Nehammer zu Afghanistan: „So lange abschieben, wie es geht“

Im Gegensatz zu Deutschland oder Frankreich will Österreich die Abschiebungen nach Afghanistan nicht aussetzen. „Wir müssen so lange abschieben, wie es geht“, sagte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) in der „Kleinen Zeitung“ (Sonntag-Ausgabe).

Österreich arbeite in Kooperation mit Afghanistan an einem Flug. „Wenn ein solcher möglich wird, dann werden wir das auch tun. Und wenn das nicht gelingen sollte, müssen wir über Alternativen nachdenken“, so der Minister. Es gelte, das Geschäft der Schlepper zu durchkreuzen und eine neue Fluchtbewegung Richtung Mitteleuropa zu verhindern.

ÖVP will weiter nach Afghanistan abschieben

Angesichts der Entwicklungen in Afghanistan diskutiert die Bundesregierung darüber, ob weiterhin Abschiebungen in das Krisengebiet durchgeführt werden sollen. Die Grünen sind dagegen, die ÖVP möchte jedoch nicht davon abrücken.

Fachleute zweifeln an Durchführbarkeit

Fachleute hatten zuletzt angezweifelt, dass Abschiebungen nach Afghanistan angesichts des Vormarsches der Taliban noch möglich sind. Selbst wenn ein Charterflug organisiert werden könnte, sei es derzeit „sehr unwahrscheinlich“, dass Afghanistan einer Landung zustimme, so der Völkerrechtsexperte Sigmar Stadlmeier gegenüber ORF.at.

„Für jeden Flug benötige ich eine Genehmigung von jenen Ländern, die ich überfliege – und wenn ich in Afghanistan auch landen möchte, muss Afghanistan zustimmen“, so der Vorstand des Instituts für Völkerrecht, Luftfahrtrecht und Internationale Beziehungen der Johannes-Kepler-Universität Linz.

Weitere Fachleute verwiesen darauf, dass Abschiebungen menschenrechtlich höchst problematisch seien. „Wenn man jetzt nach Afghanistan abschiebt, verletzt man die Europäische Menschenrechtskonvention“, so etwa Menschenrechtsexperte Manfred Nowak im „Standard“.

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Ministerien kündigen Konferenz an

Angekündigt wurde seitens des Innen- und Außenministeriums indes eine Onlinekonferenz zu Afghanistan, in der über Hilfe für die Nachbarländer Afghanistans beraten werden. Das kündigten Nehammer und Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) an.

Auf welcher Ebene die Länder vertreten sein werden, sei „noch in Ausarbeitung“. Aus dem Innenministerium hieß es, Ziel der Konferenz sei, die Region zu stärken bzw. die unmittelbaren Nachbarstaaten Afghanistans. Darauf habe auch der gemeinsame Brief Österreichs mit Deutschland, Dänemark, den Niederlanden, Belgien und Griechenland abgezielt – „nicht nur auf Abschiebungen“.

Kritik von Opposition

Kritik an der Initiative für die Konferenz kam von der FPÖ, die dem Innenminister vorwarf, die Österreicher „für dumm zu verkaufen – und das in Permanenz“. NEOS forderte den Außenminister dagegen auf, „eine rasche, entschlossene Antwort auf EU-Ebene nicht zu behindern“. Angesichts des Vormarsches der Taliban müsse „Europa endlich mit einer Stimme sprechen“, so der NEOS-Sprecher für Äußeres, Helmut Brandstätter.