Säulendiagramm zeigt die Verteilung neuer CoV-Fälle über die letzten Tage
ORF.at
Zahlen steigen

Erstmals seit Mai über 1.200 neue Fälle

Die Infektionszahlen sind erneut deutlich gestiegen: Am Mittwoch wurden laut Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) 1.267 Fälle für den Vortag gemeldet – und damit so viele wie zuletzt Anfang Mai. Mittlerweile zeichnet sich auch bei der Belegung der Spitalsbetten ein Trend ab, auf den Intensivstationen ist die Lage aber momentan noch stabil. Die Zahl der Impfungen stockt unterdessen.

Schon am Mittwochvormittag meldeten die Ministerien 1.221 Neuinfektionen und damit nochmals eine deutliche Steigerung gegenüber den letzten Tagen. Der von der AGES bereinigte Wert von 1.267 neuen Fällen am Dienstag ist der bisher höchste Wert des Sommers. Gegenüber ORF.at sagte der Komplexitätsforscher Peter Klimek, dass jedenfalls ein „Trend zu beobachten“ sei.

Das schlägt sich auch in der 7-Tage-Inzidenz nieder. Aktuell liegt die Zahl der Neuinfektionen der letzten sieben Tage je 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner bei 73,8. Zum Vergleich: In der Vorwoche, am 10. August, lag dieser Wert noch bei 46,6, am 3. August bei 37,5. Die Inzidenz ist damit auf einem Höchststand seit Mitte Mai.

Spitalszahlen steigen wieder

Doch nicht nur die Zahl der Neuinfektionen steigt: Auch in den Spitälern macht sich ein Anstieg bemerkbar. Die Belegung der Normalbetten hat zuletzt angezogen – und liegt mit aktuell 214 auf einem Wert, der zuletzt am 14. Juni erreicht wurde. Klimek weist darauf hin, dass zwar durchaus das Datum des positiven Tests und der Aufnahme im Spital zusammenfallen könne, oft komme es aber auch zu einer Verzögerung von einigen Tagen. Somit zeige sich die Entwicklung der Infektionen oft erst später in der Bettenbelegung.

Der Experte verweist aber auch auf die Bedeutung der Altersgruppen bei den Infektionen: Zuerst haben sich vor allem junge Menschen infiziert, die tendenziell seltener im Krankenhaus behandelt werden müssen. Doch auch bei älteren Altersgruppen zeigt die Kurve zunehmend nach oben – gerade hier kann es aber zu schwereren Verläufen führen.

Situation noch nicht „eng“

Das könnte wiederum Auswirkungen auf die Intensivbetten haben – dort ist die Lage aber momentan stabil. 60 Betten sind belegt; zwar ist auch hier ein leichter Aufwärtstrend zu beobachten, zuletzt gab es eine derartige Auslastung Ende Juni. Von über 600 belegten Betten wie im April ist man damit aber noch weit entfernt.

Nur rund drei Prozent der Intensivbetten in Österreich werden damit von Covid-19-Patienten in Anspruch genommen. Doch im Gespräch sagt Klimek, dass dieser Wert noch „im September“ deutlich steigen und sich etwa der Zehnprozentmarke nähern könnte. Das sei ein Wert, bei dem es noch „nicht eng wird“, so Klimek. Aber dann müsse man Maßnahmen im Spitalsbetrieb ergreifen, so der Forscher.

Das Covid-19-Prognosekonsortium rechnet unterdessen mit einer baldigen Verdoppelung der Intensivpatienten. Schon binnen zwei Wochen dürften 118 Menschen auf Intensivstationen betreut werden, heißt es. In einem Worst-Case-Szenario könnten am 1. September sogar 151 CoV-Patienten Behandlung auf der Intensivstation benötigen, so das Prognosekonsortium.

Impfungen stocken weiter

Wirft man einen Blick auf die Situation bei den Impfungen, lässt sich unterdessen beobachten, dass die Zahlen momentan nur recht langsam steigen. Insgesamt wurden schon über 10,2 Millionen Impfdosen verabreicht – knapp über 60 Prozent der Menschen sind damit zumindest teilweise immunisiert, rund 56 Prozent gelten als vollständig geimpft.

Doch am Dienstag wurden nur knapp 23.000 Dosen verabreicht, am Tag davor rund 21.000. Am Dienstag vor zwei Wochen wurden noch über 46.000 Dosen verabreicht, am Montag vor zwei Wochen Über 27.000. Der Siebentagesschnitt hat sich laut der Seite des Gesundheitsministeriums seit Anfang August fast halbiert.

CoV-Regeln werden vorerst verlängert

Während Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) weiterhin für die Impfung wirbt, wurden auch die bereits geltenden Regeln verlängert. Die Bestimmungen zu Veranstaltungen und Zusammenkünften wird um vier Wochen (bis 17. September), alle anderen Vorgaben bis Ende September ausgedehnt. Eine entsprechende Verordnung von Mückstein wurde am Mittwoch im Rechts- und Informationssystem des Bundes (RIS) kundgemacht.

Unterdessen gewinnt die Debatte über eine „1-G-Regel“, also etwa bei Veranstaltungen nur noch Geimpfte einzulassen, Fahrt. Mückstein, der das Thema im Hinblick auf einen Vorschlag von Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) am Sonntag noch als „zu früh“ bezeichnet hatte, sagte am Dienstag in der ZIB, dass er sich eine solche Regel doch vorstellen könne. „Ich glaube, dass wir vor einer zunehmend prekärer werdenden epidemiologischen Lage im Herbst über ‚1-G‘ reden müssen – und ich kann mir das im Oktober durchaus vorstellen“, so der Minister.

Mückstein zu Drittimpfung und „1-G“

Gesundheitsminister Mückstein (Grüne) gibt bekannt, wer im Herbst für die Drittimpfung gegen das Coronavirus vorgesehen ist.

Unterstützung für den Hacker-Vorschlag kam am Mittwoch von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner – sie zeigte sich offen, die Zutrittsregeln im Freizeitbereich für Ungeimpfte zu verschärfen. Ihr erscheine alles richtig, was dazu beitrage, die vierte Welle unter Kontrolle zu halten, sagte Rendi-Wagner bei einer Pressekonferenz.

Scharfe Kritik an der Debatte übte die FPÖ. „Selbst Genese sollen sich also demnächst impfen lassen müssen, wenn sie am Leben teilhaben wollen. Ohne zu fragen, ob sie nicht ohnehin eine natürliche Immunisierung haben“, sagten FPÖ-Chef Herbert Kickl und -Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak in einer gemeinsamen Aussendung.