Satellitenbild zeigt Brände und Rauchwolken nördlich von Athen
AP/Maxar Technologies
Weltklimabericht

Wetterextreme werden künftig häufiger

Ein Kernpunkt des am Montag veröffentlichten Weltklimaberichts ist gerade sehr aktuell: Wetterextreme. Erst Hochwasser in Europa, jetzt Hitzewellen und Brände. Starke Niederschläge würden in Zukunft ebenso häufiger werden wie Trockenperioden – mit entsprechenden Folgen, heißt es vom Weltklimarat (IPCC). Insgesamt steigt auch die globale Durchschnittstemperatur schneller als bisher angenommen.

Hitzewellen, wie es sie bisher alle 50 Jahre einmal gab, würden in Hinkunft etwa alle zehn Jahre auftreten – und das unabhängig davon, ob sich der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf 1,5 Grad Celsius begrenzen lasse oder nicht, so der IPCC. Tropenstürme werden laut dem Bericht stärker, Regen- und Schneefälle nehmen zu, das Gleiche gelte für Trocken- bzw. Dürreperioden. Entsprechend würden auch Brände häufiger werden und länger dauern.

Zum Thema starke Niederschläge heißt es in dem Bericht: „Es ist sehr wahrscheinlich, dass Episoden mit Starkniederschlägen in den meisten Regionen mit einer weiteren Klimaerwärmung intensiver und häufiger werden“, wobei „sehr wahrscheinlich“ eine 90- bis 100-prozentige Sicherheit bedeute. Früher sei der Zusammenhang einzelner Wetterereignisse mit dem Klimawandel unklar gewesen. „Aber jetzt können wir tatsächlich quantitative Aussagen über extreme Wetterereignisse treffen“, sagte Koautor Michael Wehner, Klimaforscher am Lawrence Berkeley National Laboratory in Kalifornien.

Einige Folgen der Klimakrise bereits „unumkehrbar“

Eine ganz zentrale Aussage des am Montag in Genf veröffentlichten Berichts lautet: Einige Folgen der globalen Erwärmung seien schon heute „unumkehrbar“ – darunter der Anstieg der Meeresspiegel und das fortschreitende Abschmelzen der Gletscher.

Selbst durch eine drastische Reduktion der Treibhausgasemissionen würden die Meeresspiegel weiter steigen und „für Tausende Jahre erhöht bleiben“, heißt es in dem Bericht. Die Rede ist von bis zu einem Meter bis zum Jahr 2100 – mit entsprechenden Folgen für Küstengebiete und ihre Bewohnerinnen und Bewohner.

Laut dem Bericht wird sich die Erde außerdem schon in den nächsten zehn Jahren um die genannten 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter erwärmt haben – um gleichfalls zehn Jahre früher als noch 2018 prognostiziert. Der globale Anstieg der Durchschnittstemperaturen sei dabei „eindeutig“ durch den Menschen verursacht.

Der Einfluss des Menschen

Die bereits jetzt belegte Erwärmung um 1,1 Grad seit Mitte des 19. Jahrhunderts sei bis auf einen Bruchteil auf den Menschen zurückzuführen, heißt es in dem Bericht weiter. „Es ist seit Jahrzehnten klar, dass sich das Klimasystem der Erde verändert, und die Rolle des menschlichen Einflusses auf das Klimasystem ist unbestritten“, sagte Valerie Masson-Delmotte, Kovorsitzende der zuständigen IPCC-Arbeitsgruppe. In einem früheren IPCC-Bericht von 2014 war nur die globale Erwärmung selbst als „eindeutig“ bezeichnet worden.

Luftaufnahme eines Brandes im Amazonas
Reuters/Ricardo Moraes
Wetterextreme wie Hitzewellen und Brände werden laut dem IPCC-Bericht häufiger werden

Wie stark der Klimawandel bereits in Österreich angekommen ist, zeigen aktuelle Daten der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), veröffentlicht parallel zum Bericht des IPCC. Laut den Zahlen stieg die Durchschnittstemperatur seit Beginn der Industrialisierung um etwa zwei Grad Celsius. Erfolgt keine Trendumkehr, könnten es bis zum Jahr 2100 fünf Grad sein.

Teufelskreis in der Arktis

Die Arktis ist die Region, die sich am schnellsten erwärmt, mindestens doppelt so schnell, wie es dem globalen Durchschnitt entspricht. Eisschollen im arktischen Ozean im Sommer werden selbst nach dem optimistischsten Szenario der Forscherinnen und Forscher bis 2050 verschwinden. Dieser Prozess ist bereits seit den 1970er Jahren in Gang. Die Eisschmelze bewirkt eine Rückkopplung: Während das Eis das Sonnenlicht reflektiert, nimmt die dunklere Wasseroberfläche die Strahlung auf, was die Erderwärmung noch verstärkt.

Luftaufnahme der überfluteten Stadt Erftstadt in Deutschland
APA/AFP/Sebastian Bozon
Unwetterkatastrophen wie Überschwemmungen könnten künftig noch häufiger auftreten

Der Weltklimarat wurde 1988 von der UNO-Umweltorganisation (UNEP) und der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) gegründet. Seine Aufgabe ist es, die Politik neutral über die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Klimaveränderung und über mögliche Gegenmaßnahmen zu informieren. Dem IPCC gehören 195 Staaten an.

Kernfrage: Wie sind Klimaziele noch zu erreichen?

Der aktuelle Bericht ist der erste von drei Teilen des neuen „Sachstandsberichts“ des IPCC, einer Art Zwischenbilanz zur Entwicklung des Klimas. An ihm haben 230 Expertinnen und Experten aus 66 Ländern mitgearbeitet, Schwerpunkt sind die naturwissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels. Die Berichte des Rates gelten als wegweisend für die globale Klimapolitik. Der Bericht ist der erste seit acht Jahren.

Im kommenden Jahr sollen zwei weitere Teile zu Folgen des Klimawandels und Möglichkeiten der Anpassung sowie zu Wegen zu einer Minderung der Treibhausgasemissionen folgen. Den Abschluss bildet ein Synthesebericht. Im Hintergrund steht dabei die Frage, wie das Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens noch erreicht werden kann, die Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad, mindestens aber deutlich unter zwei Grad zu begrenzen.

Alarmglocken läuten

Entsprechend dem Inhalt des aktuellen IPCC-Berichts fielen am Montag auch die Reaktionen aus. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres rief „Alarmstufe Rot" aus. Die Alarmglocken seien laut, sie müssten den Abschied „von Kohle und anderen fossilen Brennstoffen einläuten, bevor diese unsere Erde zerstören“.

Weltklimabericht gibt düstere Aussichten

Die Erde erwärmt sich schneller als erwartet, enorme Hitze und starke Regenfälle werden in Zukunft häufiger werden. Zu diesem Schluss kommt der Weltklimarat.

„Wir alle sind bereits heute von den Auswirkungen der Klimakrise betroffen“, hieß es in einer Aussendung von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne). Mit „immer häufiger und intensiver auftretenden Unwetterereignissen“ werde klar: „Wir müssen jetzt handeln – es braucht engagierte Klimaschutzpolitik.“ Weitermachen wie bisher sei „keine Option“. Der Bericht bestätige aber auch, „dass bei Vorantreiben ambitionierter Klimaschutzmaßnahmen eine Eindämmung der voranschreitenden Klimakrise möglich ist“.

„Wir können nicht damit warten, die Klimakrise zu bewältigen“, schrieb unterdessen US-Präsident Joe Biden auf Twitter. „Die Zeichen sind unübersehbar. Die Wissenschaft ist unbestreitbar“, so Biden weiter, ohne den Bericht wörtlich zu erwähnen.

„Notruf der Klimawissenschaft“

Der World Wide Fund for Nature (WWF) nannte die Ergebnisse einen „alarmierenden Notruf der Klimawissenschaft". Der Bericht sei ein weiterer Beweis dafür, dass die menschengemachte Klimakrise rasant voranschreite. Der Bericht müsse die Politik aufrütteln, hieß es von der Umweltschutzorganisation Greenpeace. Für Global 2000 zeigt der IPCC-Bericht, dass es auch für Österreich einen „Green Deal“ brauche. Die Politik müsse „endlich wirksame Maßnahmen ergreifen“, hieß es in einer Aussendung vom Montag.

Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg zeigte sich nicht überrascht. Der Bericht enthalte „keine wirklichen Überraschungen“, schrieb sie via Twitter und Instagram: „Er bestätigt, was wir schon aus Tausenden vorherigen Studien und Berichten wissen – dass wir uns in einer Notlage befinden.“