Hinweisschild auf Maskenpflicht
ORF.at/Georg Hummer
Regeln für Ungeimpfte

Länder sehen Bund gefordert

Die von Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) angestoßene Debatte über strengere Regeln für Ungeimpfte schlägt weiter Wellen. Aus den Ländern wurden am Montag Rufe nach einer bundesweiten Regelung laut. Für Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) kam die Diskussion indes „zu früh“, wie er zuletzt in der ZIB2 sagte.

„Es braucht bundeseinheitliche Lösungen“, verlangte etwa der steirische Landeschef Hermann Schützenhöfer (ÖVP) am Montag. „Die Steiermark ist bei den Immunisiertenzahlen zwar das drittstärkste Bundesland, aber wir sind noch nicht zufrieden“, so Schützenhöfer. Die steirische Regierung präsentierte deshalb ein Fünfpunkteprogramm – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Der Plan enthält etwa der Zutritt zur Nachtgastronomie sowie zu Veranstaltungen im Kultur- und Freizeitbereich nur mit Vollimmunisierung. Der Zutritt mit Test sollte nur für Personen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, möglich sein. Weiters brauche es kostenpflichtige Tests für alle mit Ausnahme von Geimpften und jenen, die sich nicht impfen lassen können. Es soll ein bundeseinheitlicher Kostenbeitrag zumindest in der Höhe der Rezeptgebühr von 6,50 Euro vereinbart werden. Alle Personengruppen, die von der Rezeptgebühr befreit sind, sollen auch von den Kosten bei den Tests befreit sein.

Eine dritte Forderung der steirischen Landesregierung ist eine weitere Bevorzugung der Geimpften beim Contact-Tracing. Derzeit werden diese, wenn sie Kontaktperson ersten Grades sind, als Kontaktperson zweiten Grades eingestuft. Gefordert wird, dass es für Geimpfte nur die Empfehlung der Kontakteinschränkung gibt, jedoch keine behördliche Absonderung oder Verkehrsbeschränkung mehr.

„Pandemie macht weiterhin nicht an Landesgrenzen halt“

Oberösterreich sieht in puncto strengere Regeln ebenfalls den Bund gefordert. „Die Pandemie macht weiterhin nicht an Landesgrenzen halt, der Bund ist gefordert, die nationale Lage zu beurteilen und dementsprechend national gültige Regeln aufzustellen, die aufgrund der aktuellen Lage als sinnvoll beurteilt werden“, sagte die dortige Gesundheitslandesrätin und Landeshauptmann-Stellvertreterin Christine Haberlander (ÖVP) am Montag. Oberösterreich werde sich weiterhin genau an die Vorgaben des Bundes halten, also derzeit an die gültige „3-G-Regel“. Neue Bundesvorgaben werde man im Land umsetzen.

Für bundesweite Maßnahmen ist man auch in Niederösterreich: Auf Landesebene plane man daher keine weiteren Maßnahmen, sondern suche die Diskussion mit dem Gesundheitsminister und den anderen Gesundheitslandesräten, so Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ).

Auch aus Vorarlberg kamen ähnliche Töne. Dort findet man, dass „Geimpfte gewisse Vorteile haben sollten“, hieß es auf APA-Anfrage. Als Beispiel wurde etwa die Handhabung als Kontaktperson genannt. In Bezug auf mögliche Verschärfungen für Ungeimpfte wünscht sich das Land ebenfalls eine bundesweit einheitliche Vorgehensweise, einen Fleckerlteppich an Maßnahmen gelte es zu vermeiden.

Zustimmung auch aus Kärnten und Tirol

„Die vierte Welle ist da, daher werden schärfere Maßnahmen für Nichtgeimpfte unumgänglich sein“, sagte die Kärntner Gesundheitslandesrätin und Landeshauptmann-Stellvertreterin Beate Prettner (SPÖ). Die „2-G-Regel“ für die Nachtgastronomie sei diesbezüglich ein Vorgeschmack. „Aber Alleingänge in einzelnen Bundesländern haben keinen Sinn, es sollte eine bundesweite Regelung gefunden werden.“

Offen für Hackers Vorstoß zeigte man sich auch in Tirol. Man sprach sich dort ebenfalls für eine bundeseinheitliche Vorgangsweise aus. „Was den konkreten Vorstoß aus Wien betrifft, ist es aus unserer Sicht sinnvoll, wenn solche Maßnahmen bundesweit einheitlich besprochen werden“, teilte Gesundheitslandesrätin Annette Leja (ÖVP) mit.

Debatte über strengere Regeln für Ungeimpfte

Die Zahl der CoV-Infizierten in Österreich steigt weiter. Der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) nahm das zum Anlass, strengere Regeln für Ungeimpfte zu fordern.

Burgenland und Salzburg sehen keinen Anlass

Im Burgenland sieht man für weitere Maßnahmen keinen Anlass. Es seien im Moment keine Verschärfungen für Ungeimpfte geplant, hieß es am Sonntag aus dem Büro von Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil (SPÖ). Das Land verzeichne eine hohe Durchimpfungsrate und eine hohe Impfbereitschaft, daher sehe man derzeit keine Notwendigkeit für derartige Maßnahmen. Man setze im Burgenland nach wie vor auf Freiwilligkeit, so eine Sprecherin des Landeshauptmanns – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Auch in Salzburg seien derzeit keine weiteren Verschärfungen erforderlich, hieß es aus dem Büro von Gesundheitsreferent und Landeshauptmann-Stellvertreter Christian Stöckl.

Hacker: „Haben vier bis sechs Wochen Zeit“

„Wir haben noch vier bis sechs Wochen Zeit, die Impfquote zu erhöhen“, sagte Hacker zuletzt der „Kronen Zeitung“ (Sonntag-Ausgabe). „Die Maßnahmen, die folgen, sind völlig klar. Die Geimpften werden eine andere Lebenssituation finden als die Nichtgeimpften“, sagte er. Zu den angedachten Eintrittsverboten für Ungeimpfte sagte er: „Besser nur Geimpfte haben Zutritt als Schließungen. Niemand will mehr einen Lockdown sehen.“

Personen, bei denen eine Impfung nicht möglich ist, wären von solchen strengeren Regeln selbstverständlich ausgenommen, betonte man in Hackers Büro (etwa Kinder unter zwölf Jahren, für die noch keine Impfung zugelassen ist).

Sollte der Bund das nicht umsetzen, so sei in Wien wieder ein Sonderweg denkbar: „Der Bund muss nächste Woche die neuen Regeln ab September kundtun“, verwies Hacker auf die am 31. August auslaufende Verordnung des Gesundheitsressorts. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) spricht nun wieder mit Experten, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Im Ludwig-Büro geht man jedoch nicht davon aus, dass die Verkündung von etwaigen Sonderregeln noch diese Woche erfolgt. Das werde wohl erst in der folgenden Woche der Fall sein. Man müsse jedenfalls auch auf die Verordnung des Bundes warten, wurde betont.

Ärztekammer für Hacker-Vorschlag

Unterstützung für den Vorschlag, Zutrittsverbote für Ungeimpfte in Freizeit- und Sportstätten einzuführen, kam am Montag auch von der Ärztekammer. Solange die Impfquote nicht erhöht werden könne, sei das angesichts steigender Zahlen eine berechtigte Maßnahme, so Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres. Szekeres gab zu bedenken, dass nach wie vor Ungeimpfte der „Motor“ der vierten Welle seien.

Branchenvertretern von Gastronomie, Fitness und Nachtgastronomie lehnten das ab – mehr dazu in wien.ORF.at. In der „Kronen Zeitung“ (Montag-Ausgabe) sprachen sich die Gastronomen Thomas Figlmüller (Figlmüller), Martin Ho (Dots) und David Schober (Kleinod-Bars) hingegen für einen Zutritt nur für Geimpfte aus. So könne ein weiterer Lockdown verhindert werden, hieß es.

Mückstein warnt vor „Spaltung der Gesellschaft“

Eine Unterscheidung bei den Regeln für Geimpfte und Ungeimpfte könne zu einer „Spaltung der Gesellschaft“ führen, so Mückstein am Sonntag in der ZIB2. In der derzeitigen Lage sei das „epidemiologisch nicht vertretbar“. Zur Erhöhung der Impfbereitschaft setzt der Gesundheitsminister auf „Aufklärung und niederschwellige Impfangebote“. Die Einschränkung des öffentlichen Lebens für Nichtgeimpfte halte er „bundesweit derzeit für nicht spruchreif“, so Mückstein in der ZIB2.

Mückstein zu strengeren Regeln für Ungeimpfte

Die CoV-Fallzahlen in Österreich steigen, die Hospitalisierungen sind im Vergleich zum August des Vorjahres deutlich höher. Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) nahm im Interview dazu Stellung und sprach außerdem darüber, ob verschärfte Maßnahmen für ungeimpfte Personen denkbar sind.

Nach Auslaufen der aktuellen Verordnung für die CoV-Maßnahmen Ende August werde es bei der dann notwendigen Einführung neuer Regeln jedenfalls noch keine Unterscheidung zwischen Geimpften und Ungeimpften geben. Man wolle weiterhin an „kleinen Schrauben“ drehen. Vorstellbar wäre für ihn die Wiedereinführung der Maskenpflicht in Innenräumen. Zudem habe man dem Koalitionspartner ÖVP den Vorschlag übermittelt, die Gültigkeit von Antigen-Schnelltests von 48 auf 24 Stunden herabzusetzen. Die Frage, ob für ihn ein neuer Lockdown ausgeschlossen ist, beantwortete er nicht direkt.

Fachleute für Zutrittsbeschränkungen

Zustimmung zu Hackers Plänen kommt von zwei Experten. Der Epidemiologe Gerald Gartlehner zeigte sich gegenüber dem „Standard“ überrascht, dass Mückstein die Forderung des Wieners nicht aufgegriffen hat. Mit Blick auf den näher rückenden Herbst sieht Gartlehner den Zeitpunkt gekommen, die Impfrate „in die Höhe zu treiben“. Mit selektiven Beschränkungen ließe sich genau das bewerkstelligen. In Sachen Impfquote gerate Österreich im EU-Vergleich ins Hintertreffen. Mit den bisherigen Methoden hätte man den Plafond erreicht. „Ich halte Zutrittsverbote für Ungeimpfte deshalb für notwendig. Bleiben 40 Prozent ungeimpft, könnte der Herbst schwierig werden“, so Gartlehner gegenüber dem „Standard“.

„Wer sich nicht impfen lässt, leistet keinen Beitrag dazu, dass wir alle gut durch die Pandemie kommen, und stellt ein größeres Risiko für die Allgemeinheit dar“, sagte auch der Mikrobiologe Michael Wagner von der Universität Wien dem „Standard“. „Da ist es gerechtfertigt, wenn es im Gegenzug Nachteile gibt.“