Russland setzt Wahlbeobachter-NGO auf Agentenliste

Einen Monat vor der Parlamentswahl in Russland haben die Behörden die auf die Beobachtung von Wahlen spezialisierte Nichtregierungsorganisation Golos auf eine Liste „ausländischer Agenten“ gesetzt. Der Kodirektor von Golos, Grigory Melkonjants, bezeichnete die Entscheidung gegenüber der Nachrichtenagentur Interfax als „Angriff auf die größte Gemeinschaft unabhängiger Wahlbeobachter“. Seine Organisation werde ihre Arbeit fortsetzen.

Die Liste, auf die das russische Justizministerium Golos nun setzte, umfasst Organisationen, die in Russland nicht registriert sind und die über Gelder aus dem Ausland finanziert sein sollen.

Die Aufnahme in diese Liste dürfte die Arbeit von Golos während der Duma-Wahl am 19. September stark beeinträchtigen. Als „ausländische Agenten“ eingestufte Organisationen müssen in Russland aufwändige bürokratische Prozesse durchlaufen, um aktiv bleiben zu können.

Ziel: „Freie und faire Wahlen in Russland“

Die russischen Behörden hatten Golos bereits im Jahr 2013 als „ausländischen Agenten“ eingestuft. Drei Jahre später wurde die Organisation durch ein Gerichtsurteil aufgelöst. In der Folge blieb sie ohne formale Organisationsstruktur tätig.

Die im Jahr 2000 gegründete Organisation bildet Wahlbeobachterinnen und Wahlbeobachter aus und verfügt über eine Hotline, über die Wählerinnen und Wähler Verstöße gegen das Prinzip der freien und fairen Wahl melden können. „Unser Ziel sind freie und faire Wahlen in Russland“, heißt es auf der Website der Organisation.

Golos hatte sowohl nach der russischen Parlamentswahl 2011 als auch nach der Präsidentschaftswahl 2012 Wahlbetrug beklagt. Auch im Zusammenhang mit dem Verfassungsreferendum im vergangenen Jahr gingen bei bei der NGO hunderte Beschwerden ein.