Innenminister: Kein strukturelles „Ethnic Profiling“

Im Zuge einer Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage – Thema: „Ethnic Profiling in der Polizei“ – hat Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) ein derartiges strukturelles Problem bei der österreichischen Exekutive negiert. Diese kontrolliere Personen „stets auf Basis der geltenden Rechtslage und aufgrund kriminalpolizeilicher Lagebilder und Analysen sowie kriminalpolizeilicher Informationen“.

SPÖ-Gleichbehandlungssprecher Mario Lindner bezog seine Anfrage auf eine Erhebung der Europäischen Menschenrechtsagentur (FRA) aus dem Mai 2021 zur Ausgrenzung in Europa lebender Bevölkerungsgruppen – darunter auch Schwarzafrikanerinnen und Schwarzafrikaner.

Diese seien laut FRA in kaum einem EU-Land so überdurchschnittlich oft von Anhaltungen betroffen wie in Österreich. Lindner wollte vom Innenministerium daraufhin Zahlenmaterial zu etwaigen Vorfällen bzw. Beschwerden im Kontext mit „Ethnic Profiling“ und eine Reaktion auf die Resultate im FRA-Bericht, der sich auf die Befragung von 5.803 Migrantinnen und Migranten aus Afrika bzw. ihrer Nachkommen in zwölf der 28 EU-Mitgliedsstaaten stützt.

Innenministerium: Keine „konkreten Schlüsse“

Die Frage nach den konkreten Schlüssen aus der FRA-Studie beantwortete Nehammer mit der Feststellung, dass sich „die vorliegenden Ergebnisse aus drei unterschiedlichen Erhebungen in verschiedenen Ländern und zu unterschiedlichen Befragungszeitpunkten zusammensetzen“, dabei seien unter anderem deren Zielsetzung, Datenbasis (wie Umfragesample), geltende Rechtslage in den Umfrageländern und andere Befragungsdetails nicht zur Gänze zu erschließen. Konkrete Schlüsse ließen sich aufgrund des vorliegenden Berichts nicht ziehen.

„Statistische Korrelationen für sich stehend können dazu verleiten, sie fälschlicherweise mit Kausalzusammenhängen zu verwechseln“, hieß es in der Beantwortung weiter.

SPÖ: Innenminister redet Problem weg

Lindner hielt aufgrund der Beantwortung durch Nehammer in einem der APA vorliegenden Statement dazu fest, dass es „eines Innenministers dieser Republik unwürdig“ sei, „eine EU-weite Vergleichsstudie zu verleugnen und vorhandene Probleme wegzureden“. Wenn die Menschenrechtsagentur der EU klar darlege, dass beispielsweise Menschen aus Subsahara-Afrika in Österreich fast dreimal so oft angehalten würden wie in Deutschland und es ähnlich hohe Werte nur in Griechenland und Kroatien gebe, dann liege ein Problem vor, so Lindner.

Lindner bemängelte zudem das Fehlen einer Statistik über Beschwerden hinsichtlich Fällen von „Ethnic Profling“ im Innenministerium. Laut Nehammer werden entsprechende Statistiken nicht geführt. „Von einer anfragebezogenen retrospektiven bundesweit durchzuführenden manuellen Auswertung aller relevanten Aktenvorgänge wird aufgrund des exorbitanten Verwaltungsaufwandes und der damit einhergehenden enormen Ressourcenbindung im Sinne der Zweckmäßigkeit, Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns Abstand genommen.“

ZARA: Unabhängige Beschwerdestelle endlich einrichten

Der Verein Zivilcourage & Anti-Rassismus-Arbeit (ZARA) wies in einem Statement auf einen evidenten Rassismus in der Polizei hin, jährlich werden dem Verein laut dessen Angaben Dutzende derartige Fälle gemeldet, 83 im Vorjahr. Die Exekutive müsse sich endlich ihrem Rassismusproblem stellen, statt es zu leugnen, denn ohne Anerkennung des Problems würde sich für Betroffene nichts ändern, so der Verein, der die Umsetzung der im Regierungsprogramm angekündigten unabhängigen Beschwerdestelle für Betroffene von Polizeigewalt fordert.