Afghanistan: Innenministerium hält an Abschiebungen fest

Trotz der schweren Kämpfe und des Vormarsches der radikalislamischen Taliban hält Österreich im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten an Abschiebungen nach Afghanistan weiter fest. Grundsätzlich habe sich an der Linie des Innenministeriums dazu „keine Änderung ergeben“, teilte das Ressort auf Anfrage der APA nun mit.

Offen ließ das Innenministerium die Frage, ob Österreich auch dann bei seiner Haltung bleiben würde, wenn die Hauptstadt Kabul in die Hände der Taliban fallen sollte, wie das von Beobachtern erwartet wird. Betont wurde, dass Österreich bereit stehe, „Afghanistan im Rahmen konkreter Hilfsersuchen zu unterstützen, um seinen internationalen Verpflichtungen nachkommen zu können“.

„Jeder Staat entscheidet hier für sich“

Zur Entscheidung Deutschlands und anderer europäischer Staaten, derzeit nicht mehr nach Afghanistan abzuschieben, hielt das Innenministerium fest, dass Deutschland die Abschiebungen nicht generell gestoppt, sondern nur temporär ausgesetzt habe. Und weiter stellte das Ressort fest: „Jeder Staat entscheidet hier für sich.“

Die Frage, wie man Abschiebungen organisieren könne und ob das faktisch überhaupt noch möglich sei, wenn die bisherigen gemeinsamen Flüge mit anderen europäischen Ländern über Frontex nicht mehr möglich seien, wurde vom Ministerium nur indirekt beantwortet: „Grundsätzlich werden Charter-Rückführungen über Frontex abgewickelt, eine Frontex-Organisation der Rückführungen ist aber nicht zwingend notwendig. Möglich wären mitunter bilaterale Abkommen oder direkte Absprachen mit den Ländern.“

Keine Details zu zukünftigen Rückführungen

Details zu zukünftig stattfindenden Rückführungen nannte das Ressort nicht. „Das würde jegliche Planungen für die zwangsweise Außerlandesbringung von Personen, die trotz einer rechtskräftig negativen Entscheidung und einer Ausreiseverpflichtung Österreich nicht freiwillig verlassen haben, unmöglich machen.“ Im Gegensatz dazu hatte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) gestern gesagt, dass es derzeit keine Abschiebungen nach Afghanistan gebe.

Ein Ende der Abschiebungen forderte indes der Präsident des Roten Kreuzes, Gerald Schöpfer im Ö1-Morgenjournal. FPÖ-Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer bezeichnete die Debatte über einen Abschiebestopp nach Afghanistan als „Nagelprobe“ für Innenminister Karl Nehammer (ÖVP).