Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein
ORF
Strengere Regeln für Ungeimpfte

Diskussion für Mückstein „zu früh“

Aus den Bundesländern mehren sich angesichts der anrollenden vierten Coronavirus-Welle die Rufe nach Verschärfungen für Ungeimpfte. Für Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) kommt die Diskussion „zu früh“, wie er am Sonntag in der ZIB2 sagte. Eine Unterscheidung bei den Regeln für Geimpfte und Ungeimpfte könne zu einer „Spaltung der Gesellschaft“ führen, so Mückstein. In der derzeitigen Lage sei das „epidemiologisch nicht vertretbar“.

Am 10. Juli gab es Mückstein zufolge hierzulande erstmals mehr Impfstoff als Impfwillige. Theoretisch hat jede in Österreich lebende Person über zwölf Jahren die Möglichkeit, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen. Die Zahl der Erstimpfungen war in den vergangenen Wochen allerdings auf niedrigem Niveau.

Zur Erhöhung der Impfbereitschaft setzt der Gesundheitsminister auf „Aufklärung und niederschwellige Impfangebote“. Die Einschränkung des öffentlichen Lebens für Nichtgeimpfte halte er „bundesweit derzeit für nicht spruchreif“, so Mückstein in der ZIB2. Nach Auslaufen der aktuellen Verordnung für die CoV-Maßnahmen Ende August werde es bei der dann notwendigen Einführung neuer Regeln jedenfalls noch keine Unterscheidung zwischen Geimpften und Ungeimpften geben.

„Kleine Schrauben“

Angesichts der stark gestiegenen Zahl der täglichen CoV-Neuinfektionen, aber auch der im Vergleich zum August 2020 deutlich höheren Auslastung auf den Normal- und Intensivstationen bekräftigte Mückstein, wie schon in den vergangenen Wochen weiter an „kleinen Schrauben“ drehen zu wollen.

Mückstein zu strengeren Regeln für Ungeimpfte

Die CoV-Fallzahlen in Österreich steigen, die Hospitalisierungen sind im Vergleich zum August des Vorjahres deutlich höher. Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) nimmt im Interview dazu Stellung und spricht außerdem darüber, ob verschärfte Maßnahmen für ungeimpfte Personen denkbar sind.

Man müsse Maßnahmen einführen, die „zumutbar und effektiv“ seien. Welche das sein sollen, werde gerade beraten. Vorstellbar wäre für ihn die Wiedereinführung der Maskenpflicht in Innenräumen. Zudem habe man dem Koalitionspartner ÖVP den Vorschlag übermittelt, die Gültigkeit von Antigen-Schnelltests von 48 auf 24 Stunden herabzusetzen. „Wir müssen anfangen, darüber nachzudenken, wie wir in einen sicheren Herbst kommen“, resümierte Mückstein, der Österreich am Beginn einer vierten Welle sieht. Die Frage, ob für ihn ein neuer Lockdown ausgeschlossen ist, beantwortete er nicht direkt.

Hacker: „Haben vier bis sechs Wochen Zeit“

Angestoßen worden war die Debatte über strengere Regeln für Ungeimpfte von Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). „Wir haben noch vier bis sechs Wochen Zeit, die Impfquote zu erhöhen“, sagte er der „Kronen Zeitung“ (Sonntag-Ausgabe). Nach diesem Zeitraum werde entschieden sein, „mit welchen Konsequenzen die vierte Welle kommt. Die Maßnahmen, die folgen, sind völlig klar. Die Geimpften werden eine andere Lebenssituation finden als die Nichtgeimpften“, sagte er.

Zu den angedachten Eintrittsverboten für Ungeimpfte sagte Hacker: „Besser nur Geimpfte haben Zutritt als Schließungen. Niemand will mehr einen Lockdown sehen. Es ist vernünftig, wenn Freizeit- und Sportstätten das jetzt schon einführen.“ Personen, bei denen eine Impfung nicht möglich ist, wären von solchen strengeren Regeln selbstverständlich ausgenommen, betonte man in Hackers Büro (etwa Kinder unter zwölf Jahren, für die noch keine Impfung zugelassen ist).

Sollte der Bund das nicht umsetzen, so sei in Wien wieder ein Sonderweg denkbar: „Der Bund muss nächste Woche die neuen Regeln ab September kundtun“, verwies Hacker auf die am 31. August auslaufende Verordnung des Gesundheitsressorts. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) spricht nun wieder mit Experten, um über das weitere Vorgehen zu beraten.

Im Ludwig-Büro geht man jedoch nicht davon aus, dass die Verkündung von etwaigen Sonderregeln noch diese Woche erfolgt. Das werde wohl erst in der folgenden Woche der Fall sein. Man müsse jedenfalls auch auf die Verordnung des Bundes warten, wurde betont. Denn diese sei die Basis für etwaige strengere Maßnahmen in der Bundeshauptstadt.

Ärztekammer für Hacker-Vorschlag

Unterstützung für den Vorschlag, Zutrittsverbote für Ungeimpfte in Freizeit- und Sportstätten einzuführen, kam am Montag von der Ärztekammer. Solange die Impfquote nicht erhöht werden könne, sei das angesichts steigender Zahlen eine berechtigte Maßnahme, so Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres. Szekeres gab zu bedenken, dass nach wie vor Ungeimpfte der „Motor“ der vierten Welle seien.

Ablehnung dieser Ideen kam von Branchenvertretern von Gastronomie, Fitness und Nachtgastronomie – mehr dazu in wien.ORF.at. In der „Kronen Zeitung“ (Montag-Ausgabe) sprachen sich die Gastronomen Thomas Figlmüller (Figlmüller), Martin Ho (Dots) und David Schober (Kleinod-Bars) hingegen für einen Zutritt nur für Geimpfte aus. So könne ein weiterer Lockdown verhindert werden, hieß es.

Bogner-Strauß: „Absolut richtiger Ansatz“

Zwar keine Zustimmung zu einem bundesländerspezifischen Sonderweg, aber grundsätzliche Unterstützung für den Vorschlag Hackers kam am Sonntag aus der Steiermark. Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) sagte: „Das ist der absolut richtige Ansatz, aber das funktioniert nur, wenn sich der Bund und die Länder gemeinsam auf klare Maßnahmen einigen.“ Der Bund müsse „klare Maßnahmen“ treffen, die Impfquote müsse bis Herbst deutlich angehoben werden.

Auch die Kärntner Gesundheitslandesrätin und Landeshauptmann-Stellvertreterin Beate Prettner (SPÖ) sieht den Vorstoß ihres Wiener Amtskollegen als berechtigt an. „Die vierte Welle ist da, daher werden schärfere Maßnahmen für Nichtgeimpfte unumgänglich sein“, sagte sie. Die „2-G-Regel“ für die Nachtgastronomie sei diesbezüglich ein Vorgeschmack. „Aber Alleingänge in einzelnen Bundesländern haben keinen Sinn, es sollte eine bundesweite Regelung gefunden werden.“

Tirol: Zum Impfen „motivieren“

Offen für Hackers Vorstoß zeigte man sich auch in Tirol. Man sprach sich dort allerdings ebenfalls für eine bundeseinheitliche Vorgangsweise aus. „Was den konkreten Vorstoß aus Wien betrifft, ist es aus unserer Sicht sinnvoll, wenn solche Maßnahmen bundesweit einheitlich besprochen werden“, teilte Gesundheitslandesrätin Annette Leja (ÖVP) mit. Prinzipiell sei „alles zu unterstützen, was Menschen motiviert, sich impfen zu lassen“.

Debatte über strengere Regeln für Ungeimpfte

Die Zahl der CoV-Infizierten in Österreich steigt weiter. Der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) nahm das zum Anlass, strengere Regeln für Ungeimpfte zu fordern.

Für bundesweite Maßnahmen ist man auch in Niederösterreich: Auf Landesebene plane man daher keine weiteren Maßnahmen, sondern suche die Diskussion mit dem Gesundheitsminister und den anderen Gesundheitslandesräten, so Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ).

Burgenland sieht keinen Anlass für Maßnahmen

Im Burgenland sieht man für weitere Maßnahmen keinen Anlass. Es seien im Moment keine Verschärfungen für Ungeimpfte geplant, hieß es am Sonntag aus dem Büro von Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil (SPÖ). Das Land verzeichne eine hohe Durchimpfungsrate und eine hohe Impfbereitschaft, daher sehe man derzeit keine Notwendigkeit für derartige Maßnahmen. Man setze im Burgenland nach wie vor auf Freiwilligkeit, so eine Sprecherin des Landeshauptmanns. Auch in Salzburg seien derzeit keine weiteren Verschärfungen erforderlich, hieß es aus dem Büro von Gesundheitsreferent und Landeshauptmann-Stellvertreter Christian Stöckl.

Scharfe Kritik an Hacker übte am Sonntag FPÖ-Wien-Chef Dominik Nepp: Der Stadtrat solle „lieber seine gesundheitspolitischen Hausaufgaben machen, anstatt nicht geimpfte Personen vom gesellschaftlichen Leben auszusperren. Es ist ein Skandal, dass Hacker regelmäßig eine vierte Welle herbeijammert und immer mehr Einschränkungen für die Wiener einfordert, aber die Stadt keinerlei Vorkehrungen trifft, um einen neuen Lockdown zu verhindern.“