Negativer CoV-Selbsttest
ORF.at/Christian Öser
Mückstein

Aus für Gratis-„Wohnzimmertests“

Bis Ende Oktober soll es in der Apotheke noch Gratis-CoV-Selbsttests geben, dann sollen die „Wohnzimmertests“ auslaufen. Das kündigte Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) am Freitag in einer Aussendung an. Evaluiert wird außerdem, ob sich symptomlose Personen weiterhin in Apotheken gratis auf das Coronavirus testen lassen können.

Mückstein verlängerte damit die Abgabe der Gratis-Antigen-Selbsttests, die bisher mit Ende August befristet war. Diese waren bisher auch zum Nachweis des „3-G“-Status gültig, sofern sie in einem Meldesystem der Bundesländer erfasst wurden – mit Ausnahme Wiens, wo sie als zu wenig zuverlässig betrachtet und daher seit Juli nicht mehr anerkannt werden. Nicht von der Änderung betroffen sind laut Ministerium die verlässlicheren PCR-Selbsttests.

Von der Verlängerung bis Ende Oktober verspricht sich Mückstein einen „sanften Übergang“. „Nun müssen wir den Menschen ausreichend Zeit geben, sich den ersten und zweiten Stich zu holen“, hieß es in der Aussendung. NEOS und ÖVP-Politiker hatten zuletzt ein Ende der Gratistests für Personen gefordert, die kein Impfangebot gegen Covid-19 annehmen wollen. Auch die niederösterreichische Ärztekammer sowie Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres sprachen sich bereits dafür aus.

Milliardenkosten erwartet

Mückstein will weiters prüfen, wie es mit den Gratistests von asymptomatischen Personen in Apotheken und bei Hausärzten weitergeht. Kostenlos bleiben die Tests für symptomatische Personen und Menschen, die sich nicht impfen lassen können, hieß es Anfang August. Das ist derzeit etwa bei Kindern unter zwölf Jahren der Fall.

Wie viel die CoV-Testaktion bisher genau gekostet hat, ist nicht bekannt. Mückstein hatte im Juli von Kosten weit über einer Mrd. Euro gesprochen. Anfang August hieß es vom Ministerium, dass bis Jahresende Kosten in Höhe von bis zu 1,8 Milliarden Euro erwartet werden, ohne Schul- und Betriebstests. Die Kosten pro Test sind unterschiedlich, in den Apotheken liegen sie bei 25 Euro pro Stück.

Apotheken begrüßen Verlängerung

Die Präsidentin der Apothekerkammer, Ulrike Mursch-Edlmayr, begrüßte in der gemeinsamen Aussendung mit Mückstein die vorläufige Verlängerung der Gratisselbsttests. Wohnortnahe und niederschwellige Testmöglichkeiten würden entscheidend dazu beitragen zu verhindern, dass sich das Virus mit Beginn des neuen Schuljahres und der kälteren Jahreszeit wieder unbemerkt in der Bevölkerung ausbreitet, wurde sie zitiert.

„Wohnzimmertests“ werden kostenpflichtig

Ab November sind die CoV-Selbsttests für zu Hause kostenpflichtig. Das hat Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) angekündigt.

PCR-Tests gelten ab dem Zeitpunkt der Testung für 72 Stunden. Antigen-Tests gelten für 48 Stunden, wobei Mückstein angekündigt hat, eine Herabsetzung auf 24 Stunden mit dem Koalitionspartner verhandeln zu wollen. Außerhalb der Nachtgastronomie – und Wiens – gelten negative Selbsttests mit einer Erfassung des Ergebnisses in einem behördlichen Datenerfassungssystem als Zutrittstest, und zwar für 24 Stunden. Die Testpflicht gilt für Personen ab zwölf Jahren.

Debatte über „1-G“ geht weiter

Seit Tagen wird über die mögliche Einführung einer „1-G-Regel“ – also Zugang zu Freizeiteinrichtungen nur für Geimpfte – debattiert. Mückstein sagte dazu am Donnerstag, vor einer solchen Maßnahme – die er selbst ab Oktober bei entsprechenden Infektionszahlen grundsätzlich für möglich hält –, dass davor gelindere Mittel zur Eindämmung einer „prekären epidemiologischen Situation“ ausgeschöpft sein müssten.

Außerdem müsste jeder die Möglichkeit für die zweite Impfung gehabt haben. Das sei bis jetzt nicht der Fall gewesen: „Da kommen wir erst jetzt hin.“ Um Ungeimpften den Zutritt zu bestimmten öffentlichen Räumen zu verbieten, müsse schon eine „gewisse Dramatik“ bestehen, so Mückstein. Zudem lägen noch andere Maßnahmen auf dem Tisch wie eine Maskenpflicht im Innern und eine Verschärfung der Abstandsregeln.

Ein wesentlicher nächster Schritt seien zweifellos die Schulöffnungen, so Mückstein am Donnerstag weiter. Hier sei das Bildungsministerium gefordert, und er erwarte sich eine zeitnahe Kommunikation. Aber die Maßnahmen, wie sie derzeit bekannt sind, „schauen sehr gut aus“, sagte der Minister, der dem Bildungsministerium nicht vorgreifen wollte.

Ampelkommission: Ganz Österreich wieder gelb

Mit der Sitzung von Donnerstag bewertete die Ampelkommission das Infektionsrisiko in Gesamtösterreich nun mit mittel, damit ist das Land als Ganzes gelb. Bei den Bundesländern haben nun nur noch das Burgenland und Kärnten einige grüne Bezirke. Die ansteckendere Delta-Variante, die kommende kühlere Jahreszeit und der zurückgegangene Impffortschritt bereiten zunehmend Kopfzerbrechen.

Die Kommission beobachte seit mehreren Wochen einen steigenden Trend der Fallzahlen, hieß es in einer Aussendung. Die 7-Tage-Inzidenz stieg zuletzt auf 77,4, Wien und Salzburg überschritten bereits die Marke von 100. Das Infektionsgeschehen entwickle sich „ungünstig“ und folge den Verläufen der „Worst-Case-Szenarien“. Das aktuell beobachtete Infektionsgeschehen betreffe in erster Linie die nicht immunisierte Bevölkerung.

Die Prognoserechnungen zeigten einen Anstieg der Auslastung von Intensivstationen auf ein Niveau von 5,8 Prozent am 1. September (2,95 per 17. August, bezogen auf alle gemeldeten Erwachsenenintensivbetten Österreichs). Die Durchimpfungsrate mit einem ersten Stich habe ein Niveau von rund 67 Prozent der impfbaren Bevölkerung ab zwölf Jahren erreicht und liege in der Gruppe der über 65-Jährigen bereits bei rund 86 Prozent, so die Kommission.

Kritik der Opposition

Kritik an dem Auslaufen der Gratistests bzw. der CoV-Politik kam von FPÖ, NEOS und SPÖ. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch vermisste in einer Aussendung angesichts der nach oben zeigenden Infektionskurve konkrete Maßnahmen von Mückstein und Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). „Die Regierung hat diesen Sommer einmal mehr komplett verschlafen“ und setze die Österreicher damit der vierten Welle völlig unvorbereitet aus.

FPÖ-Chef Herbert Kickl meinte: „Durch ein 1-G-Regime, durch das geplante Auslaufen der ‚Gratis-Tests‘, durch Lockdown-Drohungen für Ungeimpfte, durch den drohenden Ausschluss aus dem gesellschaftlichen Leben samt Berufsverboten und durch deren Stigmatisierung als Gefährder“ werde versucht, Menschen in die Impfung zu „zwingen“. Eine Impfung sei eine höchstpersönliche Entscheidung des oder der Betroffenen, die im Zusammenwirken mit dem Arzt des Vertrauens getroffen werden müsse.

Die Entscheidung sei schon zu lange hinausgeschoben worden, meinte hingegen NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker – „Wohnzimmertests“ seien viel zu ungenau und unsicher und dürften schon längst nicht mehr als Eintrittstests akzeptiert werden. Man müsse die Impfquote zügig erhöhen, ein „sanfter Schubser zur Impfung“ Ende Oktober sei zu spät, da werde man bereits „mitten in der vierten Welle“ stehen.

Wien sieht sich bestätigt

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) betonte am Rande einer Impfaktion, dass Wien zu Recht sehr früh auf PCR-Tests gebaut habe. Die kostenlose Aktion „Alles gurgelt“ wolle man daher auch fortsetzen. Es handle sich dabei um ein internationales Vorzeigemodell. Zudem ließen die Ergebnisse der PCR-Tests auch eine Sequenzierung zu.