Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne)
APA/Herbert Pfarrhofer
Mückstein

Weitere Bedingungen für „1-G-Regel“ nötig

Seit Tagen sorgt die mögliche Einführung einer „1-G-Regel“ – also Zugang zu Freizeiteinrichtungen nur für Geimpfte – für Debatten. Zuletzt hatte Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) gesagt, er halte eine solche Regel ab Oktober bei entsprechenden Infektionszahlen für möglich. Am Donnerstag präzisierte er aber, dass es dafür weitere Voraussetzungen brauche.

Mückstein sagte, dass vor der Einführung einer „1-G-Regel“ alle gelinderen Mittel zur Eindämmung einer „prekären epidemiologischen Situation“ ausgeschöpft sein müssten. Außerdem müsste jeder die Möglichkeit für die zweite Impfung gehabt haben. Das sei bis jetzt noch nicht der Fall gewesen: „Da kommen wir erst jetzt hin.“

Um Ungeimpften den Zutritt zu bestimmten öffentlichen Räumen zu verbieten, müsse schon eine „gewisse Dramatik“ bestehen, so Mückstein. Auf die Frage, wie es sich bei der „1-G-Regel“ mit Genesenen verhalte, meinte Mückstein, dass diese sich jedenfalls mit einem Stich auffrischen müssten. Dann sei nämlich auch für diese Gruppe eine „sehr gute Immunität gegeben“, sagte der Gesundheitsminister.

Debatte über „1-G-Regel“

Zur „1-G-Regel“ ist die Meinung in der Opposition und auch bei den diversen Branchen gespalten.

Lage wird „sehr genau“ beobachtet

Zudem lägen noch andere Maßnahmen auf dem Tisch wie eine Maskenpflicht im Innern und eine Verschärfung der Abstandsregeln. „Es gibt nicht die neue Superregel“, so Mückstein: „Wir wissen alle, was das Potpourri ist. Jetzt müssen uns die Experten sagen, zu welchem Zeitpunkt wir die Maßnahmen wieder einführen sollen.“ Das sei ein Prozess, der derzeit mit den Fachleuten und dem Koalitionspartner im Laufen sei.

Ein wesentlicher nächster Schritt seien zweifellos die Schulöffnungen. Hier sei das Bildungsministerium gefordert, und er erwarte sich eine zeitnahe Kommunikation. Aber die Maßnahmen, wie sie derzeit bekannt sind, „schauen sehr gut aus“, so Mückstein, der dem Bildungsministerium nicht vorgreifen möchte.

Fachleute rechnen mit stärkerer Belastung

Derzeit beobachte man die Lage „sehr genau“. Denn immer mehr Fachleute schätzen, dass es in den nächsten Wochen und Monaten auch wieder zu einer stärkeren Belastung auf den Intensivstationen kommen könne. Das CoV-Prognosekonsortium etwa rechnet binnen 14 Tagen mit einer Verdoppelung der CoV-Patienten und -Patientinnen auf Intensivstationen. „Da hat sich die Einschätzung in den letzten Wochen verändert“, so Mückstein. Das sei ein Zeichen, dass man reagieren müsse.

Am Donnerstag meldeten die Ministerien 290 Personen in Spitalsbehandlung, davon 68 auf Intensivstationen. Eine ähnliche Auslastung gab es Ende Juni. Die Lage ist damit derzeit stabil, von über 600 belegten Betten wie im April ist man damit noch weit entfernt.

Nur rund drei Prozent der Intensivbetten in Österreich werden damit von Covid-19-Patienten in Anspruch genommen. Im Gespräch mit ORF.at rechnete aber auch der Komplexitätsforscher Peter Klimek am Mittwoch damit, dass dieser Wert noch „im September“ deutlich steigen und sich etwa der Zehnprozentmarke nähern könnte. Das sei ein Wert, bei dem es noch „nicht eng wird“, so Klimek. Aber dann müsse man Maßnahmen im Spitalsbetrieb ergreifen, so der Forscher.

Herbe Kritik von FPÖ und NEOS

Kritik an den Überlegungen zur „1-G-Regel“ kam am Donnerstag von NEOS und der FPÖ. FPÖ-Tourismussprecher Gerald Hauser sah einen „direkten Angriff auf die Tourismus- und Freizeitwirtschaft“. Damit würden „ohne Not und völlig evidenz- und faktenbefreit“ Arbeitsplätze in Gastronomie und Hotellerie, Freizeitbetrieben, Sportstätten sowie der Veranstaltungsbranche zerstört. Allein der Umstand, dass sich Genesene offenbar auch alle impfen lassen müssen, zeige „klar, dass es nicht um den Gesundheitsschutz geht“, sondern um „Zwang und Machtausübung“.

NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker erschloss sich nicht, mit welcher Begründung man Genesene, deren Erkrankung nicht länger als sechs Monate zurückliegt, anders behandeln wolle als Geimpfte. Die gänzlich Ungeschützten seien das große Problem, nicht die Genesenen, so Loacker. Er kritisierte, dass die „3-G-Regel“ zu wenig kontrolliert wird. Loacker forderte die Regierung auf, Überzeugungs- und echte Aufklärungsarbeit zu leisten, damit sich die Menschen freiwillig impfen lassen.

Zuspruch aus Salzburg

Zuspruch zur „1-G-Regel“ kam am Donnerstag aus Salzburg. Der dortige Gesundheitsreferent Landeshauptmann-Stellvertreter Christian Stöckl (ÖVP) sagte gegenüber Medien, dass er sich das ab Oktober in einigen Bereichen des öffentlichen Lebens vorstellen könne. Die Impfpflicht sollte in der Gastronomie sowie im Freizeit- und Fitnessbereich wie auch bei Kulturveranstaltungen gelten – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Den Vorschlag für eine „1-G-Regel“ hatte der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) aufgeworfen. Wien hatte auch einen Alleingang bei strengeren Regeln nicht ausgeschlossen. Am Dienstag hieß es allerdings, dass man vor der Entscheidung über allfällige strengere Coronavirus-Maßnahmen in der Bundeshauptstadt die spätestens im September anstehenden neuen Regeln des Bundes abwarten wolle.