Feuerwehrmann blickt auf einen brennenden Wald in der Stadt Kyuyorelyakh
AP/Ivan Nikiforov
Brände in Russland

Ausnahmezustand bei Atomzentrum

In vielen Ländern der Erde kämpfen die Menschen derzeit gegen Feuer. Wegen der Waldbrände in Russland haben die Behörden am Sonntag in der Stadt Sarow, wo sich das nationale Atomforschungszentrum befindet, den Ausnahmezustand verhängt. Das sei notwendig, weil sich die Flammen nahe der Forschungseinrichtung ausbreiten würden, so die Stadtverwaltung. In anderen Teilen Russlands gibt es schwere Überflutungen.

Durch die Verhängung des Ausnahmezustandes über Sarow könnten außerdem zusätzliche Kräfte zur Löschung der Brände mobilisiert werden, so die Stadtverwaltung. Besonders stark von den Bränden betroffen ist außerdem die sibirische Region Jakutien (Republik Sacha) im Nordosten Russlands. Dort brannten Dutzende Häuser ab. Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden. In den sibirischen Regionen Irkutsk und Krasnojarsk versanken ganze Städte im Rauch.

Im flächenmäßig größten Land der Erde meldeten die Behörden am Sonntag mehr als 240 Brände mit einer Gesamtfläche von rund 3,5 Millionen Hektar – ein Gebiet fast zweimal so groß wie die Fläche von Niederösterreich. Auf dem Großteil der Fläche wird nicht gelöscht, weil die Kosten hoch seien und keine Gefahr für Menschen bestehe, teilte die für den Forstschutz zuständige Behörde Avialesoochrana mit.

„Hängt mit Klimaveränderungen zusammen“

Der Experte Grigori Kuksin von der Umweltorganisation Greenpeace sprach im Radiosender Echo Moskwy von einem der schlimmsten Waldbrände in der Geschichte der russischen Wetterbeobachtung. Den Negativrekord des Jahrhunderts habe es 2012 mit einer von Feuern zerstörten Fläche von 16 Millionen Hektar gegeben.

„Das hängt mit den zunehmenden Klimaveränderungen zusammen. Die Saison der Waldbrandgefahr wird immer länger, die Dürren kommen häufiger vor, dauern länger und sind intensiver“, sagte der Greenpeace-Forstexperte Alexej Jaroschenko. Er kritisierte, dass Gesetze, Geld und Personal zum Schutz des Waldes fehlten. Eine Greenpeace-Petition zur Rettung Russlands vor Waldbränden hatten bis Sonntag mehr als 240.000 Menschen unterzeichnet.

Feuerwehrmann löscht Glutnester in der Stadt Byas-Kuel
AP/Vadim Skryabin, NewsYkt/Vadim Skryabin
In Russland wird nur dort gelöscht, wo Menschenleben bedroht sind

Greenpeace legte der Regierung in Moskau eine Liste mit Maßnahmen zur Reduzierung der Brände vor. So müssten etwa mehr Försterinnen und Förster sowie Freiwillige eingesetzt und Bürgerinnen und Bürger über den Brandschutz aufgeklärt werden. Die Umweltschutzorganisation beklagt immer wieder, dass viele Feuer von Menschen verschuldet seien. Trotz Warnhinweisen wegen der Waldbrandgefahr zünden viele Russinnen und Russen Lagerfeuer in den trockenen Wäldern an.

Insgesamt gilt in acht russischen Regionen der Ausnahmezustand. Die Feuer breiten sich dort wegen hoher Windgeschwindigkeiten rasend aus. Mehrere Ortschaften waren laut Behörden bedroht, darunter die Siedlung Sangar in Jakutien, die über Öllager verfügt. In Mordwinien brannten Teile eines Nationalparks. Landesweit waren fast 7.000 Löschkräfte im Einsatz.

Hochwasser an Grenze zu China

In der an China grenzenden Region um den großen Fluss Amur hingegen kämpften die Behörden mit Hochwasser nach schweren Regenfällen. Unter anderem mehr als 80 Kilometer Straße und sechs Brücken seien überflutet, 24 Ortschaften von der Außenwelt abgeschnitten, sagte der Verkehrsminister des Amur-Gebiets, Alexander Selenin, in Blagoweschtschensk. Im Kreis Swobodnenski sei ebenfalls der Ausnahmezustand verhängt worden, teilte die Gebietsverwaltung mit.

Löschhubschrauber wirft über Thrakomakedones Wasser ab
APA/AFP/Louisa Gouliamaki
Löschhubschrauber versuchen die Flammen einzudämmen

Weiter Feuer in der Türkei

Neben Russland brennt es derzeit auch in vielen anderen Weltregionen – etwa in der Türkei. Hier waren sechs Brände weiterhin außer Kontrolle. Vielerorts war nachts aus der Ferne der rote Schein des Feuers zu sehen, roch es nach Rauch, regnete es Asche und herrschten Verwüstung und Verzweiflung. Vor zehn Tagen brachen in zahlreichen Provinzen der Türkei Brände aus. Weite Flächen Wald, Felder und Dörfer sind seitdem in Flammen aufgegangen. Die Feuer in Antalya sind seit Freitag unter Kontrolle, hieß es unterdessen von offizieller Seite. In der Nachbarprovinz Mugla wüten sie jedoch weiter.

Menschen kämpfen gegen die Feuersbrunst in der Türkei an
APA/AFP/Serdar Gurbuz
Die Brände in der Türkei sind außer Kontrolle geraten

Dort brach am Sonntagnachmittag der Nachrichtenagentur Anadolu zufolge ein weiteres Feuer in der Nähe des internationalen Flughafens Dalaman aus. Dort erschweren vor allem Winde und unwegsames Gelände die Löscharbeiten.

Situation auf dem Balkan unter Kontrolle

In den Balkan-Ländern ist die Lage hingegen weitgehend unter Kontrolle. In Albanien löschten die Brandbekämpfer allein am Freitag 15 Feuer. Zehn Brandherde seien noch aktiv, aber keine Bedrohung für nahe gelegene Dörfer oder Nationalparks. Auch im Kosovo gelang es den Sicherheitskräften, nahezu alle Brände zu löschen. In Nordmazedonien waren in den vergangenen 24 Stunden noch 616 Polizeikräfte im Einsatz. Ein Brand, der das Dorf Budinarci im Osten des Landes bedroht hatte, stelle keine Gefahr mehr da, teilte der Katastrophenschutz mit.

Drittgrößter Brand in der Geschichte Kaliforniens

In Kalifornien in den USA, wo es fast das ganze Jahr über Flächenbrände gibt, wurden erneut mehrere Menschen als vermisst gemeldet. Wie der Polizeichef des Bezirks Plumas County, Todd Johns, am Samstag (Ortszeit) mitteilte, suchten die Einsatzkräfte nach fünf Einwohnern der abgebrannten früheren Goldgräberstadt Greenville im Norden des US-Bundesstaats. Das Feuer zerstörte mittlerweile auch die kleine Ortschaft Canyondam.

Das seit Mitte Juli wütende „Dixie Fire“ hat sich zum drittgrößten Brand in der Geschichte Kaliforniens entwickelt. Das Feuer vernichtete bereits mehr als 1.800 Quadratkilometer Fläche. Rund 5.000 Feuerwehrleute sind im Einsatz, um die Flammen einzudämmen. Mehrere von ihnen wurden verletzt. Kühleres Wetter verschaffte den Einsatzkräften am Samstag eine Verschnaufpause. Die US-Behörden ordneten an, dass Tausende Einwohnerinnen und Einwohner in Sicherheit gebracht werden sollten. Manche von ihnen wehrten sich dagegen jedoch mit gezogener Waffe, wie die „Los Angeles Times“ berichtete.

Extremwettereignisse durch Klimakrise noch intensiver

Darüber hinaus gibt es zurzeit Meldungen von Flächen- und Waldbränden im Libanon, in Brasilien, in Kanada, Australien, im mittleren und südlichen Afrika sowie in weiteren Weltregionen. Die deutschen Klimaforscher Stefan Rahmstorf und Hans Joachim Schellnhuber schreiben in ihrem Werk „Der Klimawandel“, dass sich einzelne Extremereignisse nicht direkt auf eine bestimmte Ursache zurückführen lassen.

Dennoch kann man zeigen, „dass sich die Wahrscheinlichkeit (oder Häufigkeit) bestimmter Ereignisse durch die globale Erwärmung erhöht“ Fachleute weisen zudem darauf hin, dass diese Extremwetterereignisse noch intensiver werden könnten. Das heißt: Niederschläge werden stärker, Hitzewellen heißer und Dürren trockener.