Taliban erobern weitere Provinzhauptstadt in Afghanistan

Die radikalislamischen Taliban haben nach übereinstimmenden Berichten eine weitere Provinzhauptstadt in Afghanistan erobert. Die Stadt Farah in der gleichnahmigen Provinz im Westen des Landes sei an die Taliban gefallen, meldeten die Extremisten heute ebenso wie ein Provinzabgeordneter. Später wurde bekannt, dass auch die 250.000-Einwohner-Stadt Pul-i Chumri in der Provinz Baghlan im Norden des Landes fiel.

Bild zeigt Kämpfer der Tabilan in der Provinz Farah Farah, südwestlich von Kabul.
AP/Mohammad Asif Khan

„Heute Nachmittag sind die Taliban nach kurzen Kämpfen mit den Sicherheitskräften in die Stadt Farah eingedrungen“, sagte Shala Abubar, Mitglied im Provinzrat von Farah, der Nachrichtenagentur AFP. „Sie haben den Gouverneurssitz und das Polizeipräsidium übernommen. Die Sicherheitskräfte haben sich in Richtung eines Armeestützpunkts zurückgezogen.“

Die Taliban hatten in den vergangenen Tagen bereits sechs der 34 afghanischen Provinzhauptstädte erobert – fünf davon im Norden des Landes. Seit dem Beginn des Abzugs der internationalen Truppen im Mai hat die Miliz schon weite Teile des Landes eingenommen.

Ihr größter militärischer Erfolg war die Einnahme der strategisch wichtigen Stadt Kunduz, die lange Zeit Standort der deutschen Bundeswehr war. Farah südlich von Herat ist nun die siebente Provinzhauptstadt, die an die Taliban gefallen ist.

EU-Botschafter empfehlen Aussetzung von Abschiebungen

Die EU-Botschafter in Afghanistan empfehlen unterdessen, Abschiebungen in das Krisenland vorerst auszusetzen. Angesichts des sich verschärfenden Konflikts, der prekären Sicherheits- und Menschenrechtslage sowie des Mangels an sicheren Räumen im Land werde empfohlen, eine vorübergehende Aussetzung von Zwangsrückführungen aus EU-Mitgliedsstaaten nach Afghanistan zu erwägen, heißt es in einem an die Mitgliedsstaaten versendeten Bericht der EU-Missionschefs in Kabul.

Den Mitgliedsstaaten wird in dem Brief, der der dpa in Auszügen vorliegt, zudem empfohlen, die Unterstützung und den Einsatz der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und des UNO-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) in Pakistan, dem Iran und der Türkei fortzusetzen und zu verstärken, da diese Länder den größten Zustrom von Flüchtlingen aus Afghanistan aufnehmen dürften.