Silhouetten von Menschen vor dem ORF-Logo
ORF.at/Christian Öser
GD-Wahl

Die Reaktionen der Politik

Roland Weißmann ist mit den Stimmen der ÖVP- und Grünen-nahen Stiftungsräte zum neuen ORF-Generaldirektor gewählt worden. Nach der Wahl kamen zahlreiche Gratulationen für Weißmann, ebenso Dank für den nunmehr abgewählten Generaldirektor Alexander Wrabetz. Kritik gab es am Bestellungsvorgang – SPÖ, FPÖ und NEOS kritisierten – teils mit heftigen Worten – die ÖVP-Nähe Weißmanns.

ÖVP-Mediensprecher Axel Melchior gratulierte Weißmann. „Ein erfolgreicher ORF liegt in unser aller Interesse, dementsprechend wichtig ist es, dass die neue Generaldirektion die Weiterentwicklung des ORF vorantreibt“, so Melchior.

Wrabetz danke er für dessen Arbeit in den vergangenen Jahren – „unabhängig von unterschiedlichen Anschauungen" wolle er Dank und Anerkennung für seine Leistung und sein persönliches, langjähriges Engagement“ aussprechen.

SPÖ warnt vor „türkiser Message-Control“

Für SPÖ-Mediensprecher Jörg Leichtfried ist die Wahl Weißmanns der Vollzug eines „seit Monaten ausgemachten Deals“. Es gehe der ÖVP um Kontrolle und darum, den ORF auf Linie zu bringen. „Und die Grünen machen wieder einmal den willigen Steigbügelhalter“, kritisierte Leichtfried. Bei Weißmann sehe er eine große Verantwortung. Dieser müsse beweisen, dass für ihn die journalistische Unabhängigkeit des ORF und damit die Medienfreiheit insgesamt an erster Stelle stehe.

Stiftungsrat Thomas Zach und Medienvertreter
ORF.at/Christian Öser
Das Medieninterresse an der GD-Wahl war enorm

Auch SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch sieht in Weißmanns Bestellung eine Aktion „auf Linie der türkisen Message-Control“. "Mit der Übernahme des ORF durch die türkise Familie wird die Orbanisierung mittlerweile nicht einmal mehr kaschiert“, so Deutsch. Er betonte, dass „entgegen den türkisen Absichten die Unabhängigkeit des ORF nicht nur gewahrt, sondern gestärkt werden muss“.

FPÖ: ÖVP im „Machtrausch“

Deftige Worte fand FPÖ-Mediensprecher Christian Hafenecker: „Nach dem Innen-, dem Justiz- und dem Finanzministerium krallt sich die türkise ÖVP in ihrem Machtrausch jetzt nach der ‚Kronenzeitung‘ auch noch den ORF und setzt mit Roland Weißmann einen willfährigen Vollstrecker der türkisen ‚Message-Control‘ als Generaldirektor ein. Die Grünen, als türkise Bettvorleger, machen gute Miene zum bösen Spiel und werden dafür mit zwei Direktorenpöstchen belohnt“, so der FP-Abgeordnete.

Einmal mehr betonte die FPÖ, es sei gerade jetzt notwendig, „die Frage der GIS-Gebühren neu zu debattieren“. Denn kaum jemand in der Bevölkerung werde künftig bereit sein, für das „Kurz-Pay-TV“ bezahlen zu wollen. Daher ist mit dem heutigen Tag die Abschaffung der GIS ganz oben auf der innenpolitischen Prioritätenliste der Freiheitlichen.

Gratulation von den Grünen

Die Mediensprecherin der Grünen, Eva Blimlinger, gratulierte Weißmann. Er werde mit dieser Wahl „den verantwortungsvollsten Medienjob in Österreich“ antreten werde. Er stehe vor wirklich großen Herausforderungen, insbesondere im Bereich der digitalen Transformation, der Konkurrenzfähigkeit im Wettbewerb mit internationalen Playern und der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. „Im Vordergrund muss jedenfalls immer die Unabhängigkeit des ORF stehen und ich bin sicher, dass sowohl der Stiftungsrat als auch der Redakteursrat dafür Sorge tragen werden“, hält Blimlinger fest.

NEOS: „Reformbedarf bleibt“

NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter gratulierte Weißmann, verlangte aber auch einen verantwortungsvollen Umgang mit dieser wichtigen Position. „Es liegt eine Fülle an Herausforderungen vor Roland Weißmann, der sein Amt mit dem Geruch des politischen Mauschelns antreten muss." Er müsse beweisen, dass er den ORF in eine neue Zeit führen und ihn zukunftsfit aufstellen könne.

Die Zeiten politischer Einflussnahme auf den Sender über parteipolitisch gelenkte Stiftungsräte müssten endlich vorbei sein, so Brandstötter. „Oberste Priorität muss außerdem eine Gremienreform sein – weg von den Freundeskreisen einzelner politischer Parteien hin zu einer echten Hauptversammlung“, ist Brandstötter überzeugt. „In einem modernen Medienhaus hat Parteipolitik nichts verloren.“

Haslauer stellt Mitsprache der Länder infrage

Der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) stellte vor der Wahl das gesetzlich vorgesehene Anhörungsrecht der Bundesländer bei der Bestellung der ORF-Landesdirektoren zur Debatte. Wie er in einem am Dienstag erschienenen Interview mit den „Salzburger Nachrichten“ sagte, könne man – im Gegensatz zur Mitbestimmung bei anderen Führungspositionen – durchaus darüber diskutieren, „ob so eine gesetzliche Regelung überhaupt noch erforderlich und in unserer Zeit opportun ist“.

Allerdings, so räumte Haslauer ein, sei es nicht ganz egal, was ein Landeshauptmann zum Besetzungsvorschlag für das Landesstudio Salzburg durch den neuen Generaldirektor oder die neue Generaldirektorin sage. Er werde ihn nicht einfach durchwinken. Rein formal habe er allerdings keine Möglichkeit, eine Bestellung zu verhindern. Auf keinen Fall werde es parteipolitische Überlegungen geben. Werde eine Persönlichkeit vorgeschlagen, „gegen die es fachlich keine Einwände gibt, dann werde ich mich auch nicht dagegen aussprechen“.

Das gesetzlich festgelegte Anhörungsrecht ist in Paragraf 23 des ORF-Gesetzes festgeschrieben. Unter Ziffer 3 heißt es zu den Aufgaben des Generaldirektors: „die Erstattung von Vorschlägen für die Bestellung und Abberufung von Direktoren und Landesdirektoren, bei Letzteren nach Einholung einer Stellungnahme des betreffenden Landes“.

Antikorruptionsvolksbegeheren kritisiert Modalitäten

Als „fragwürdiges Schauspiel“ bezeichnete Irmgard Griss die Vorgänge im Rahmen der Wahl in den vergangenen Wochen. „Es widerspricht dem gesellschaftlichen Stellenwert des öffentlich-rechtlichen Rundfunks diametral, wenn dieser als Spielball für Machtpolitik und Postenschacher missbraucht wird“, so die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofs und eine der Proponentinnen des Antikorruptionsbegehrens in einer Stellungnahme.

Von einem objektivierten Bestellungsverfahren nach internationalen Standards, wie es das Rechtsstaats- und Antikorruptionsvolksbegehren verlange, sei man bei der Besetzung der ORF-Spitze bedauerlicherweise noch Lichtjahre entfernt, so Griss. Die Forderung des Volksbegehrens nach einer Zurückdrängung des Parteieneinflusses im ORF-Stiftungsrat sei aktueller denn je.

„Ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk im Zangengriff politischer Parteien ist nicht nur demokratiepolitisch bedenklich, sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht grob fahrlässig“, so Griss.

Gratulationen von VÖZ und Filmwirtschaft

Gratulationen an Weißmann kamen vom Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ), wo man auf weitere gute Zusammenarbeit baut. Auch die Österreichische Filmwirtschaft gratulierte und sah mit dem neuen Generaldirektor „eine Fortsetzung einer erfolgreichen Zusammenarbeit gewährleistet“.

Der von der katholischen Kirche entsandte ORF-Publikumsrat Herbert Beiglböck pochte gegenüber Kathpress auf die gesetzlich festgelegte Unabhängigkeit des ORF und mahnte zugleich nach der erfolgten Wahl, zu der er Weißmann gratuliere, eine Reform des Wahlmodus ein. Man habe den Eindruck gewinnen können, dass es nicht um die besten Köpfe gehe, sondern, dass die Interessen der parteinahen „Freundeskreise“ Vorrang hätten, so der Caritas-Direktor der Diözese Graz-Seckau.

Die IG Autorinnen Autoren beklagte, dass der neue ORF-Generaldirektor in seiner Präsentation auf die Kunst und Kultur vergessen habe und forderte von Weißmann entsprechende Schritte ein: „Der ORF wird und kann aber nur überleben, wenn er auf Programminhalte setzt, die für das gewinnmachende Wirtschaften zu unergiebig sind, wie eben auf die originäre österreichische Kunst- und Kulturproduktion.“