Plastikringe und anderer bunter Plastikschmuck auf einem Instagram-Account
instagram.com/thebonbonwhimsclub; ORF.at (Repro)
Schmucktrend

Wenn Kitsch auf Kindheit trifft

Kitschig, klobig und kunterbunt – mit diesen drei Worten lässt sich der wohl polarisierendste Schmucktrend des Jahres 2021 zusammenfassen. Denn Stars und Influencer tauschen filigrane Schmuckstücke aus Gold und Silber neuerdings gegen protzige Ketten, Ringe, Haarspangen und Ohrstecker in allerlei Farben und aus allerlei Materialien – von pink bis blau, von Plastik bis Perlen. Das Motto? Mehr ist mehr.

Egal ob farbenfrohe Haarspangen, selbstgebastelte Ketten mit Kunststoffperlen in pastellrosa, babyblau und neongelb oder Ohrringe, von denen Smileys, Herzen oder Schmetterlinge baumeln – der derzeit scheinbar beliebteste Schmuck- und Accessoiretrend von Anhängerinnen und Anhängern der Gen Z und junggebliebenen Millennials lässt wohlige Kindheitserinnerungen wie Alpträume gleichermaßen wach werden.

Getragen wird der Schmuck der Kategorie Hardcore-Kitsch von einer Horde an Stars wie Dua Lipa, Kylie Jenner, Justin Bieber und Jaden Smith genauso wie von Influencerinnen a la Emma Chamberlain, Charlie D’Amelio und Chiara Ferragni. Auch Labels, die sich den kunterbunten Kreationen verschrieben haben, sprießen nahezu aus dem Boden – mit Erfolg.

Kitsch gegen Pandemieblues?

„Nostalgie ist immer in“, hält die Modeanalystin Beth Goldstein vom US-Marktforschungsinstitut NPD Group diesbezüglich gegenüber der „New York Times“ („NYT“) fest. „Auf der Suche nach Inspiration blickt jetzt eben die nächste Generation auf die späten 1990er, frühen 2000er zurück, insbesondere aufgrund der alten TV-Shows, die sie ansehen“, so die Expertin zudem.

„Konsumenten sind auf der Suche nach frecheren Möglichkeiten, um sich auszudrücken“, sagt Goldstein mit Verweis auf die Coronavirus-Pandemie, die optisch lange Zeit nicht nur von Masken, sondern vor allem auch von komfortablen Jogginghosen, Oversized-Pullovern und Pyjamas gekennzeichnet war, auch. Die kunterbunten Accessoires und Schmuckstücke aus Materialien wie Kunststoff, Emaille und Edelmetallen stehen im krassen Kontrast dazu.

Ähnlich die Einschätzung der Accessoireexpertin Ana Correa vom Trendprognoseinstitut WGSN bei Vox. Vor allem Angehörige der Gen Z würden die Nachfrage nach Modeschmuck mit einer „verspielten und kindischen Ästhetik, die hochqualitative mit weniger qualitativen Materialien mischt“, in die Höhe treiben. „Stimmungsaufhellende Designs, die als Ausgleich zum Stress, den wir weltweit durch die Lockdownperiode erleben, dienen, liegen ebenso im Trend. Strahlende Farben und nostalgische Motive sind ausschlaggebend, um dieses Gefühl zu vermitteln“, so Correa.

Je überladener, desto besser

Zu den absoluten Favoriten der Stars zählen dabei Labels wie BonBonWhims, Ian Charms und Drainbowland. BonBonWhims überzeugt Fashionistas mit seinen klobigen Ringen aus gefärbtem Harz, auf denen Blumen, Gummibären und allerlei andere Symbole wuchern. Dabei wird eben frei nach dem Motto „Mehr ist mehr“ nicht nur ein Ring getragen, sondern so viele, wie eben möglich auf den Fingern gestapelt.

Allein zwischen Jänner und März 2021 hat das Label eine 400-prozentige Umsatzsteigerung verzeichnet, wie Gründerin Claire Ngai der „NYT“ sagt. Und das war noch bevor das Unternehmen seine inzwischen kultigen Ringe auf den Markt brachte.

Die Renaissance der Schnullerkette

Nach dem Schema „Kitsch im Überfluss“ scheint auch das kalifornische Label Ian Charms zu funktionieren. Markenzeichen von Ian Charms sind dabei mit Perlen und bunten Anhängern beladene Halsketten, die wie selbstgemacht aussehen. Der Einfluss der 2000er Jahre lässt sich da kaum bestreiten. „In den 2000ern ging es einfach darum, herauszustechen“, sagt Gründerin Lisa Sahakian. Mit ihren Ketten soll das auch im Jahr 2021 möglich sein, so die Designerin.

Auch auf E-Commerce-Seiten wie Etsy, Depop und Willhaben oder beim Berliner Conceptstore Broke+Schön, der Modekette Forever 21 und der US-Schmuckkette Claires, um die Modefans lange Zeit einen großen Bogen machten, sind derlei Kreationen en masse zu finden.

Wer auf den Geschmack gekommen ist, für den oder die kann nicht zuletzt eine DIY-Mission oder aber eine Tour durch das frühere Kinderzimmer von Erfolg sein – schließlich sind jetzt auch wieder die vor Jahren gefeierten Schnullerketten en vogue. Getragen wurde so ein Exemplar der Marke Chopova Lowena jüngst von der spanischen Sängerin Rosalia.

„Y2K“-Mode als Trend des Jahres

Dass verspielte, an die Jahrtausendwende erinnernde Accessoires gerade im Trend liegen, überrascht keineswegs. Modetrends verlaufen immerhin zyklisch. Und so ist heuer eben die „Y2K“-Ästhetik omnipräsent – allein auf Instagram gibt es über 2,1 Millionen Postings mit dem Hashtag „#y2k“, auf TikTok wurde der Hashtag „#y2kfashion“ sogar über 160 Millionen Mal aufgerufen. Mit „Y2K“ ist die Mode der 2000er Jahre gemeint.

Die Abkürzung „Y2K“ steht konkret für „Year 2 Kilo“ (2 Kilo = 2000) – also das Jahr 2000. Das Kürzel bezeichnet ursprünglich ein Computerproblem, das beim Jahrtausendwechsel auftrat.

Getragen werden jetzt also nicht nur Accessoires, sondern generell wieder Outfits, die so manchem noch aus der Ära Paris Hilton, Britney Spears oder Lindsey Lohan in Erinnerung geblieben sind. So werden bauchfreie Tops mit Hüfthosen oder auch Bandeau-Oberteile mit Baggyhosen kombiniert. Generell sind Strassverzierungen, eine Fülle an Mustern und Farben wie auch Ganzkörper-Denim-Outfits und Velours-Jogginganzüge im Kommen. Geht es nach Modemagazinen wie „Vogue“ und „Glamour“, dann ist so bald noch kein Ende des Hypes absehbar.