Mückstein: Abschiebungen nach Afghanistan „haben sich erledigt“

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) hat angesichts der aktuellen Entwicklungen in Afghanisten gestern Abend in der ZIB2 erklärt, dass sich das Thema Abschiebungen „spätestens mit dem heutigen Tag erledigt“ habe.

„Da werden Leute ausgeflogen aus Kabul, da werden wir nicht einen Charter anheuern und Leute hinbringen. Das heißt, das geht einfach nicht, das ist auch von der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht gedeckt.“

Gegen Abschiebung nach Afghanistan

Während die ÖVP vehement an Abschiebungen nach Afghanistan festgehalten hat, sagte Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) in der ZIB2, dass sich das Thema Abschiebungen aus seiner Sicht erledigt hat.

Nehammer: „So lange abschieben, wie es geht“

Zuvor sagte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP), dass es auch angesichts der Machtübernahme der Taliban zu keinem Abschiebestopp nach Afghanistan kommen dürfe. „Wir müssen so lange abschieben, wie es geht“, sagte er in der „Kleinen Zeitung“ (Sonntag-Ausgabe).

Fachleute zweifeln an Durchführbarkeit

Fachleute hatten zuletzt angezweifelt, dass Abschiebungen nach Afghanistan angesichts des Vormarsches der Taliban noch möglich sind. Selbst wenn ein Charterflug organisiert werden könnte, sei es derzeit „sehr unwahrscheinlich“, dass Afghanistan einer Landung zustimme, so der Völkerrechtsexperte Sigmar Stadlmeier gegenüber ORF.at.

„Für jeden Flug benötige ich eine Genehmigung von jenen Ländern, die ich überfliege – und wenn ich in Afghanistan auch landen möchte, muss Afghanistan zustimmen“, so der Vorstand des Instituts für Völkerrecht, Luftfahrtrecht und Internationale Beziehungen der Johannes-Kepler-Universität Linz.

Verweis auf Menschenrechtskonvention

Weitere Fachleute verwiesen darauf, dass Abschiebungen menschenrechtlich höchst problematisch seien. „Wenn man jetzt nach Afghanistan abschiebt, verletzt man die Europäische Menschenrechtskonvention“, so etwa Menschenrechtsexperte Manfred Nowak im „Standard“.

Der ehemalige ORF-Auslandsreporter und Afghanistan-Kenner Friedrich Orter sagte gestern in der ORF-Sendung „Runder Tisch“ dazu: „Vielleicht sollte man die österreichische Regierung einmal für ein paar Tage nach Afghanistan ausfliegen, zur Einschätzung der realen Lage.“

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Afghanistan in der Hand der Taliban – Was bedeutet das für das Land, die Region und die Welt? Darüber diskutieren bei Andreas Pfeifer am „Runden Tisch“ Fritz Orter (ehem. ORF-Reporter Afghanistan), Mirwais Wakil (Experte Internationale Beziehungen), Petra Ramsauer (Journalistin und Afghanistan-Expertin) und Walter Feichtinger (Präsident Center für Strategische Analysen).

Ministerien kündigen Konferenz an

Angekündigt wurde seitens des Innen- und Außenministeriums indes eine Onlinekonferenz zu Afghanistan, in der über Hilfe für die Nachbarländer Afghanistans beraten werden. Das kündigten Nehammer und Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) an.

Auf welcher Ebene die Länder vertreten sein werden, sei „noch in Ausarbeitung“. Aus dem Innenministerium hieß es, Ziel der Konferenz sei, die Region zu stärken bzw. die unmittelbaren Nachbarstaaten Afghanistans. Darauf habe auch der gemeinsame Brief Österreichs mit Deutschland, Dänemark, den Niederlanden, Belgien und Griechenland abgezielt – „nicht nur auf Abschiebungen“.

Kritik von Opposition

Kritik an der Initiative für die Konferenz kam von der FPÖ, die dem Innenminister vorwarf, die Österreicher „für dumm zu verkaufen – und das in Permanenz“. NEOS forderte den Außenminister dagegen auf, „eine rasche, entschlossene Antwort auf EU-Ebene nicht zu behindern“.