Afghanen in Schubhaft: Anzeige gegen Nehammer

Der Verein asylkoordination hat gegen Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) gestern eine Sachverhaltsdarstellung wegen Verdachts auf Amtsmissbrauch und Verdachts auf Freiheitsentziehung erstattet. Als Grund wird angegeben, dass sich bis zuletzt zwei afghanische Staatsbürger in Schubhaft befunden hatten, obwohl keine Abschiebung nach Afghanistan möglich ist. Das Innenministerium weist die Vorwürfe zurück.

Kurz nach einem Bericht des Ö1-Mittagsjournals über die Anzeige wurden die zwei Afghanen allerdings aus der Schubhaft entlassen, wie der Sprecher der asylkoordination, Lukas Gahleitner-Gertz, gestern gegenüber ORF.at betonte. „Offenbar hat der Bericht über die Anzeige Wirkung gezeigt“, so Gahleitner-Gertz weiter. Die Anzeige ist damit freilich nicht vom Tisch.

In der Sachverhaltsdarstellung, die ORF.at vorliegt, wird auf die Lage in Afghanistan verwiesen, die Abschiebungen unmöglich machen. Der Schubhaftzweck (Abschiebung in das Herkunftsland Afghanistan) „kann seit 4. August, jedenfalls aber seit der Machtübernahme der Taliban in Kabul am 15. August, nicht mehr erreicht werden“, heißt es wörtlich.

Schubhaft so kurz wie möglich

Trotz des Umstandes befanden sich die beiden Personen im Polizeianhaltezentrum Vordernberg. Laut Fremdenpolizeigesetz sollte aber eine Schubhaft so kurz wie möglich dauern bzw. überhaupt nur bestehen, wenn auch eine Abschiebung möglich ist. Erst vor wenigen Tagen hatte auch der Verfassungsgerichtshof (VfGH) einen Fall ähnlich entschieden.

Die beiden Afghanen wären in Schubhaft genommen worden, als schon klar war, dass eine Abschiebung nicht mehr möglich ist. Das Schreiben erging an die Staatsanwaltschaft Leoben und als Kopie an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA).

Innenministerium verweist auf Gesetz

Gegenüber Ö1 verwiesen das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und das Innenministerium darauf, dass das Bundesverwaltungsgericht über die Schubhaft entscheidet, wenn Beschwerden dagegen einlangen. „Eine Voraussetzung der Schubhaft ist also die Möglichkeit der Außerlandesbringung“, heißt es in einer Stellungnahme des Innenministeriums.

Laut dem Ressort hätte es am 20. August noch einen Termin mit der afghanischen Botschaft gegeben. Der Termin sei aber am Vortag spät abends abgesagt worden. „Bis dahin konnte daher davon ausgegangen werden, dass die Botschaft Abschiebungen in absehbarer Zeit für möglich hielt.“

Das Bundesamt für Asyl habe demzufolge erst Gewissheit über „die auch in absehbarer Zeit nicht mehr gegebene Durchführbarkeit der Abschiebung“ gehabt, als die Botschafterin den Termin abgesagt habe. Die Enthaftung wurde laut Ressort „unmittelbar nach Bekanntwerden dieser Information durch das Bundesamt angeordnet“.