen von rund 40 Grad auf etwas über 20 Grad sanken.

Brände und Überschwemmungen in Italien

Zweigeteilt erscheint indes die Lage in Italien. Im Süden kämpft die Feuerwehr seit Tagen gegen Brände. Im Norden machen Starkregen, Gewitter und Überschwemmungen das Leben schwer. Ende Juli brannte es auf Sardinien, Einwohner und Touristen wurden evakuiert. Jetzt stehen eher Sizilien und Kalabrien im Fokus. Zwei Tote wurden am Freitag bei einem Bauernhof in San Lorenzo (Reggio Calabria) gefunden.

Für die nächsten Tage sagen Meteorologen wieder um die 40 Grad für Orte im Süden vorher. Dagegen drohen im Norden an den Alpen ab dem Wochenende wieder Unwetter. Zu Überschwemmungen kam es zuletzt etwa am Comer See und in Südtirol. Geht es nach Umweltminister Roberto Cingolani, seien indes rund 70 Prozent der Brände auf Fehlverhalten oder Brandstiftung zurückgehen – der Klimawandel tue den Rest.